„Drittes Geschlecht“: Kickl-Erlass für Gerichte nicht bindend

Im Rechtsstreit über die Eintragung des „dritten Geschlechts“ in Personenstandsurkunden hat der als intergeschlechtlicher Mensch geborene Alex Jürgen nun endgültig recht bekommen. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich habe bestätigt, dass der Erlass von Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) gesetzwidrig und eine Geburtsurkunde mit „inter“ auszustellen sei, berichtete das Rechtskomitee Lambda heute.

„Divers“ statt „inter“

Bereits 2018 hatte Jürgen das beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) erwirkt. Die eigenständige geschlechtliche Identität von intergeschlechtlichen Personen sei anzuerkennen, sie seien vor einer fremdbestimmten Geschlechtszuweisung zu schützen.

Kickl schränkte das aber ein. Laut seinem Erlass durfte der dritte Geschlechtseintrag nur erfolgen, wenn medizinische VdG-Boards (VdG = Variante der Geschlechtsentwicklung) das betätigten.

Wie das Rechtskomitee in einer Aussendung berichtete, musste das Standesamt Steyr daraufhin auf Weisung des Innenministers eine Geburtsurkunde mit dem Eintrag „divers“, anstatt des (höchst)gerichtlich angeordneten „inter“ für Jürgen ausstellen. Der Antrag auf eine Geburtsurkunde mit dem gerichtlich angeordneten Eintrag „inter“ wurde abgewiesen. Begründet wurde das damit, dass in der Software des Innenministeriums „inter“ nicht vorgesehen sei.

Erlass dennoch aufrecht

Über neuerliche Beschwerde von Jürgen hatte das Landesverwaltungsgericht kürzlich bekräftigt, dass die rechtskräftigen Entscheidungen der Gerichte umzusetzen, der Geschlechtseintrag im Personenstandsregister auf „inter“ zu berichtigen und eine Geburtsurkunde mit „inter“ auszustellen sei.

Der Kickl-Erlass, so das Gericht, ändere nichts an der von den Höchstgerichten festgestellten Gesetzeslage und ist für die Gerichte nicht bindend (LVwG OÖ 18.02.2020, LVwG-750727/5/MZ), berichtete das Rechtskomitee.

Dennoch sei der Erlass weiterhin aufrecht, und Verwaltungsgerichte hätten in Österreich – anders als beispielsweise in Deutschland – keine Möglichkeit, ihre Erkenntnisse gegenüber widerstrebenden Verwaltungsbehörden durchzusetzen.