Menschen mit Mundschutzmasken in einem Apple-Store in Schanghai
Reuters/Aly Song
Von Apple bis Puma

Coronavirus als Dämpfer für Konzerne

Die Furcht vor einem Dämpfer für die Weltwirtschaft durch das Coronavirus setzt nicht nur den Aktienkursen zu, jetzt beginnen auch große Konzerne über die Auswirkungen der Epidemie zu klagen und ihre Gewinnprognosen zurückzuschrauben. Immer mehr Konzerne schließen sich mit ihren Warnungen dem iPhone-Hersteller Apple von Dienstag an.

Wegen der Coronavirus-Epidemie in China rechnet der iPhone-Hersteller nicht mehr damit, seine Umsatzziele für das laufende Quartal erreichen zu können. Die Fabriken in der Volksrepublik hätten ihre Arbeit zwar wieder aufgenommen, könnten die Produktion aber nicht so schnell hochfahren wie geplant, hieß es von dem Konzern. Die Verfügbarkeit von iPhones werde daher weltweit „vorübergehend eingeschränkt“ sein. Auch einige Apple-Geschäfte sind noch geschlossen, andere Filialen des Konzerns haben die Öffnungszeiten eingeschränkt.

„Das lenkt den Blick der Leute wieder auf den wirtschaftlichen Schaden durch die Coronavirus-Epidemie“, sagte Art Hogan, Chefanlagestratege des Vermögensverwalters National Securities. Apples Warnung werfe ein Schlaglicht auf die möglichen Beeinträchtigungen anderer Firmen, die stark vom Geschäft mit China abhängig sind.

Wachmann mit Mundschutzmaske und Desinfektionsspray vor sich, in einem Apple-Store in Sanlitun, Peking
Reuters/Jason Lee
Ein Security-Mitarbeiter in einem leeren Apple-Store in Peking

Auch adidas stöhnt

So hat das Coronavirus das Geschäft von adidas in China in den vergangenen Wochen fast zum Erliegen gebracht. Seit dem chinesischen Neujahr am 25. Jänner liege das Geschäft etwa um 85 Prozent unter Vorjahresniveau, teilte der weltweit zweitgrößte Sportartikelhersteller am Mittwoch im deutschen Herzogenaurach mit.

Viele der eigenen Geschäfte und der Filialen von Handelspartnern seien seither geschlossen, in die übrigen kämen deutlich weniger Kunden. Auch in den Nachbarländern Japan und Südkorea sei die Zahl der Kunden gesunken. Außerhalb Chinas habe adidas aber „noch keine wesentlichen Auswirkungen auf unsere Geschäftstätigkeit … feststellen können“. Ob sich die Folgen in China nach einem Abebben des Virus kompensieren ließen, sei offen. „Angesichts der sich täglich verändernden Lage lässt sich das Ausmaß der Gesamtauswirkungen auf unser Geschäftsjahr 2020 zu diesem Zeitpunkt nicht zuverlässig quantifizieren“, sagte adidas.

Mondelez spricht von Einbußen

Die Epidemie in China macht auch dem Lebensmittelkonzern Mondelez zu schaffen. Für das erste Quartal rechnet der US-Konzern mit Einbußen bei Gewinnspanne und Umsatz, teilte der für seine Keksmarken Oreo und Chips Ahoy bekannte Konzern mit. Detaillierte Angaben zu den erwarteten Belastungen machte Mondelez nicht.

Vier Produktionsanlagen in China hätten ihren Betrieb indes wieder aufgenommen. Diese erreichten aber noch keine hundertprozentige Kapazitätsauslastung. Außerdem bekomme Mondelez einen Mangel an Lastkraftwagen zu spüren, was zu höheren Transportkosten geführt habe. Die Volksrepublik steuert zum Gesamtumsatz des Unternehmens 4,5 Prozent bei.

Lieferengpass setzt Jaguar Land Rover zu

Der Autohersteller Jaguar Land Rover erwartet wegen der Epidemie einen Engpass bei Autoteilen in seinen Werken in Großbritannien. Die Vorräte aus China sichern die Produktion lediglich für die nächsten beiden Wochen. „Wir sind sicher für diese Woche und wir sind sicher für die nächste Woche und in der dritten Woche fehlen uns Teile“, sagte Konzernchef Ralf Speth. „Wir haben Teile in Koffern von China nach Großbritannien geflogen“, ergänzte Speth.

Der börsennotierte Salzburger Hebevorrichtungsspezialist Palfinger ist in seinem chinesischen Produktionswerk in Rudong bei Schanghai noch immer durch die Reiseeinschränkungen wegen des Coronavirus beeinträchtigt. Von den an sich 480 Mitarbeitern an dem Joint-Venture-Standort darf knapp die Hälfte gar nicht von außerhalb nach Rudong zurückkehren, aktuell könne faktisch nicht produziert werden, hieß es vonseiten des Unternehmens.

