Medizinisches Personal mit Schutzausrüstung
APA/Hans Klaus Techt
Riesiger Bedarf

Gemeinsame Suche nach Schutzausrüstung

Eines der zentralen Probleme der nächsten Tage und Wochen ist sicherlich die Versorgung des medizinischen und pflegenden Personals mit Schutzausrüstung. Denn hier herrscht bereits jetzt teilweise akuter Mangel an Masken, Handschuhen oder auch Desinfektionsmitteln. Österreichweit gibt es zahlreiche Bemühungen – und auch auf EU-Ebene soll die Jeder-für-sich-Politik durch Kooperation abgelöst werden.

Tatsache ist, dass es in Österreich und weiten Teilen Europas einen Mangel an Schutzkleidung, Masken und Handschuhen gibt. Diese Ausrüstung ist aber – gerade für Spitäler, niedergelassene Ärzte, aber auch bei der Pflege, ob im Heim oder zu Hause – von enormer Bedeutung, um die Coronavirus-Pandemie eindämmen zu können.

Praktisch die gesamte Produktion dieser Schutzausrüstung ist aber im Zuge der Globalisierung in Billiglohnländer ausgelagert worden, was sich in der Krise als Bumerang erweist.

Fehlende Produktion

Von heute auf morgen können die entsprechenden Kapazitäten auch kaum aufgebaut werden. Versucht wird das nun aber teilweise bei der Produktion von Beatmungsgeräten. Von diesen werden nach Italien auch in mehreren anderen europäischen Ländern ebenfalls viel mehr akut benötigt werden, als derzeit vorhanden sind.

Das ist einer der Hauptgründe, warum die österreichische und andere Regierungen versuchen, den Höhepunkt der Coronavirus-Erkrankungen so weit wie möglich nach hinten zu schieben, damit möglichst wenige Covid-19-Schwerkranke parallel zu Influenza-Kranken ins Spital eingeliefert werden.

Covid-19: Entwicklung bestätigter Fälle und Verstorbener in ausgewählten Staaten am 22.03.2020.
ORF.at, Sozialministerium, Johns Hopkins University

Gemeinsame Bestellung und Verteilung

Das Sozialministerium versucht aber derzeit, Ordnung in die Beschaffung zu bringen. Wie das Ministerium am Wochenende gegenüber ORF.at betonte, werde derzeit gemeinsam mit den Bundesländern der Bedarf erhoben. Es werde alles getan, um „die Versorgungslage in den nächsten Wochen und Monaten bestmöglich sicherzustellen“. Aktuell sei in einzelnen Bundesländern die Versorgung mit Schutzmasken kritisch.

Die Möglichkeiten, Atemschutzmasken wiederaufzubereiten sowie Ausrüstung in Österreich produzieren zu lassen, werde derzeit „mit Hochdruck geprüft“. Jedenfalls wurde eine österreichweit „koordinierte Bestellung und Verteilung von kritischen Produkten“ mit den Ländern vereinbart. Die Beschaffung selbst erfolge gemeinsam mit dem Roten Kreuz.

Erste Lieferung via AUA aus China

In den letzten Tagen gab es laut Sozialministerium mehrere Bestellungen. Dazu nimmt Österreich an einer kurzfristig von der EU-Kommission initiierten gemeinsamen Beschaffung von Schutzausrüstung teil. Am Montag sollen zwei AUA-Maschinen mit Schutzausrüstung aus China landen. Das Material ist vor allem für Tirol und Südtirol bestimmt.

Hilferuf von Ärztekammer-Chef

Am Samstag hatte Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres via Facebook einen Hilferuf in Sachen Schutzkleidung gestartet. Man habe „jetzt zu wenig Masken etc., und wenn die Krankheit ihren Peak hat, reicht es gar nicht mehr aus“, so Szekeres in seinem Posting. „Teilweise werden sogar normale OP-Masken knapp. Dies betrifft den niedergelassenen Bereich und die Spitäler“, so der Präsident auf seiner persönlichen Seite.

Die Ärztekammer versucht laut Szekeres seit mehr als einer Woche, Schutzausrüstung für Gesundheitsberufe zu bekommen. Doch trotz Hilfszusagen selbst von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) klappe es einfach nicht. Auf diese Lage müssten Ärztinnen und Ärzte dringend aufmerksam machen, so Szekeres. Anschober nahm Sonntagabend in der ORF-Sendung „Im Zentrum“ dazu Stellung. Er habe diesbezüglich mit Szekeres auch gesprochen und ihn informiert, dass in den kommenden Tagen Lieferungen von Schutzausrüstung erwartet würden.

Pflegeberufe fordern mehr Schutz

Nach den Ärzten fordern auch die Pflegeberufe mehr Schutzausrüstung im Kampf gegen das Coronavirus. „Beschäftigte in der Pflege, der Alten-, der Behinderten- und der Kinderbetreuung sind besonders gefährdet. Es braucht hier möglichst rasch ausreichend Desinfektionsmittel, Handschuhe und Masken, um diese Berufsgruppen zu schützen“, fordert die Vorsitzende der Gewerkschaft GPA-djp, Barbara Teiber.

Denn Beschäftigte im Pflege- und Sozialbereich seien in besonderem Maße intensivem Kontakt mit Menschen ausgesetzt, oft gerade mit Risikogruppen.

Stadt Wien beruhigt

Keinen Grund zur Sorge sieht Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Es gebe genügend Material auf dem Weltmarkt und es werde jetzt zentral abgestimmt eingekauft. Die Stadt Wien kaufe nun für den gesamten Zentralraum Wien ein – mehr dazu in wien.ORF.at.

Agrana-Alkohol für Desinfektionsmittel

Der Zuckerkonzern Agrana verwendet ab sofort Bioethanol, das eigentlich für Treibstoffe gedacht ist, auch für Desinfektionsmittel. Denn Desinfektionsmittel ist in Österreich seit Wochen Mangelware. Nicht zuletzt weil der dafür nötige Alkohol knapp wurde – mehr dazu in noe.ORF.at.

ÖGK: Bemühen uns um Versorgung von Praxen

Die Österreichische Gesundheitskasse ÖGK wiederum betonte am Sonntag, man bemühe sich darum, die niedergelassenen Arztpraxen mit Schutzmasken zu versorgen. Damit sollen Ärztinnen und Ärzte genauso geschützt werden wie Patientinnen und Patienten, die wegen einer dringenden Behandlung den Gang in die Ordination nicht vermeiden können.

Heer prüft Vogelgrippe-Masken

Das Bundesheer wiederum hat noch im Februar begonnen, Tausende Grippemasken aus der Zeit der Vogelgrippe 2006 auf ihre Tauglichkeit zu prüfen und sie trotz überschrittenem Haltbarkeitsdatum (2016) für brauchbar befunden. Das Prüfverfahren ist allerdings extrem aufwendig. In einer Stunde können zwei Personen gemeinsam fünf Masken prüfen. Damit gelang es laut Bundesheer, bisher Tausende Masken für den Gebrauch freizugeben.