Ganz mit Regierungsbildung in Israel beauftragt

Israels Staatspräsident Reuven Rivlin hat den oppositionellen Ex-Militärchef Benni Ganz heute mit der Regierungsbildung beauftragt. Er hat dafür zunächst 28 Tage Zeit.

Die rechtskonservative Likud-Partei des bisherigen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu war zwar bei der Parlamentswahl am 2. März stärkste Fraktion geworden. Ganz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß bekam aber mehr Empfehlungen der im Parlament vertretenen Parteien für die Regierungsbildung. Eine Mehrheit von 61 der 120 Abgeordneten sprach sich für ihn aus. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass er eine Mehrheit hat, um eine Koalition zu schmieden.

Seit mehr als einem Jahr steckt Israel in einem politischen Patt. Auch die dritte Parlamentswahl binnen eines Jahres endete ohne klaren Sieger. Weder Netanjahus rechts-religiöser Block noch Ganz’ Mitte-Bündnis verfügte bislang über eine Mehrheit.

Likud verfehlt Regierungsmehrheit

Die Likud-Partei wurde mit 36 von 120 Sitzen zwar stärkste Kraft. Allerdings verfehlte das rechts-religiöse Lager um den Likud mit 58 Sitzen die notwendige Regierungsmehrheit. Blau-Weiß kam auf 33 Sitze. Ganz erhielt gestern die Empfehlungen von 61 Abgeordneten, das gilt jedoch nicht unbedingt als Basis für eine Regierungsbildung. Denn der Ex-Militärchef lehnt eine Aufnahme der Vereinigten Arabischen Liste, mit 15 Sitzen drittstärkste Kraft, in eine Koalition ab.

Netanjahu bekräftigte gestern einen Aufruf zur Bildung einer Notstandsregierung mit Blau-Weiß, mit einer Rotation im Amt des Ministerpräsidenten. Als Grund nannte er die Ausbreitung des Coronavirus.

Prozess gegen Netanjahu verschoben

Ganz hatte sich schon grundsätzlich zur Bildung einer Notstandsregierung bereiterklärt, zweifelte jedoch Netanjahus Ernsthaftigkeit an. Bislang war er auch wegen einer Korruptionsanklage gegen den Regierungschef nicht zu einem Bündnis mit der Likud-Partei bereit gewesen, solange Netanjahu an der Spitze steht. Der eigentlich für morgen angesetzte Beginn des Korruptionsprozesses gegen den 70-jährigen Netanjahu ist nun wegen der Coronavirus-Krise um zwei Monate verschoben worden.