Eine Frau mit Fluggepäck im Flughafen Wien Schwechat
ORF.at/Christian Öser
Coronavirus

Zittern in der Reisebranche

Die Reisebranche spürt die Ausbreitung des Coronavirus mittlerweile deutlich. Gästezahlen gehen zurück, Reisen werden verschoben. Die AUA schickt Personal nach Hause, die Wirtschaftskammer (WKÖ) trifft Vorbereitungen für Kurzarbeit. Die Reisewirtschaft ist damit nicht glücklich. Man beobachte zwar „Zurückhaltung“, aber noch keine dramatischen Einbrüche. Zittern muss die Branche trotzdem.

Ein Effekt neben Umsatzeinbußen: plötzliche personelle Überkapazitäten und Sparmaßnahmen, etwa bei Fluglinien und in der Reisewirtschaft, die nun auch direkte Folgen für die Angestellten haben. Sie werden nach Hause geschickt, es wird über Kurzarbeit verhandelt. Nicht alle sind damit einverstanden.

Die WKÖ bereitet aktuell Kurzarbeit für Reisebüros vor. Der zuständige Fachverband führe dafür Gespräche mit der Gewerkschaft, so WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf am Mittwoch bei einer Pressekonferenz.

Wirtschaftskammer sieht „dramatischen“ Einbruch

Das Geschäft der Reisebüros mit österreichweit rund 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sei „nahezu zum Erliegen gekommen“, Buchungen seien „dramatisch eingebrochen“. In anderen Branchen sei Kurzarbeit derzeit kein Thema, so Kopf auf eine entsprechende Frage.

In einer Aussendung bezifferte Kopf den gesamtwirtschaftlichen Schaden „aus derzeitiger Sicht“ für 2020 „mit mehr als einer Milliarde Euro“. Effekte, die Italien betreffen, seien hier noch nicht eingerechnet. Bei einem „Infopoint“ der Kammer gebe es zahlreiche Anfragen. Generell zeige sich, dass nach Logistikbranche und Automobilzulieferern aktuell der Tourismus immer stärker in den Fokus rücke.

„Einerseits bestehen Fragen zu Stornobedingungen. Es gibt dienst- und arbeitsrechtliche Fragestellungen etwa zum Umgang mit Gästen mit Symptomen. Andererseits betreffen die Anfragen auch Empfehlungen in Hinblick auf die Handhabung von Großveranstaltungen in den kommenden Wochen oder Reiseanfragen in die betroffenen Gebiete“, so Kopf.

Reiseveranstalter verstehen Aufregung nicht

Für TUI, den größten Reiseveranstalter des Landes, kommen die Kurzarbeitspläne zu früh. Dort sieht man außerdem die Lage eine Spur optimistischer. Man habe „mit Überraschung festgestellt“, dass die WKÖ über Kurzarbeit verhandelt, allerdings sei erst Tag zwei nach Auftreten zahlreicher neuer Coronavirus-Infektionen in mehreren Ländern.

„Wir hatten in den letzten Jahren schon mehrere Krisen. Wir haben nie am Tag zwei gesagt: ‚Jetzt treffen wir so drastische Maßnahmen‘“, so TUI-Unternehmenssprecherin Kathrin Limpel. TUI mit Konzernsitz in Deutschland bestätigte einen drastischen Einbruch des Geschäfts nicht. „Es läuft alles ganz normal in den Reisebüros“, so Limpel. „Bis zur letzten Woche sind die Buchungen ganz normal gelaufen.“ Jetzt gebe es natürlich Zurückhaltung, und die Kundenfrequenz sei geringer. TUI beschäftigt in Österreich über 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Auch das Verkehrsbüro zeigte sich „sehr erstaunt“ über die Initiative. „Wir verstehen diesen Vorstoß nicht, bei uns ist das definitiv kein Thema“, sagte Sprecherin Andrea Hansal. Im Verkehrsbüro sei man „sehr erstaunt, dass man die Nummer eins nicht einmal zu den Gesprächen dazunimmt“. Natürlich rechne man wegen des Coronavirus mit einer „gewissen Zurückhaltung“. Es gebe aber „keinerlei massive Veränderungen“, für eine etwaige Kurzarbeitsdiskussion gebe es „keine Grundlage“.

