Der russische Präsident Wladimir Putin bei seiner Rede in Moskau
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Verfassungsänderung

Putin lässt seine Macht ausbauen

Das russische Parlament hat am Dienstag in zweiter Lesung die von Staatschef Wladimir Putin angestrebte Reform der Verfassung verabschiedet. 382 Abgeordnete der Duma in Moskau stimmten mit Ja, 44 enthielten sich, kein Parlamentarier stimmte dagegen. Zuvor hatte der Präsident in einer Rede erstmals indirekt seine Bereitschaft erklärt, im Jahr 2024 erneut als Präsident zu kandidieren.

Es sei angesichts der geplanten Verfassungsänderung für eine „Annullierung“ seiner bisherigen Amtszeiten, wenn das Verfassungsgericht dem zustimme. Das sagte der 67-Jährige am Dienstag bei einer Parlamentsdebatte zur größten Verfassungsänderung der russischen Geschichte.

Kurz nach Putins Rede stimmte die Staatsduma dafür, Putins bisherige Amtszeiten – es sind einschließlich der laufenden vier – auf null zu setzten. Das soll dem seit mehr als 20 Jahren regierenden Politiker den Weg für eine neue Präsidentenkandidatur in vier Jahren frei machen. Ein Nachfolger ist bisher nicht in Sicht.

Ansicht des russischen Parlaments in Moskau während der Rede von Präsident Wladimir Putin
Reuters/Evgenia Novozhenina
Keine Gegenstimmen für Putins Reform

Putin gegen generelle Aufhebung der Begrenzung

Nach bisheriger Verfassung endet Putins letzte mögliche Amtszeit 2024. In der Debatte sprach er sich aber dagegen aus, die Begrenzung auf zwei Amtszeiten generell aufzuheben. In der russischen Regierungspartei Geeintes Russland mehrten sich zuletzt Stimmen für ein dauerhaftes Regieren Putins.

Bisher betonten viele prominente Parteimitglieder, dass es 2024 einen neuen Präsidenten geben werde. Putin machte in seiner Rede nun deutlich, dass die Bevölkerung seinen Verbleib an der Macht wolle. Er sagte auch, dass die Menschen in Russland bei einem Referendum am 22. April über die Verfassungsänderung entscheiden würden.

Die Vollmachten des Präsidenten werden mit dem neuen Grundgesetz weiter ausgebaut. In der russischen Hauptstadt ist deshalb die Meinung verbreitet, dass Putin das Recht habe, sich für diesen neuen Posten des „Superpräsidenten“ zu bewerben. Der Kreml-Chef hatte in der vergangenen Woche gesagt, dass das Präsidentenamt sein Schicksal sei.

Gleichgeschlechtliche Ehe soll ausgeschlossen werden

Nach dem Wunsch Putins soll künftig auch die gleichgeschlechtliche Ehe in der Verfassung dezidiert ausgeschlossen werden. Solange er Präsident sei, dürften schwule und lesbische Paare nicht heiraten. Putin unterstützt stattdessen den Vorschlag, in der Verfassung festzuhalten, dass die Ehe eine Verbindung von Mann und Frau sei. Das hatte unter anderen die nationale Kinderrechtsbeauftragte Anna Kusnezowa angeregt. Der Schutz traditioneller Familienwerte sei wichtig, so Putin.

Auch Gottesbegriff soll in Verfassung

Die geplante Änderung sieht auch vor, dass künftig der Gottesbegriff in der Verfassung verankert wird. Es gebe diesen Vorschlag, bestätigte Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin vorige Woche der Staatsagentur TASS.

Zuvor hatte die russisch-orthodoxe Kirche, die eine wichtige Machtbasis in Russland ist, den Wunsch nach einer Erwähnung Gottes in der Präambel eingebracht und heftige Diskussionen ausgelöst. Am 10. März soll die größte Verfassungsänderung in der russischen Geschichte im Parlament in einer zweiten Lesung diskutiert werden. Ende April ist eine Volksabstimmung dazu geplant.

Öffentlich viel kritisiert

In der russischen Gesellschaft wurde das Thema scharf kritisiert. Viele verwiesen dabei auf die lange kommunistische Tradition in der Sowjetunion sowie die strikte Trennung von Kirche und Staat. Putin, der zu Sowjetzeiten ein Vorzeigefunktionär und Mitglied des Geheimdienstes KGB war, wurde kurz nach seiner Geburt 1952 getauft.

Viele kritisierten auch, dass eine Gotteserwähnung in Russland als multikonfessionellem Staat nicht angebracht sei. Experten gehen davon aus, dass Putin mit diesem Streitthema vor allem von anderen umstrittenen Änderungen in der Verfassung ablenken wolle.