Robert Durst
AP/Jae C. Hong
Irrtümliche Äußerung im TV

Mordprozess gegen US-Mogul Durst beginnt

Die Geschichte des millionenschweren Immobilienerben Robert Durst gleicht einem ausufernden Krimi: Der heute 76-Jährige wird mit drei mysteriösen Todesfällen in seiner direkten Umgebung in Zusammenhang gebracht. Nun beginnt in Los Angeles ein Prozess gegen Durst wegen Mordes an einer Freundin vor 20 Jahren. Durst dürfte sich in einer TV-Dokumentation verplappert haben – sein Anwalt hält die Aufzeichnung für manipuliert.

Am Mittwoch beginnt der Prozess im Airport Courthouse mit der Auswahl der Geschworenen. Dann könnte es ernst werden für Durst, der schon oft im Verdacht schwerer Verbrechen stand. Der 76-Jährige bestreitet die Vorwürfe, die ihm nun zu dem Mord im Jahr 2000 gemacht werden. Damals kam Dursts Freundin, die US-Autorin Susan Berman, durch einen Kopfschuss von hinten in ihrem Haus bei LA ums Leben. Die Anklage geht davon aus, dass das Opfer den Täter kannte und ihn ins Haus gelassen hatte.

Sie war nicht die erste Person im Umfeld Dursts, die gewaltsam zu Tode kam oder verschwand. Im Jahr 1982 verschwand seine Ehefrau Kathie Durst, geborene McCormack, spurlos im US-Bundesstaat Vermont. Eine Leiche wurde nie gefunden. Damals war das Paar neun Jahre lang verheiratet. Dieser Fall ist eng verknüpft mit dem Tod Bermans. Die Autorin hatte Robert Durst in den 1960er Jahren kennengelernt, sie waren seit Studienzeiten befreundet. Die Staatsanwaltschaft legte nahe, dass Durst Berman verschwinden lassen wollte, als die Polizei die Ermittlungen im Fall der verschwundenen Ehefrau wieder in Gang brachte. Berman hätte als mögliche Zeugin befragt werden können.

Tötung, Zerstückelung, Unschuld

Auch ein Nachbar Dursts kam auf brutale Weise um. Nach Bermans Tod tauchte Durst in Galveston in Texas unter und lebte inkognito in einer kleinen Wohnung. Es wird angenommen, dass Dursts Nachbar, der Pensionist Morris Black, seine Identität kannte. Im Jahr 2001 wurde Blacks Leiche in Einzelteilen in einem Müllsack in der Bucht von Galveston entdeckt. Durst wurde verhaftet und auf Kaution auf freien Fuß gesetzt. Er verließ sofort die Stadt und machte sich nach Pennsylvania auf. Geschnappt wurde er dennoch: Durst wurde erwischt, als er in einem Supermarkt ein Sandwich stehlen wollte.

US-Anwalt Dick Deguerin
APA/AFP/Frederic J. Brown
Anwalt DeGuerin wird Durst erneut vertreten. Das Medieninteresse ist groß.

Der darauffolgende Prozess konnte ihm dennoch nur wenig anhaben. Dursts Anwalt Dick DeGuerin, der auch beim neuen Prozess wieder die Verteidigung übernimmt, plädierte auf Notwehr – die Jury glaubte ihm. DeGuerin hatte argumentiert, Blacks Tod sei keine Absicht gewesen. Durst habe nur aus Angst, niemand würde ihm glauben, die Leiche verschwinden lassen wollen. In der Folge wurde er nur wegen der illegalen Beseitigung der Leiche und des Verfallenlassens der Kaution gerichtlich belangt.

„Ich habe sie alle umgebracht“

Zum Verhängnis wurde dem Millionenerben erst eine TV-Dokumentation über sein Leben. In der Dokuserie „The Jinx: The Life and Deaths of Robert Durst“ des TV-Senders HBO murmelte Durst aus Versehen eine Art Geständnis: Das Ansteckmikrofon fing ein Selbstgespräch Dursts auf der Toilette auf, er hatte wohl vergessen, dass das Mikrofon aufzeichnete. „Nun ist es so weit. Sie haben dich“, sagte er zu sich selbst. „Was zur Hölle habe ich getan? Na klar – ich habe sie alle umgebracht.“

Die Behörden reagierten sofort und nahmen Durst einmal mehr fest. Die Staatsanwaltschaft in Los Angeles erhob im Fall von Berman Mordanklage, wenig später wurde Durst nach Kalifornien überstellt. Vor dem Haftrichter beteuerte er mehrmals seine Unschuld. Und das, obwohl es schwer belastendes Material gibt. Ein handgeschriebener Brief wird eine große Rolle im Prozess spielen. In dem Schreiben eines anonymen Absenders wurde die Polizei von Beverly Hills über einen „Kadaver“ in Bermans Haus informiert. Erst hatte Durst verneint, Autor des Briefes zu sein, später räumten seine Anwälte ein, dass er tatsächlich der Verfasser war.

