Erdogan an Athen: Flüchtlinge in andere EU-Länder lassen

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat einen Tag vor seinem Besuch in Brüssel Griechenland dazu ermuntert, Flüchtlinge an der gemeinsamen Grenze in Richtung anderer EU-Länder durchzulassen. „Hey Griechenland, diese Menschen kommen nicht zu dir und bleiben, sie kommen zu dir und gehen in andere Länder Europas. Warum stößt du dich daran?“, sagte Erdogan heute auf einer Veranstaltung anlässlich des Weltfrauentags in Istanbul.

„Mach du doch auch die Tore auf!“, sagte Erdogan weiter an Griechenland gerichtet. Zugleich kritisierte Erdogan das Nachbarland scharf und warf Griechenland vor, Migranten, die es in die EU geschafft haben, unrechtmäßig in die Türkei zurückzuschicken, zu „schlagen“, zu „töten“ und zu „foltern“. Niemand erhebe die Stimme gegen solch unmenschliche Aktionen, kritisierte Erdogan. Das Gegenteil sei der Fall, Griechenland werde sogar noch unterstützt.

Nach türkischen Angaben war am Mittwoch ein Migrant von griechischen Sicherheitskräften erschossen worden. Auch am Montag soll ein Migrant an der türkisch-griechischen Grenze getötet worden sein. Athen wies das entschieden zurück.

Angespannte Situation an Grenze

Die Situation an der griechisch-türkischen Grenze bleibt weiterhin angespannt. Immer wieder kam es in der Nacht und heute Früh zu Attacken mit Tränengas, Rauchbomben und Blendgranaten, die von der türkischen Seite aus über den Zaun geschossen wurden, wie griechische Medien berichteten. Für Aufregung sorgen in Griechenland zudem Aufnahmen einer Wärmebildkamera der griechischen Polizei.

Türkische Soldaten an der Grenze
AP/Giannis Papanikos

In der Nacht auf gestern wurde damit ein gepanzertes Fahrzeug beim Versuch gefilmt, den Grenzzaun einzureißen, um den Flüchtlingen und Migranten den Weg nach Europa freizumachen. Die Aufnahmen, die dem griechischen Fernsehsender Skai zugespielt worden waren, zeigen den Berichten zufolge ein gepanzertes türkisches Grenzüberwachungsfahrzeug vom Typ Hizir/Ates, das über ein Stahlseil mit dem Grenzzaun verbunden ist und versucht, das Drahtgeflecht niederzureißen.

Griechischer Minister weist Kritik zurück

Andere Videos zeigen türkisches Militär, das Tränengaskartuschen oder Rauchbomben über die Grenze schießen soll. Der türkische Innenminister Süleyman Soylu hatte solche Beschuldigungen seitens der Griechen zuletzt zurückgewiesen.

Griechenlands Vizemigrationsminister Giorgos Koumoutsakos wies indes Kritik am Vorgehen seiner Regierung gegen tausende Flüchtlinge zurück. Sein Land breche keine Gesetze, sagte Koumoutsakos der „Welt am Sonntag“. Athen müsse mit einer „Gefahr für unsere nationale Sicherheit und die der europäischen Grenzen“ umgehen und habe „eine Balance“ zwischen „internationalen Gesetzen und dem Schutz unserer Grenzen“ finden müssen. Der Türkei warf er im Flüchtlingsstreit Erpressung und Lügen vor.