Mann in einem Durchgang
ORF.at/Christian Öser
„Minimalbetrieb“

Ab Montag steht öffentliches Leben still

Im Kampf gegen die schnelle Ausbreitung des Coronavirus fährt Österreich ab Montag „auf Minimalbetrieb“ herunter. Die Tiroler Orte Galtür, Ischgl, See und Kappl im Paznauntal sowie St. Anton am Arlberg wurden unter Quarantäne gestellt, nicht essenzielle Geschäfte müssen für eine Woche schließen, und Lokale dürfen nur noch bis 15.00 Uhr offen haben. Über die Maßnahmen wird am Wochenende aber noch im Parlament entschieden.

Am Samstag soll das Gesetzespaket, das eben Betriebsschließungen sowie Dienstfreistellungen und Kurzarbeit beinhalten soll, dem zuständigen Budgetausschuss zugewiesen werden. Am Sonntag tritt dann der Nationalrat um 9.00 Uhr zur Plenardebatte zusammen, zu deren Abschluss die Novellierung des Epidemiegesetzes beschlossen wird. Abgeschlossen wird das Prozedere dann mit einem Plenum des Bundesrats. Danach braucht es die Zustimmung des Bundespräsidenten sowie die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt.

Dass die Zeit drängt, hängt damit zusammen, dass die geplanten Verbote – also der eingeschränkte Verkauf im Handel sowie die Restriktionen in der Gastronomie – schon am Montag in Kraft treten sollen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betonte am Freitag, dass das öffentliche Leben ab Montag auf ein Minimum reduziert werden müsse. „Österreich wird nicht auf Dauer, aber doch auf Zeit auf Minimalbetrieb herunterfahren müssen“, sagte er. Viele Geschäfte bleiben ab Montag geschlossen. Davon ausgenommen sind der Lebensmittelhandel, Apotheken, Drogerien, Post, Banken und andere Geschäfte, die für die Grundversorgung notwendig seien, so Kurz.

Weitere Ausnahmen: Trafiken und Tankstellen

Ausnahmen gibt es etwa auch für Trafiken und Tankstellen. Auch der Tierfutterhandel bleibt offen. Ebenso dürfen Geschäfte für medizinische Produkte und Heilbehelfe weiterhin öffnen, ebenso solche, die Sicherheits- und Notfallprodukte sowie Wartungsarbeiten anbieten. Der öffentliche Verkehr bleibt aufrecht. Restaurants, Bars und Kaffeehäuser haben ab kommender Woche nur noch bis 15.00 Uhr geöffnet. Hier gibt es nur Ausnahmen für bloße Gästebeherbergung und Lieferservices. Das bedeutet freilich auch, dass reine Nachtlokale wie Bars, Discos und Nachtclubs wohl gänzlich geschlossen bleiben.

Das sei nötig, um ältere Menschen und verletzliche Gruppen bestmöglich zu schützen. „Wir sind als Republik Österreich ein Team, in dem jeder seinen Beitrag zu leisten hat“, so Kurz. Neben den Einschränkungen im öffentlichen Leben sind laut dem Kanzler deshalb Unternehmen auch angehalten, ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen – wo möglich – Teleworking zu ermöglichen. Am Samstag will die Regierung bekanntgeben, wie sie die Wirtschaft in der Krise unterstützen will.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) stellte bereits am Freitag eine umfangreiche Hilfe in Aussicht. Ein milliardenschweres Konjunkturpaket wie bei der Banken- und Finanzkrise vor zwölf Jahren würde in der aktuellen Situation jedoch nichts bringen, sagte die Ministerin in Interviews mit „Kurier“ und „Die Presse“ (Samstag-Ausgaben). „Das größte Thema ist die Liquidität“, sagte Schramböck. „Wir haben schon Garantien für den Tourismus von 150 Millionen gegeben und wollen schauen, ob wir hier noch mehr machen können. Aber auch für Klein- und Mittelbetriebe und die großen Leitbetriebe soll es Liquiditätshilfen geben.“