Zitat wurde editiert

Die Verteidigungstaktik des texanischen Anwalts DeGuerin im Fall Berman ist bereits klar: Er will den Verdacht erhärten, dass die gemurmelte Audioaufzeichnung von HBO – die Szene, in der er sagte: „Ich habe sie alle umgebracht“ – manipuliert war. Die „New York Times“ hatte bereits vor einem Jahr berichtet, dass Dursts Zitat editiert wurde. Dursts Verteidigung ist der Ansicht, die Szene sei aus dem Zusammenhang gerissen und verfälscht worden, um ihn in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen. Die Macher der Dokuserie verteidigten sich hingegen, dass der Inhalt dennoch „absolut charakteristisch“ für Dursts Aussagen gewesen seien. Das Wesentliche sei authentisch wiedergegeben worden.

Robert Durst in einem Polizeiauto
Reuters/Lee Celano
Durst bei seiner Verhaftung im Jahr 2015

Durst ist Erbe einer der bekanntesten New Yorker Immobiliendynastien. Das Imperium der Durst Organization umspannt mehr als hundert Immobilien allein in der US-Metropole, darunter etliche am teuersten Pflaster des Times Square. Das Unternehmen spiegelt die Geschichte armer Immigranten wieder, die es zu Ruhm und Reichtum gebracht haben. Großvater Joseph Durst wanderte 1902 aus Europa ein – mit nicht mehr als drei US-Dollar in der Tasche, wie das „Forbes“-Magazin die Legende der Familie erzählt.

Mutter starb durch Fall vom Dach

Rund ein Jahrzehnt später kaufte der gelernte Schneider sein erstes Gebäude und stieg in das Immobiliengeschäft ein. Seit den 1990er Jahren leitet Robert Dursts Bruder Douglas das Unternehmen, das im Laufe des Jahrhunderts zum Großkonzern gewachsen ist. Douglas baute es aus und führte es zu großem Erfolg – und das, obwohl Robert Durst der älteste Sohn der vier Kinder ist und eigentlich für den Chefposten vorgesehen war.

Die Familie ist seit Jahrzehnten zerrissen und entfremdet. Die Mutter der beiden Brüder, Bernice, starb, als Robert sieben Jahre alt war. Sie fiel unter mysteriösen Umständen vom Dach des Familienhauses. Laut eigener Aussage sah Robert das Geschehen mit an.

Bruder könnte gegen Verdächtigen aussagen

Mit dem heutigen Firmenchef Douglas ist Robert schwer zerstritten. Die Familie sorgte im Lauf der Jahre dafür, dass sich der Mordverdächtige vom Familienunternehmen mehr oder weniger freiwillig distanziert. Im Jahr 2000 – nur kurz vor dem Mord an Berman – heiratete Robert heimlich erneut. Auch die Familie wusste nichts von der Hochzeit mit Debrah Lee Charatan. Die Durst Organization und Robert begannen einen Rechtsstreit um Ansprüche an Firmenanteilen. Am Ende erhielt er 65 Mio. US-Dollar, im Austausch dafür verließ er das Unternehmen endgültig.

Längst wollen beide Seiten nichts mehr miteinander zu tun haben. Roberts Anwalt DeGuerin schrieb an „Forbes“: „Bob Durst hat Susan Berman nicht getötet und er weiß auch nicht, wer es war. Und er hat keinerlei Beziehung mehr zur Durst Organization.“ Douglas hält seinen Bruder Robert hingegen für schuldig, sogar eine Zeugenaussage gegen den Bruder ist möglich. Nach Roberts Verhaftung ließ Douglas in einem Statement wissen: „Wir hoffen, dass er endlich für alles, was er getan hat, zur Rechenschaft gezogen wird.“