„Reine Vorsichtsmaßnahme“

Der Fachverbandsgeschäftsführer für die Reisebüros in der WKÖ, Thomas Wolf, präzisierte später, die Gespräche mit der Gewerkschaft über Kurzarbeit seien eine „reine Vorsichtsmaßnahme“. Es habe entsprechende Anfragen von besonders betroffenen Betrieben gegeben. Das seien vor allem Asienspezialisten und Nischenanbieter. Große, breit aufgestellte Unternehmen wie TUI seien weniger betroffen, so Wolf.

WKÖ bereitet Kurzarbeit in Reisebüros vor

Die Wirtschaftskammer bereitet wegen des Coronavirus Kurzarbeit in Reisebüros vor.

Urlaub und Teilzeit bei AUA

Die AUA schickt Boden- und Flugpersonal nach Hause. Weil Flüge nach China ausgesetzt wurden, hätten rund 150 bis 200 Personen keine Arbeit. Ihnen würden unbezahlter Urlaub, Blockteilzeit und Bildungskarenz angeboten, sagte AUA-Chef Alexis von Hoensbroech am Dienstagabend. Die AUA reagiert wie der gesamte Lufthansa-Konzern auf die Krise.

AUA will Personal in Teilzeit schicken

Die AUA will aufgrund der Auswirkungen des Coronavirus Flugpersonal in Teilzeit schicken.

Allein die Einstellung der Flüge nach China belaste die AUA deutlich, so Hoensbroech. Dazu kommt der Ausbruch in Italien. „Bis vor Kurzem war das restliche Geschäft noch relativ stabil, aber wir sehen jetzt schon die ersten Anzeichen, dass eine allgemeine Nervosität entsteht“, die Entwicklung in Italien werde „nicht gerade zu einer Belebung der Nachfrage führen“. Ob es bei dem „temporären Mitarbeiterabbau“ bleibt, lässt sich laut Hoensbroech zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. „Wenn es zu weiteren Reiseeinschränkungen kommen sollte und wir weitere Flüge aussetzen müssten, dann müssen wir diese Maßnahmen nochmals erheblich verschärfen“, sagte Hoensbroech.

Flughafen Wien Flugzeuge
ORF.at/Christian Öser
Die Lage in Italien trägt laut AUA nicht gerade zu einer Belebung" der Buchungszahlen bei

Keine Einschränkungen bei ÖBB

Auch die AUA-Mutter Lufthansa schnürt wegen des Coronavirus ein Sparpaket. Geplante Neueinstellungen würden „nochmals überprüft, ausgesetzt oder auf einen späteren Zeitpunkt verschoben“, teilte das Unternehmen am Mittwoch in Frankfurt am Main mit. Darüber hinaus könnten Mitarbeiter ab sofort unbezahlten Urlaub nehmen. Auch eine Ausweitung von Teilzeitangeboten werde geprüft, Ausbildungsprogramme würden verschoben. Die Lufthansa fliegt China bis Ende März nicht an.

Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) denken aktuell nicht an eine Einschränkung des Zugsverkehrs, auch nicht nach Italien. Es würden nur die Garnituren besonders gründlich gereinigt. „Wir haben zusätzliche Reinigungsmaßnahmen vorgesehen, um vorbeugend zu arbeiten.“ Kunden, die Tickets nach Italien gebucht haben, können diese mit Gültigkeit bis 1. März gratis stornieren. Das ÖBB-Kundenservice erhalte derzeit vermehrt Anfragen zu Stornobedingungen, hieß es am Mittwoch von der Bahn.