EU verurteilt erneute Festnahme von Kavala in Türkei

Die Europäische Union hat die erneute Festnahme des türkischen Intellektuellen Osman Kavala scharf verurteilt. Die Entscheidung beschädige die Glaubwürdigkeit des türkischen Justizsystems weiter, sagte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell gestern in Brüssel.

Als Beitrittskandidat der EU sowie als Mitglied des Europarats werde von der Türkei erwartet, höchste demokratische Standards zu erfüllen. „Juristische Verfahren können nicht als Mittel dafür benutzt werden, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen“, sagte der Sprecher. Die Türkei ist EU-Beitrittskandidat, faktisch liegen die Verhandlungen aber seit Jahren auf Eis.

Sofort nach Freilassung wieder verhaftet

Ein türkisches Gericht hatte Kavala und acht weitere Angeklagte tags zuvor vom Vorwurf des Umsturzversuchs im Zusammenhang mit den regierungskritischen Gezi-Protesten von 2013 freigesprochen. Das Gericht ordnete zudem Kavalas Freilassung an, der mehr als zwei Jahre in Untersuchungshaft saß.

Kavala wurde aber sofort nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis wieder festgenommen. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu wird nun wegen des Putschversuchs im Juli 2016 gegen Kavala ermittelt.

Ermittlungen gegen Richter

Zugleich wurde eine Ermittlung gegen jene Richter eingeleitet, die Kavala die weiteren Angeklagten freigesprochen hatten. Der Rat der Richter und Staatsanwälte ermittle gegen die Mitglieder des 30. Gerichts für schwere Straftaten in Istanbul, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu .

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte schon im Dezember Kavalas Freilassung angeordnet, die Türkei war dem aber nicht nachgekommen.