Krankreichs Präsident Emmanuel Macron während einer Rede bei der 56ten Münchner Sicherheitskonferenz.
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Münchner Sicherheitskonferenz

Streit über „Schwächung des Westens“

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron „eine Schwächung des Westens“ beklagt. Macron sagte am Samstag, die USA verfolgten seit einigen Jahren eine Politik, die „einen gewissen Rückzug und ein Überdenken ihrer Beziehung zu Europa“ beinhalte. Zuvor hatte US-Außenminister Mike Pompeo die Stärke des Westens beschworen und beteuert, dass sich die USA nicht aus der transatlantischen Allianz zurückzögen.

Pompeo wies in München jede Kritik an der US-Regierung und am schwindenden Zusammenhalt im westlichen Bündnis zurück. Er rief die Verbündeten in Europa am Samstag, noch vor der Rede Macrons, auf, mit den USA für politische Freiheiten und eine Zusammenarbeit souveräner Staaten zu streiten. Kritik an politischen Alleingängen seiner Regierung ließ er nicht gelten.

„Der Westen gewinnt, zusammen gewinnen wir“, sagte Pompeo. An mehreren Stellen seiner Rede stellte er sich inhaltlich gegen den deutschen Präsidenten Frank-Walter Steinmeier, der am Freitag in München eine düstere Bilanz der Weltlage und der internationalen Zusammenarbeit gezogen hatte. „Es hat immer Leute gegeben, die alles schwarz gesehen haben“, sagte Pompeo. Es gebe taktische Unterschiede, aber bei der Analyse der Probleme sei man sich einig.

U.S. Staatssekretär Mike Pompeo.
AP/Pool Photo/Andrew Caballero-Reynolds
US-Außenminister Pompeo vertritt die US-Interessen bei der Münchner Sicherheitskonferenz

Gegen China, Russland und den Iran

Der frühere CIA-Chef rief die westlichen Partner zu Entschlossenheit auf. „Nennen Sie mir ein Beispiel aus der Geschichte, wo sich die Schwachen und Kleinmütigen durchgesetzt haben“, sagte er. Pompeo sagte, der Vorwurf, die USA verweigerten sich in der Zusammenarbeit in einer internationalen Gemeinschaft, sei falsch, wie auch Kritik, dass das transatlantische Bündnis am Ende sei.

Die Sicherheitskonferenz

Die Münchner Sicherheitskonferenz findet heuer bereits zum 56. Mal statt. Bis Samstag werden rund 40 Staats- und Regierungschefs und mehr als 100 Außen- und Verteidigungsminister in der bayrischen Hauptstadt erwartet. Im Fokus steht in diesem Jahr unter dem Schlagwort „Westlessness“ die Rolle des Westens.

Pompeo rief dazu auf, sich zusammen gegen ein aggressives Auftreten von Staaten wie China, Russland und Iran zu stellen. Ausdrücklich nannte er chinesische Technologiefirmen, die „Trojanische Pferde“ chinesischer Geheimdienste seien.

Weiter Kritik an „Nord Stream 2“

Die USA wollen mit einer Finanzspritze von einer Milliarde Euro die energiepolitische Unabhängigkeit von Ländern in Osteuropa von Russland fördern. Im Konflikt um das Energieprojekts „Nord Stream 2“ solle das Geld an die Länder der „Drei-Meere-Initiative“ in Zentral- und Osteuropa gehen und für mehr energiepolitische Unabhängigkeit Europas sorgen, sagte Pompeo. Ziel sei, Investitionen der Privatwirtschaft in den Energiesektor zu fördern.

Mit Blick auf das von Deutschland befürwortete Energieprojekt stellte Pompeo erneut infrage, dass es sich dabei um ein rein wirtschaftliches Projekt handle. Die USA warnen seit Langem vor einer zu großen Abhängigkeit der EU von russischem Gas und wollen „Nord Stream 2“ verhindern.

Konflikte bei Münchner Sicherheitskonferenz

Konfrontationen und Konflikte dominieren bei der Münchner Sicherheitskonferenz: Von Problemen des „Westens“ bis zum Iran soll alles auf das Tapet.

