Wahlbeisitzer sortieren Stimmzettel neben leeren Wahlurnen
Reuters/WANA/Nazanin Tabatabaee
Iran-Wahl

Großteil verweigerte Stimmabgabe

Ein Endergebnis gibt es noch nicht, aber bei der Parlamentswahl zeichnet sich wie erwartet ein deutlicher Sieg der konservativen Kräfte ab. Dahinter steht, wie am Sonntag veröffentlichte Zahlen des Innenministeriums belegen, aber auch eine historisch niedrige Wahlbeteiligung: Erstmals seit der islamischen Revolution von 1979 lag diese bei unter 50 Prozent.

Lediglich 42,6 Prozent der Wahlberechtigen hätten ihre Stimme abgegeben, sagte der iranische Innenminister Abdolresa Rahmani Fasli dem staatlichen Fernsehen. Damit gingen am Freitag nur etwas mehr als 24 Millionen von insgesamt 58 Millionen berechtigen Iranern an die Wahlurnen. An der letzten Parlamentswahl 2016 hatten noch 62 Prozent der Wahlberechtigten teilgenommen.

Die politische Führung hatte im Vorfeld der Wahl mit einer Wahlbeteiligung zwischen 55 und 60 Prozent gerechnet. Aus ihrer Sicht ist eine hohe Beteiligung die Bestätigung der iranischen Politik und somit ein Beleg für die Unterstützung des Volkes für das islamische Regime. Die niedrige Wahlbeteiligung – in Teheran soll sie sogar nur bei 27 Prozent gelegen haben – wird von Beobachtern somit nicht zuletzt als ein demonstrativer Protest gegen die gesamte iranische Führung gewertet.

Laut Innenminister „akzeptabel“

Hintergründe dafür gibt es einige: So hat der Wächterrat etwa Tausenden vor allem gemäßigten Bewerbern die Kandidatur verwehrt. In der Bevölkerung machte sich zudem zunehmend Unzufriedenheit breit. Viele Iraner spüren, dass das Land international immer mehr in die Isolation gerät und sie darunter wirtschaftlich zu leiden haben.

Besonders viele junge Anhänger des moderaten Lagers hatten im Vorfeld angekündigt, gar nicht erst zur Abstimmung gehen. Um doch noch mehr Wähler an die Urnen zu bewegen, hatte die Wahlkommission die Schließung der Wahllokale schrittweise um insgesamt sechs Stunden verschoben.

Der iranische Innenminister Abdolresa Rahmani Fasli sprach am Sonntag dennoch von einer „akzeptablen“ Wahlbeteiligung und verwies auf das schlechte Wetter, die Stimmung im Land nach dem Abschuss eines ukrainischen Passagierflugzeugs durch die iranischen Revolutionsgarden Anfang Jänner und die Verbreitung des Coronavirus im Land.

Irans religiöses Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei bei seiner Stimmabgabe
Reuters
Ajatollah ali Chameini bei der Stimmabgabe

Chameini sieht feindliche Kräfte am Werk

Das geistliche Oberhaupt des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, machte Feinde der Islamischen Republik für die niedrigere Beteiligung verantwortlich. Sie hätten die Gefahr des Coronavirus übertrieben und versucht, die Menschen dadurch von der Stimmabgabe abzuhalten, erklärte Chamenei am Sonntag auf seiner Website.

„Diese negative Propaganda über das Virus begann vor einigen Monaten und nahm vor der Wahl zu“, schrieb Chamenei. Die Medien der Iran-Feinde hätten auch nicht die geringste Gelegenheit versäumt, die iranischen Wähler von einer Stimmabgabe abzubringen, und das Virus als Entschuldigung angeführt. Im Iran war der erste Infektionsfall zwei Tage vor der Wahl bestätigt worden. Inzwischen wurden über 40 Fälle bestätigt. Acht Menschen starben nach offiziellen Angaben infolge einer Infizierung.

Warten auf Endergebnis

Noch am Sonntag sollte nach Angaben des Innenministeriums unterdessen auch das Endergebnis der Parlamentswahl feststehen. Teilergebnissen zufolge zeichnete sich ein deutlicher Sieg der Konservativen ab. Nach Angaben der Wahlkommission waren bis Samstagabend 162 der landesweit 208 Wahlkreise ausgezählt. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Fars stehen damit die Gewinner von 241 der insgesamt 290 Parlamentssitze fest. 191 Sitze gingen diesen Angaben zufolge an konservative Kandidaten, 16 an Reformer und 34 an unabhängige Kandidaten.

Im größten Wahlkreis Teheran, der 30 Abgeordnete stellt, hätten konservative und ultrakonservative Kandidaten einen deutlichen Vorsprung vor moderaten Bewerbern. In Teheran zeichne sich ein klarer Vorsprung der Konservativen ab, sagte Wahlkommissionssprecher Esmail Mussawi im staatlichen Fernsehen. Die meisten Stimmen seien auf den früheren Polizeichef und Revolutionswächter Mohammed Bagher Ghalibaf entfallen.

Es war die erste Parlamentswahl im Iran seit der Aufkündigung des Atomabkommens durch die USA im Mai 2018, für das sich Präsident Hassan Rouhani eingesetzt hatte. Rouhani war 2017 mit dem Versprechen wiedergewählt worden, für mehr Freiheiten und den Austausch mit dem Westen einzutreten.

Schallenberg: „Offene und ehrliche Gespräche“

Im Zusammenhang mit Versuchen der EU, im Atomstreit zwischen den USA und der Islamischen Republik zu vermitteln, war am Sonntag ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg zu Besuch im Iran. „Es waren offene und ehrliche Gespräche“, bei denen Möglichkeiten für gemeinsame Einzelprojekte zwischen dem Iran und Österreich sowie der EU angesprochen worden seien, wie Schallenberg nach seinen Treffen mit seinem Amtskollegen Mohammed Dschawad Sarif und Präsident Rouhani gegenüber österreichischen Journalisten sagte.

Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg bei einem Treffen mit Irans Präsident Hassan Rouhani in dessen Residenz in Teheran
APA/AFP
Schallenberg mit Präsident Rouhani in dessen Residenz in Teheran

Es seien „alle Punkte“ angesprochen worden, die geplant waren, resümierte der Außenminister, „das Atomprogramm, die Rhetorik gegen Israel, die regionale Rolle des Iran in der Region“, etwa in Bezug auf Syrien und den Jemen. In Absprache mit dem EU-Beauftragten Josep Borrell und US-Außenminister Mike Pompeo, den er Anfang Februar in Washington getroffen hatte, seien Möglichkeiten zu „Einzelprojekten“ ausgelotet worden.