Demonstranten protestieren gegen die Ankunft evakuierter Ukrainer aus China
Reuters/Valentyn Ogirenko
Coronavirus

Gewalt in Ukraine gegen Rückkehrer

In der Ukraine ist es bei Protesten gegen die Krankenhausunterbringung von aus China wegen des Coronavirus (CoV) ausgeflogenen Menschen zu Gewaltausbrüchen gekommen. Dutzende Demonstranten lieferten der Polizei am Donnerstag vor dem Spital in der Kleinstadt Nowi Sanschary gewalttätige Konfrontationen.

Die Polizei löste Ansammlungen von Menschen auf, die versucht hatten, die Zufahrt der Busse mit den aus der zentralchinesischen Millionenmetropole Wuhan herausgeholten Menschen zu blockieren. Die Demonstranten entzündeten mehrere Feuer und zerbrachen mindestens drei Scheiben der Busse.

Hunderte von Sicherheitskräften waren im Einsatz, wie ein Anrainer der Nachrichtenagentur AFP sagte. Die sechs Busse mit den aus Wuhan ausgeflogenen 72 Menschen – 45 ukrainischen Staatsbürgern und Staatsbürgerinnen sowie 27 Ausländern und Ausländerinnen – kamen trotz der Proteste bei dem Krankenhaus an, wie Videos in ukrainischen Medien zeigten.

Demonstranten protestieren gegen die Ankunft evakuierter Ukrainer aus China
Reuters/Valentyn Ogirenko
Die Polizei musste die Krawalle vor dem Spital auflösen

Präsident meldete sich zu Wort

Die Ausgeflogenen sollen in dem Spital zwei Wochen in Quarantäne verbringen. Keiner von ihnen zeigte bei Untersuchungen durch chinesische und ukrainische Ärzte Symptome der Atemwegserkrankung Covid-19, die von dem neuartigen Virus ausgelöst wird. Dennoch fürchten viele Menschen in der 10.000-Einwohner-Stadt Nowi Sanschary, dass sich der Erreger dort ausbreiten könnte.

Ukrainische Passagiere in einem Bus nach ihrer Rückkehr aus Wuhan
AP/Efrem Lukatsky
Rückkehrer aus China filmen mit dem Handy vom Bus aus die Proteste gegen ihre Ankunft

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski rief zu Solidarität auf. „Wir sind alle Menschen und Ukrainer“, sagte er. Innenminister Arsen Awakow begab sich zum Ort der Proteste. „Lasst uns Leute sein, die ein wenig wohlgesonnener und großmütiger sind“, sagte er.

„Ernsthafte Situation“ in Südkorea

Unterdessen wird die Coronavirus-Lage in Südkorea angespannter. Angesichts des rapiden Anstiegs von Infektionsfällen sprach Präsident Moon Jae In von einer „ernsthaften Situation“. Er habe bei einem Treffen mit Premierminister Chung Sye Kyun dazu aufgerufen, „rasche und starke“ Gegenmaßnahmen zu ergreifen, teilte Moons Büro am Freitag mit.

Arbeiter desinfizieren in Daegu bei den Gebäuden einer christlichen Sekte
Reuters/Yonhap
Mitarbeiter desinfizieren einen Teil eines Spitals in Südkorea

Die Zentren für Krankheitskontrolle und Prävention in Südkorea meldeten im Verlauf des Freitags 100 neue Fälle. Nach 52 Fällen über Nacht seien bis zum Nachmittag (Ortszeit) 48 hinzugekommen. Damit stieg die Zahl der Menschen, die sich mit dem neuen Coronavirus angesteckt haben, in Südkorea auf 204. Bereits am Donnerstag hatte sich die Zahl der Neuinfektionen verdoppelt.

Gewalt gegen China-Heimkehrer in Ukraine

Bei Protesten gegen die Krankenhausunterbringung von aus China wegen des Coronavirus ausgeflogenen Menschen kam es Donnerstagnacht zu Krawallen in der Ukraine.

Südkorea ist damit der am stärksten von der Epidemie betroffene Staat außerhalb Chinas. Am Donnerstag hatten die Behörden den ersten Todesfall in Südkorea in Verbindung mit dem Coronovirus gemeldet. Nach Berichten südkoreanischer Sender handelte es sich um einen 63-jährigen Mann, der wegen einer Lungenentzündung in einem Krankenhaus im südöstlichen Cheongdo behandelt wurde. Bei ihm sei das Virus nach dem Tod nachgewiesen worden.