Macron wirft auch Russland Destabilisierung vor

Macron warf indes auch Russland fortgesetzte Versuche zur Destabilisierung westlicher Demokratien durch Hackerangriffe vor. „Ich denke, dass Russland weiter versucht zu destabilisieren“, sagte Macron. Das geschehe entweder über private Akteure, direkt durch seine Dienste oder auch über „Stellvertreter“.

Russland verhalte sich in diesem Bereich „extrem aggressiv“. Macron warf Moskau Versuche zur Beeinflussung von Wahlen, Kampagnen in Onlinenetzwerken und andere Cyberattacken vor. Russland hatte nach Einschätzung der US-Behörden unter anderem versucht, 2016 durch die massive Verbreitung von Falschinformationen Einfluss auf die US-Präsidentschaftswahl zugunsten des späteren Wahlsiegers Donald Trump zu nehmen. Auch Macrons Wahlkampfteam war einem Bericht zufolge 2017 Ziel eines Hackerangriffs aus Russland geworden.

Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz bei der Münchner Sicherheitskonferenz.
AP/Jens Meyer
Bundeskanzler Sebastian Kurz bei der Münchner Sicherheitskonferenz

Kurz betont Wichtigkeit von geeinter EU

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betonte am Freitag in München die Wichtigkeit einer geeinten EU und eines starken Westens. Es sei auch wichtig, „dass diese geeinte Europäische Union mit den Partnern insbesondere im Westen gut zusammenarbeitet“, sagte Kurz bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Abend mit Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz.

Als „schädlich“ bezeichnete Kurz „das Gegeneinander, das wir in der letzten Zeit mehr und mehr erlebt haben“. Es sei „schädlich, wenn es Gräben innerhalb der Europäischen Union gibt, und es ist auch schädlich, wenn es Spannungen mit anderen natürlichen Verbündeten gibt. Das betrifft unsere politische Kraft, das betrifft aber natürlich auch die Wirtschaftsleistung.“

USA als Beispiel genannt

Als Beispiel nannte der Bundeskanzler insbesondere die Vereinigten Staaten, die „unser zweitwichtigster Handelspartner“ seien „und insofern Garant für viele Arbeitsplätze“ in Österreich. „Sämtliche Spannungen im wirtschaftlichen Bereich, insbesondere mit einem Handelspartner wie den USA, bringen Unsicherheit mit sich und sind schlecht für unser Wirtschaftswachstum und somit für die Arbeitsplätze.“ Man werde sich „weiterhin bemühen, Gräben innerhalb der Europäischen Union abzubauen, aber insbesondere auch die Zusammenarbeit mit natürlichen Verbündeten zu suchen und stets den Dialog voranzutreiben mit anderen Supermächten wie Russland und auch China“.

Außenminister Schallenberg: „Europa muss stärker werden“

Bei der Sicherheitskonferenz werden Herausforderungen wie etwa wachsender Nationalismus und die schwindende Rolle des Westens behandelt. Außenminister Schallenberg nimmt in der ZIB2 Stellung.

Schallenberg unterstrich, dass man den Westen auch nicht „kleinreden“ dürfe: „Wir sind manchmal wahnsinnig gut in der Selbstgeißelung, wir sehen eher die Probleme.“ Auch er nannte als Beispiel die transatlantischen Beziehungen. „Da müssen wir auch das Gemeinsame stärker sehen, das ist immer noch eine Wertegemeinschaft“ – bei allen „Meinungsunterschieden“, die man manchmal habe, etwa im Hinblick auf das Thema Landminen oder die Todesstrafe. „Wir sind manchmal zu sehr – auch innerhalb der EU – dabei, dass wir das Trennende nach vorne stellen.“

Zwischenfall bei Demonstration

In München demonstrierten am Samstag rund 3.000 Menschen gegen die Sicherheitskonferenz. Dabei kam es zu einem gefährlichen Zwischenfall. Am Rande der Demonstration überschüttete sich ein 50-jähriger Mann mit Benzin und lief mit einem Feuerzeug in der Hand in Richtung Menschenmenge. Polizisten verhinderten, dass sich der Mann anzündete. Ersten Ermittlungen zufolge habe der Iraker auf die politische Situation in seinem Heimatland aufmerksam machen wollen.