Derzeit dürfe bzw. könne man an dem Standort also nicht produzieren, zum Glück habe man voriges Jahr einiges vorproduziert, sagte der Chief Operating Officer (COO) von Palfinger, Martin Zehnder, am Mittwoch beim Bilanzpressegespräch in Wien. Auch gebe es durch die behördlichen Einschränkungen einen Einfluss auf die Lieferketten. Auch bei Dritten sehe man Verspätungen bei Komponenten, gab Palfinger-CEO Andreas Klauser zu verstehen. Da sehe man in den nächsten drei bis sechs Monaten noch keine Verbesserung.

Puma sieht es gelassen

Der deutsche Sportartikelhersteller Puma will sich nach einem Rekordjahr auch vom Coronavirus nicht nachhaltig stoppen lassen. Im laufenden ersten Quartal seien zwar negative Auswirkungen auf Umsatz und operatives Ergebnis (EBIT) zu erwarten, räumte der Konzern am Mittwoch auf der Bilanzpressekonferenz in Herzogenaurach ein. Mehr als die Hälfte der Geschäfte in China seien geschlossen, zudem reisten deutlich weniger chinesische Touristen in andere Länder Asiens. „Aber wir arbeiten derzeit unter der Annahme, dass sich die Situation kurzfristig normalisieren wird und wir dann unsere Ziele für das Jahr 2020 erreichen können“, so Puma.

Der Konzern erwartet für 2020 – Währungseffekte ausgenommen – einen Umsatzanstieg um zehn Prozent und ein EBIT zwischen 500 und 520 Millionen Euro. Das wäre ein Plus von 14 bis 18 Prozent. Auch der Nettogewinn soll sich deutlich verbessern.

Japan sorgt sich um Banken

In Japan geht die Furcht vor den finanziellen Konsequenzen des Virus um. Die japanische Finanzaufsicht FSA sorgt sich wegen der Folgen des Coronavirus um die heimischen Banken, wie am Mittwoch bekanntwurde. Die FSA befürchte, dass Kredite an chinesische Gläubiger ausfallen könnten, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.

Die Behörde habe daher bereits am 7. Februar eine Umfrage zu den Aktivitäten der Banken in China gestartet. Sie habe die Institute zudem aufgerufen, Kreditnehmern entgegenzukommen, wenn diese um eine Aufstockung ihrer Darlehen oder eine Anpassung der Darlehensbedingungen bitten. Von der FSA war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Viele japanische Banken haben Filialen in China und Hongkong, die vor allem die chinesischen Tochterunternehmen japanischer Firmen bedienen.

China will nicht an G-20-Treffen teilnehmen

China sagt laut Insidern wegen der Viruskrise die Teilnahme von Vertretern des Finanzministeriums und der Zentralbank am G-20-Treffen in Saudi-Arabien am Wochenende ab. Wie Reuters am Mittwoch aus dem Ministerium erfuhr, sollen jedoch chinesische Vertreter bei der Weltbank zu der Konferenz in Riad am 22. und 23. Februar anreisen.

Wegen der Epidemie wurden schon mehr als zwei Dutzend Messen und Branchenkonferenzen wie die Automesse in Peking und die weltgrößte Mobilfunkmesse Mobile World Congress (MWC) in Barcelona abgesagt, wodurch möglicherweise Geschäfte in Milliardenhöhe entfallen.

IWF: „Hochfragile“ Erholung der Wirtschaft

Am Mittwoch warnte auch der Internationale Währungsfonds (IWF), dass die erwartete „hochfragile“ Erholung der Weltwirtschaft heute zum Erliegen kommen könnte, falls sich die Viruskrise auch auf andere Staaten ausdehnen sollte. Das Wirtschaftswachstum in China sei bereits zum Erliegen gekommen, so der IWF in einer Botschaft an die G-20-Staaten vor deren Finanzminister- und Notenbanker-Treffen am Wochenende.

Mögliche Auswirkungen hat die Epidemie auch auf ein Investitionsabkommen zwischen der EU und China. Der Abschluss des Handelsvertrags kann sich nach Angaben von EU-Handelskommissar Paul Hogan verzögern. Für März geplante Vorbereitungstreffen beider Seiten würden wahrscheinlich ausfallen. Damit sei auch die geplante Unterzeichnung des Abkommens auf einem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der EU und Chinas im September in Leipzig unsicher.

China sieht nur begrenzte Effekte

China selbst sieht weniger Einfluss durch das Coronavirus auf die Konjunktur. Umfang und Dauer dieses Effekts seien begrenzt, so die Zentralbank in einem geldpolitischen Bericht. Die wirtschaftlichen Fundamentaldaten würden dadurch nicht verändert. Die Notenbank werde Firmen mit günstigen Krediten versorgen, die in den Prozess der Prävention und Kontrolle des Coronavirus eingebunden seien.

China will sich auch nicht von seinen konjunkturellen Wachstumszielen in diesem Jahr abbringen lassen. Das Staatsfernsehen zitierte Präsident Xi Jinping am Dienstag mit den Worten, das Ziel könne erreicht werden. Die Wirtschaft bleibe robust, während die Bekämpfung des Coronavirus-Ausbruchs eine entscheidende Phase erreicht habe. Reuters berichtete Anfang des Monats, dass intern in Peking angeblich über eine Absenkung des angestrebten Wachstumsziels für 2020 diskutiert wird.