Millionenstadt zur speziellen Kontrollzone erklärt

Sorge bereitet den Behörden die mittlerweile landesweite Ausbreitung des Virus. Die Mehrzahl der Neuinfektionen wurde erneut in der südöstlichen Millionenstadt Daegu erfasst. Doch wurden in den vergangenen Tagen auch neue Fälle in anderen Regionen gemeldet einschließlich der Hauptstadt Seoul und der südlichen Ferieninsel Jeju. Seoul verbot bis auf Weiteres Kundgebungen in der Innenstadt.

Die Regierung erklärte Daegu und die Kleinstadt Cheongdo zu speziellen Kontrollzonen. Dort soll unter anderem medizinisches Personal der Streitkräfte eingesetzt werden. In Daegu wurden die meisten Fälle mit Mitgliedern einer christlichen Sekte in Verbindung gebracht, die sich vermutlich während des Besuchs von Gottesdiensten bei einer infizierten Person angesteckt haben.

Wie die für die Bekämpfung von Epidemien zuständige Behörde des Landes am Freitag mitteilte, wurden 39 neue Infektionsfälle bei Mitgliedern der Shincheonji Church of Jesus aus Daegu nachgewiesen. Die offizielle Gesamtzahl der mit dem Virus infizierten Mitglieder stieg damit auf mehr als 80.

61-jähriges Mitglied als Verbreiterin

Die Verbreitung des Virus in der Religionsgemeinschaft ging nach Angaben der Behörden von einer 61-jährigen Anhängerin aus, die Virustests zunächst verweigert hatte und weiter zu Gottesdiensten gegangen war. Die Shincheonji-Gemeinschaft hat wegen des Virus landesweit ihre Einrichtungen geschlossen. Die Behörden riefen Menschen, welche dieselben Gottesdienste wie die 61-Jährige besucht hatten, zur freiwilligen Quarantäne auf. An alle Einwohner von Daegu appellierten sie, möglichst zu Hause zu bleiben.

Patienten in einem provisorischen Krankenhaus in Wuhan
APA/AFP
Ein Blick in ein Krankenhauszimmer in Wuhan

China hofft auf Impfstoff

Ein erster Impfstoff gegen das Coronavirus dürfte nach Einschätzung der chinesischen Behörden ab Ende April bei Menschen getestet werden. Mehrere Forscherteams arbeiteten mit unterschiedlichen Techniken an der Entwicklung eines Impfstoffs, sagte der chinesische Vizeforschungsminister Xu Nanping am Freitag bei einer Pressekonferenz in Peking. „Der erste dürfte gegen Ende April in klinischen Tests erprobt werden.“

Der Vizedirektor von Chinas Nationaler Gesundheitskommission, Zeng Yixin, erläuterte die unterschiedlichen Methoden bei der Entwicklung eines Impfstoffs. Die chinesischen Forscher verwendeten unter anderem deaktivierte Viren und produzierten mit Gentechnik Proteine, die als Antikörper gegen den Erreger dienen sollen. Ein weiterer Ansatz ist die Modifizierung von bestehenden Grippeimpfstoffen. Einige der Substanzen würden derzeit an Tieren getestet, sagte Zeng.

Außer chinesischen Wissenschaftlern arbeiten auch Forschungseinrichtungen und Unternehmen in anderen Ländern an einem Impfstoff. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte am Dienstag gesagt, es werde mindestens ein Jahr dauern, bis ein im großen Maßstab einsetzbarer Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus vorliege.

Mehr als 75.000 Infizierte in China

Die Regierung in Peking gab am Freitag weitere 889 Infektionsfälle bekannt. Die dortige offizielle Gesamtzahl der Ansteckungen wuchs damit auf mehr als 75.000. Die offizielle Zahl der neu verzeichneten Infektionen war höher als am Vortag, als 673 weitere Ansteckungsfälle bekanntgegeben worden waren – nach Angaben der Regierung war das die niedrigste Zahl neuer Fälle seit Ende Jänner.

Die chinesischen Behörden haben allerdings mit ihren Statistiken für Verwirrung gesorgt, da sie schon zweimal die Kriterien für Diagnostik und statistische Erfassung der Erkrankungen geändert haben. Laut den offiziellen Zahlen vom Freitag starben 118 weitere Menschen in Festlandchina an der Infektion. Die dortige amtliche Gesamtzahl der Todesopfer wuchs damit auf 2.236. Die allermeisten Krankheits- und Infektionsfälle treten nach wie vor in der Provinz Hubei auf, von wo die Epidemie ihren Ausgang genommen hatte. Die Behörden haben Hubei weitgehend von der Außenwelt abgeschottet.