SOS Mitmensch: Antimuslimischer Rassismus auch bei ÖVP

Die Organisation SOS Mitmensch hat heute zum zweiten Mal den von ihr erstellten Bericht über „antimuslimischen Rassismus“ in der österreichischen Spitzenpolitik präsentiert. Insgesamt wurden darin für das vergangene Jahr 21 Vorfälle dokumentiert und analysiert. Veränderungen gebe es zum einen in der Art und Weise, zum anderen bei den Akteuren, sagte Sprecher Alexander Pollak in einer Pressekonferenz.

Waren 2018 alle Vorfälle ausschließlich FPÖ-Politikern zuordenbar, seien diesmal auch Aktionen von ÖVP-Politikerinnen und -Politikern erfasst worden. Als Beispiel führte Pollak die aktuellen ÖVP-Minister Karoline Edtstadler und Gernot Blümel an.

Als Beleg dafür liefert der Bericht ein Twitter-Posting Edtstadlers, in dem sie anregt, „alle Muslime, die nach Österreich kommen, zu einem Besuch in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen zu verpflichten“.

Damit habe sie alle Muslime unter den „Generalverdacht des Antisemitismus“ gestellt, so der Befund von SOS Mitmensch. Blümel habe in seiner Funktion als Wiener ÖVP-Obmann das Phänomen „Gewalt an Schulen“ alleine auf „arabisch- und türkischstämmige Familien“ reduziert.

Einzelfälle bei ÖVP vs. „Dauerkampagne“ bei FPÖ

Diesen einzelnen Vorfällen der Volkspartei stehe eine „Dauerkampagne“ der Freiheitlichen gegenüber, meinte Pollak. Die ÖVP habe 2019 aber teilweise versucht, sich auf Augenhöhe mit der FPÖ zu positionieren. Offen sei, wie sie sich in der jetzigen türkis-grünen Regierungskonstellation entwickelt. 2019 hätten aber auch aufseiten der Freiheitlichen die Akteure gewechselt.

Waren es vor der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ im Mai hauptsächlich der damalige Vizekanzler und Parteichef Heinz-Christian Strache sowie Klubobmann Johann Gudenus, sind die neuen Hauptproponenten der jetzige FPÖ-Chef Norbert Hofer und der Wiener Parteiobmann Dominik Nepp.

FPÖ-Kampagne zu Karfreitag-Regelung

Bei antimuslimischem Rassismus handle es sich um Attacken auf Menschen allein aufgrund ihrer angenommenen oder tatsächlichen Religionszugehörigkeit, definierte Pollak. Zu den Vorfällen im vergangenen Jahr zählt SOS Mitmensch etwa eine Kampagne der FPÖ zur Karfreitag-Regelung, in der Muslime zu Sündenböcken für die Abschaffung des gesetzlichen Feiertags gemacht wurden, sowie eine gegen religionsbezogene Feiertage für muslimische Kinder und gegen Grillplätze.

Neu sei auch, dass sich ein Teil der Kampagnen an der Schnittstelle zwischen Islamfeindlichkeit und antimuslimischem Rassismus bewege, um weniger angreifbar zu sein.

Politologin: „Schleichendes Gift“

„Besorgt“ ob des Berichts zeigte sich Rassismusexperte Benjamin Opratko. Dass es zu einer Normalisierung des antimuslimischen Rassismus komme, sei ein international beobachtbares Phänomen. Auch Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle betonte, dass sie der Bericht „in seiner Geballtheit sehr getroffen“ habe. Rassismus sei ein „schleichendes Gift“, irgendwann würden Worten Taten folgen.

In dem Bericht sehe man auch, wie ÖVP-Spitzenpolitiker beginnen, diesen zu übernehmen und zu bedienen. Stainer-Hämmerle sieht die Verantwortung bei der Spitzenpolitik, achtsamer zu sein und weniger nach parteitaktischem Kalkül zu handeln.