Der ehemalige Filmproduzent Harvey Weinstein
AP/John Minchillo
Strafmaß verkündet

23 Jahre Haft für Weinstein

Etwa zwei Wochen nach dem Schuldspruch gegen Harvey Weinstein wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung ist am Mittwoch auch das Strafmaß gegen den früheren Filmproduzenten bekanntgegeben worden: 23 Jahre Haft. Zahlreiche Frauen, darunter prominente Hollywood-Stars, hatten ihn schwer belastet. Weinstein sieht sich als Opfer der „#MeToo“-Bewegung.

Das zuständige New Yorker Gericht blieb mit der Strafbemessung nur knapp unter der möglichen Höchststrafe von 29 Jahren Haft. Der Schuldspruch gegen Weinstein war bereits Ende Februar erfolgt. Er hatte die Vorwürfe durchwegs zurückgewiesen und spricht von einvernehmlichen sexuellen Beziehungen. Seine Anwälte kündigten Rechtsmittel an.

Sie hatten plädiert, gegen Weinstein lediglich die Mindeststrafe von fünf Jahren zu verhängen. Sie argumentierten unter anderem, alles andere würde für den Gründer des Miramax-Filmstudios, der kommende Woche 68 Jahre alt wird, faktisch lebenslang bedeuten. Sie verwiesen auch auf seine Verdienste für die Filmwelt und auf die Tatsache, dass er mehrfacher Vater sei.

Prominente Belastungszeuginnen

Mehr als 80 Frauen, darunter bekannte Schauspielerinnen wie Angelina Jolie, Salma Hayek und Gwyneth Paltrow, haben dem früheren Hollywood-Produzenten (unter anderem „Pulp Fiction“) sexuelle Belästigung und Gewalt vorgeworfen. Bei dem Prozess in New York ging es aber nur um zwei Fälle: Der 67-Jährige wurde am 24. Februar schuldig gesprochen, 2006 der früheren Produktionsassistentin Mimi Haleyi Oralsex aufgezwungen und 2013 die Jungschauspielerin Jessica Mann vergewaltigt zu haben.

Gerichtszeichnung zeigt den Angeklagten Harvey Weinstein, Staatsanwältin Meghan Hast und die Zeugin Mimi Haleyi
Reuters/Jane Rosenberg
Zeichnung aus dem Gerichtssaal in New York

Die Staatsanwaltschaft hatte ein hohe Haftstrafe gefordert, ohne eine konkrete Zahl zu nennen. Weinstein habe über Jahrzehnte Frauen sexuell missbraucht und nie Bedauern darüber gezeigt, erklärte die Anklage.

Detaillierte Schilderungen von Zeuginnen

In den vergangenen Wochen und Monaten hatte die Staatsanwaltschaft in dem Verfahren versucht, mit Hilfe von insgesamt sechs Hauptzeuginnen in teils drastischer Detailtiefe ein Muster Weinsteins offenzulegen – das eines Mannes, der seine Macht in der Filmindustrie systematisch ausnutzte, um sich junge Frauen gefügig zu machen, der Frauen für Sex Karrierehilfe versprach und sie bei einem Nein sexuell missbrauchte.

Die Verteidigung hingegen hatte den Zeuginnen eine Mitschuld gegeben und Weinstein in einer Opferrolle dargestellt. Frauen hätten ihn über Jahrzehnte wegen seines Einflusses und Geldes ausgenutzt und seien sich ihrer Handlungen und Signale an ihn bewusst gewesen.

„Ich mache mir Sorgen um dieses Land“

Weinstein selbst sagte am Mittwoch im Gericht im New Yorker Stadtteil Manhattan, er fühle sich reuig, sei aber auch „komplett verwirrt“ über das, was mit ihm geschehen sei. Er sah sich als Opfer der #MeToo-Bewegung. „Ich mache mir Sorgen um dieses Land“, wurde der 67-Jährige zitiert.

Schneebedeckte Gefängnisinsel Rikers Island vor New York
APA/AFP/Getty Images/John Moore
Die New Yorker Gefängnisinsel Rikers Island

Die „New York Times“ schrieb, dass das Urteil de facto lebenslang für den früheren Filmmogul bedeute. Es gehe ihm gesundheitlich schlecht, im Gerichtssaal sei Weinstein im Rollstuhl gesessen. Laut der US-Zeitung ist Weinstein seit seiner Erstverurteilung auf der Gefängnisinsel Rikers Island inhaftiert und befinde sich dort auf einer Krankenstation.

Prüfstein für „#MeToo“-Bewegung

Zu Wort kamen am Mittwoch erneut auch die Opfer Weinsteins. Die frühere Produktionsassistentin Haleyi sagte, der Filmproduzent habe ihr Vertrauen und ihren Glauben in Menschen und „einen Teil von mir zerstört“. Mann erklärte, sie werde die Last der Erinnerung bis an ihr Lebensende tragen. Der Schuldspruch gegen Weinstein habe ihr aber neue Kraft gegeben: „In meinem Schrank verstecken sich keine Monster mehr.“

Das Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Weinstein hatte im Herbst 2017 die weltweite „#MeToo“-Bewegung gegen sexuelle Übergriffe und Gewalt gegen Frauen ausgelöst. Der Anfang Jänner in New York gestartete Prozess galt als Prüfstein für die Bewegung – der Schuldspruch gegen Weinstein als großer Erfolg.