Gebiete in Tirol in Quarantäne

Neben den Einschränkungen im öffentlichen Leben wurden darüber hinaus seit Freitag zwei besonders vom Coronavirus betroffene Gebiete in Tirol gemäß Beschluss der Bundesregierung für zwei Wochen unter Quarantäne gestellt. Betroffen sind das Paznauntal mit Tourismushotspots wie Ischgl und Galtür sowie St. Anton am Arlberg – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Laut Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) werden alle Österreicherinnen und Österreicher, die sich in dem Gebiet aufhalten, unter häusliche Quarantäne gestellt. Das gelte auch für Urlauber. Ausländische Gäste, „die sich jetzt in dieser Gegend aufhalten“, dürften hingegen abreisen. Sie sollen aber zügig und ohne Zwischenstopp in ihre Herkunftsländer reisen. Außerdem würden ihre Personalien aufgenommen und an die Behörden in den Herkunftsländern weitergeleitet.

Situation wie in Italien verhindern

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) verwies angesichts der neuen Maßnahmen auf die Lage in Italien. Die „liest sich teilweise so wie eine Kriegsberichterstattung“, sagte der Gesundheitsminister. Er wies darauf hin, dass in Italien die Zahl der Todesfälle täglich steige. Das Ziel der österreichischen Regierung sei es, eine Situation wie in Italien mit allen demokratischen Möglichkeiten zu vermeiden.

Dazu würde Österreich auf drei strategische Schwerpunkte setzen. Zum Ersten gehe es darum, den direkten sozialen Kontakt zu reduzieren und damit Zeit zu gewinnen. Ein zweiter Schritt diene dem Schutz der Spitalsinfrastruktur. Es werde in allen Krankenhäusern ein Besuchsverbot geben. Davon ausgenommen seien nur Kinder- und Palliativstationen.

Viele Geschäfte ab Montag geschlossen

Um das Coronavirus einzudämmen, sind ab Montag viele Geschäfte geschlossen. Zudem stehen das Tiroler Paznauntal sowie St. Anton am Arlberg unter Quarantäne. Das kündigte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Freitag an.

Drittens gehe es um den Schutz „besonders vulnerabler Gruppen, die in dieser Situation ein besonderes Risiko haben“: Anschober nannte „Menschen über 70“ und „Gruppen, die schwere Vorerkrankungen“ haben. „Für diese Gruppen bauen wir dieses Schutzprogramm mit allen Maßnahmen in Österreich aus“, so der Gesundheitsminister. Mit Stand 15.00 Uhr haben sich in Österreich insgesamt 504 Personen mit dem neuen Coronavirus infiziert. Diese Zahlen dürften aber noch drastisch steigen. Gesundheitsminister Anschober sprach von einer steigenden Ansteckungszahl von derzeit rund 40 Prozent täglich.

Neue Sitzaufteilung im Parlament

Der Nationalrat wird am Wochenende bereits in einer neuen Sitzaufteilung zusammentreten, die die Gesundheit der Abgeordneten gewährleisten soll. Getagt wird wie gewöhnlich im Ausweichquartier in der Hofburg, allerdings werden nicht alle Abgeordneten im selben Saal sitzen. Die Mandatarinnen und Mandatare werden neben dem regulären Tagungssaal, dem Großen Redoutensaal der Hofburg, auch die Galerie, das Dachfoyer und der Kleine Redoutensaal besetzen.

Innenminister Nehammer zu den neuen Maßnahmen

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) erklärt die neuen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus und stellt klar, dass die Lebensmittelversorgung auch in den nächsten Wochen sichergestellt ist.

Im Hauptraum dürften nach aktuellen Informationen 100 Personen sitzen. Abgeordnete, die nicht im Großen Redoutensaal anwesend sind, sollen über den Livestream die Debatte verfolgen – was zu weniger Zwischenrufen während den Wortmeldungen führen könnte. Die Abstimmungen über die Anträge dürften geblockt am Ende des Sitzungstages am Sonntag stattfinden, damit die Mandatare nur kurz komplett in einem Raum sind. Auch namentliche Abstimmungen, bei denen einzeln zu einer Wahlurne geschritten wird, sind eine Option.