US-Politikerin Tulsi Gabbard
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Tulsi Gabbard

Die vergessene Dritte im US-Vorwahlkampf

Schon vor dem „Super Tuesday“ hat es sich abgezeichnet, mittlerweile ist es fix – der Vorwahlkampf der US-Demokraten ist zum Duell zwischen Ex-Vizepräsident Joe Biden und Senator Bernie Sanders geworden. So gut wie immer wird vergessen, dass es eigentlich noch eine dritte Kandidatin im Rennen gibt: Tulsi Gabbard, eine Kongressabgeordnete mit politisch recht eigenwilliger Agenda.

Dabei sticht die hawaiianische Kongressabgeordnete gleich in mehrfacher Hinsicht aus dem Bewerberfeld: Die Irak-Kriegsveteranin ist mit 38 Jahren deutlich jünger als die Konkurrenz, stammt aus Amerikanisch-Samoa und ist die erste Hindu, die Mitglied des US-Repräsentantenhauses wurde.

Gabbard gab ihre Kandidatur als eine der Ersten schon im Jänner des Vorjahres bekannt. Seitdem liegt sie in den nationalen Umfragen mit ungefähr einem Prozent abgeschlagen auf dem letzten Platz. Während von den ursprünglich 29 Kandidatinnen und Kandidaten mittlerweile 26 ihre Bewerbung zurückgezogen haben, kämpft Gabbard weiter – mit ihrem Wahlkampfthema „Krieg und Frieden“.

Tulsi Gabbard in Uniform während einer Rede in Honolulu
Reuters/Hugh Gentry
Gabbard war zweimal auf Auslandsmission – in einer Sanitätseinheit im Irak-Krieg und als Militärpolizei-Ausbildnerin in Kuwait

Ihre Politkarriere begann sie 2002 im Alter von 21 Jahren als jüngstes Mitglied des Repräsentantenhauses von Hawaii, zwischen ihren Auslandseinsätzen als US-Militärangehörige 2004 im Irak und 2008/2009 in Kuwait arbeitete sie als Hilfskraft für US-Senator Daniel Akaka in Washington, D. C. Währenddessen absolvierte sie 2007 die Alabama Military Academy, seit 2013 ist sie US-Kongressabgeordnete für den Bundesstaat Hawaii.

Spontanes Treffen mit Assad

Als solche sorgte sie bereits mehrfach mit kontroversen Aktionen für Aufsehen. 2017 geriet sie ins Kreuzfeuer der Kritik, als sie während eines Besuchs im Bürgerkriegsland Syrien nicht nur Flüchtlinge und Oppositionsführer, sondern heimlich auch Machthaber Baschar al-Assad traf.

Als der Besuch öffentlich wurde, erklärte sie, sie habe die Begegnung ursprünglich nicht geplant. Als ihr die Gelegenheit geboten wurde, habe sie aber zugesagt, weil aus ihrer Sicht jede Chance genutzt werden müsse, „diesen Krieg zu beenden, der dem syrischen Volk so viel Leid bringt“.

Abweichlerin im Amtsenthebungsverfahren

Im Zuge des Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsidenten Donald Trump fiel Gabbard im Dezember schließlich damit auf, dass sie sich als eine von vier demokratischen Abgeordneten nicht für die von ihrer Partei initiierten Impeachment-Ermittlungen aussprach. Sie sei zu dem Schluss gekommen, dass sie guten Gewissens weder mit Ja noch Nein stimmen könnte. Die Bestrebungen seien zu einem „parteiischen Unterfangen“ geworden.

Werbeplakat für Tulsi Gabbard in einem Feld in Iowa
Reuters/Rick Wilking
Allein auf weiter Flur: Tulsi 2020

Als Kandidatin Russlands verdächtigt

Im Oktober warnte die ehemalige Senatorin Hillary Clinton vor einer „Kandidatin Russlands“ im Präsidentschaftswahlkampf. Der Kreml versuche eine Kandidatin aufzubauen, die als unabhängige Dritte ins Rennen gegen Trump und den noch zu findenden demokratischen Kandidaten gehen sollte. Russland habe eine Politikerin „im Auge, die derzeit an der demokratischen Vorwahl teilnimmt“, mutmaßte Clinton einem Politpodcast, ohne einen Namen zu nennen.

Die verdächtigte Politikerin erhalte im Internet starke Unterstützung mit dem Ziel, letztlich den demokratischen Kandidaten zu schwächen und Trump so eine zweite Amtszeit zu sichern. US-Medien hatten zuvor unter anderem berichtet, dass mit Russland verbundene Seiten im Internet den Wahlkampfbeginn Gabbards gefeiert und ihre Politik verteidigt hatten.

Tulsi Gabbard, Tom Steyer, Cory Booker, Kamala Harris, Bernie Sanders, Joe Biden, Elizabeth Warren, Pete Buttigieg, Andrew Yang, Beto O’Rourke und Amy Klobuchar  bei einer Fernsehdebatte
APA/AFP/Getty Images/Chip Somodevilla
Gabbard gelang es nur bei wenigen TV-Konfrontationen, sich zu qualifizieren

Die Kongressabgeordnete reagierte umgehend auf Clintons Verdächtigungen und nannte sie auf dem Kurznachrichtendienst Twitter „Königin der Kriegshetzer, Verkörperung der Korruption und Personifikation der Fäule, die die Demokratische Partei so lange krank gemacht hat“. Sie beschuldigte Clinton, ihren Ruf beschädigen zu wollen, und forderte die 71-Jährige auf, selbst in das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur einzutreten.

Dass Gabbard nun, trotz ihrer katastrophalen Performance, im Vorwahlkampf bleibt, könnte dementsprechend als Indiz dafür gewertet werden, dass sie so viel Medienpräsenz wie möglich mitzunehmen versuche, die ihr später im Hauptwahlkampf zugutekäme.

Grafik zeigt die Spendeneinnahmen und Erwähnungen in den Medien der Präsidentschaftskandidaten Sanders, Biden und Gabbard
Grafik: ORF.at; Quelle: NY Times

Von den Medien vergessen

Dabei ist gerade die Aufmerksamkeit der Medien Gabbards wunder Punkt. Da sich das demokratische Kandidatenfeld recht rasch ausgedünnt hatte, steht längst fest, dass es ein reines Duell zwischen Biden und Sanders wird, mit einer chancenlosen Gabbard.

Mit ihren bisher gewonnenen zwei Delegiertenstimmen hätte sie zwar geschafft, in die nächsten TV-Debatten eingeladen zu werden, mittlerweile verlautete aus der Demokratischen Partei allerdings bereits, dass man möglicherweise auch hier die Kriterien ändern würde – de facto um Gabbard auszuladen und sich rein auf die Favoriten zu konzentrieren.