Tränengaseinsatz an griechisch-türkischer Grenze

Sicherheitskräfte beider Seiten haben an der türkisch-griechischen Grenze Tränengas abgefeuert. Ein Reuters-Reporter berichtete heute, am abgeriegelten Grenzübergang Kastanies seien Tränen- und Rauchgasgranaten von türkischer Seite in Richtung der griechischen Polizei geschossen worden. Diese habe zum Teil ebenfalls Tränengas eingesetzt.

Tränengas-Einsatz an der türkischen Grenze
AP/Giannis Papanikos

Der griechische Staatssender ERT zeigte heute Videos, auf denen zu sehen ist, wie türkische Soldaten Migranten mit Schlägen und Tritten Richtung griechischer Grenze treiben. Die Bilder dokumentierten außerdem einen Rauchbomben- und Tränengasregen, der von der türkischen Seite Richtung griechischer Grenzer über den Zaun abgefeuert wurde.

Mehr als 1.200 Versuche binnen 24 Stunden

Hunderte Menschen drängten sich auf türkischer Seite am Grenzzaun. Seit die Türkei am 28. Februar erklärt hat, sie werde Migranten nicht mehr vom Übertritt der Grenze abhalten, haben bereits Tausende Menschen versucht, nach Griechenland und damit in die Europäische Union zu gelangen.

Allein bis heute Früh gab es nach Angaben aus der griechischen Regierung binnen 24 Stunden mehr als 1.200 Versuche, die Grenze zu überwinden. 27 Menschen seien festgenommen worden. Die meisten Migranten stammten aus Afghanistan und Pakistan.

EU nennt vor Erdogan-Besuch Bedingungen

Kurz vor einem Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Brüssel stellte die EU nun Bedingungen für Hilfen in der Flüchtlingskrise. Weitere Finanzhilfen könne es nur geben, wenn „die erpresserische Politik Ankaras durch die Entsendung von Flüchtlingen in Richtung EU eingestellt wird“, sagte EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn der „Welt“. Erdogan wies die Küstenwache an, Geflüchtete an Überfahrten per Boot nach Griechenland zu hindern – das sollte aber kein Kurswechsel im Flüchtlingsstreit sein.

Die EU sei prinzipiell zu „weiteren Finanzhilfen zur Unterstützung der Flüchtlinge in der Türkei“ bereit, sagte Hahn. Diese würden jedoch „deutlich geringer“ ausfallen als im bisherigen EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei. Erdogan reist laut „Welt“ am Montag zu Gesprächen nach Brüssel.

Athen: Flüchtlingspakt tot

„Griechenland tut, wozu jeder souveräne Staat ein Recht hat, nämlich seine Grenzen vor illegalen Übertritten zu schützen“, sagte der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis gestern Abend dem Sender CNN. Die Menschen, die versuchten die Grenze zu überwinden, würden von der türkischen Führung missbraucht. „Ich fürchte, das ist eine anhaltende und sehr systematische Provokation im Namen der Türkei und hat nichts mit der Notlage dieser Menschen zu tun.“

Der Flüchtlingspakt zwischen der EU und der Türkei sei hinfällig. „Lassen Sie uns nun ehrlich sein, die Vereinbarung ist tot“, sagte Mitsotakis gestern dem US-Nachrichtensender CNN. Schuld sei Ankara, das entschieden habe, „komplett gegen die Vereinbarung zu verstoßen“.

Das vor knapp vier Jahren ausgehandelte Flüchtlingsabkommen zwischen der Türkei und der EU sieht Hilfen für die in der Türkei lebenden Flüchtlinge im Umfang von sechs Milliarden Euro vor. Die Türkei hatte sich im Gegenzug verpflichtet, illegale Grenzübertritte zu verhindern. Die Regierung in Ankara hatte nach dem Beginn einer neuen Flüchtlingswelle aus Syrien jedoch die Grenzen zur EU wieder geöffnet.