Passant mit Schutzmaske am Times Square in New York
APA/AFP/Kena Betancur
Coronavirus in USA

Große Besorgnis in New York

Von New York bis nach Los Angeles an der Westküste unterliegt fast ein Drittel der 330 Millionen Einwohner und Einwohnerinnen der USA derzeit Ausgangsbeschränkungen. Derzeit gilt die US-Ostküstenmetropole New York als „Epizentrum“ der Coronavirus-Epidemie in den USA. Die Besorgnis ist groß.

Mehr Tests haben die Zahl der Coronavirus-Fälle in New York in den vergangenen Tagen hochschnellen lassen. Der New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio warnte am Sonntag vor einer „neuen Realität“, die Wochen oder Monate andauern werde.

Auf die mit knapp neun Millionen Einwohnern größte Stadt in den USA und ihr Umland kommen bereits mehr als die Hälfte der erfassten Covid-19-Fälle in den Vereinigten Staaten bzw. mit dem Stand von Sonntagabend rund fünf Prozent aller weltweiten Fälle. Das Virus hatte sich zuletzt sprunghaft weiter ausgebreitet.

Leere First Avenue ain New York
Getty Images/Cindy Ord
Die First Avenue in New York ist so gut wie menschenleer.

Nationalgarde und Streitkräfte stehen bereit

Laut Zählung der Johns Hopkins University gab es in den USA bis Montagabend (Ortszeit) fast 46.500 Infektionsfälle und fast 600 Tote. Im Bundesstaat New York gibt es nun bereits etwa 23.300 bestätigte Coronavirus-Fälle – davon allein über 13.000 in der Stadt New York.

Passanten mit Schutzmaske in New York
Reuters/Mike Segar
Passantinnen mit Schutzmasken in New Yorks Chinatown

Vielerorts fehlt es an den nötigen Coronavirus-Tests, weswegen das ganze Ausmaß der Epidemie in den USA wohl noch nicht absehbar ist. Im ganzen Land sind bereits Soldaten der Nationalgarde im Einsatz gegen das Virus, die Streitkräfte bereiten sich bereits auf weitere Missionen vor.

Ausgangsbeschränkungen seit Freitag

Der Druck nach drastischeren Maßnahmen nicht nur in New York wächst, wie etwa die „New York Times“ („NYT“) schrieb. Der Gouverneur des Bundesstaats New York, Andrew Cuomo, fasst auch die Möglichkeit ins Auge, alle gefährdeten Bürgerinnen und Bürger – meist Alte und Kranke – zu isolieren. So könnten jüngere und gesunde Menschen wieder arbeiten und die Auswirkungen auf die Wirtschaft klein gehalten werden, sagte Cuomo am Montag.

New Yorks Bürgermeister De Blasio appellierte am Sonntag an die Bürger „seiner Stadt“ New York, Abstand voneinander zu halten und Spaziergänge und notwendige Einkäufe auf ein Minimum zu beschränken. Ansammlungen von Menschen in Parkanlagen oder auf Spielplätzen seien nicht erlaubt. Mit Sonntagabend mussten Einkaufszentren, Friseursalons, Büchereien und andere „nicht lebensnotwendige Einrichtungen“ schließen.

Passant mit Schutzmaske am Times Square in New York
APA/AFP/Kena Betancur
Auch der sonst so belebte Times Square in New York ist wie ausgestorben

Bereits seit Freitag gelten indes für die 19 Millionen Bewohner des Bundesstaates New York Ausgangsbeschränkungen. Die meisten Firmen dürfen ihre Mitarbeiter nur noch von zu Hause aus arbeiten lassen. Schulen, Museen, Kinos und viele Geschäfte sind schon seit Tagen geschlossen.

Menschenansammlungen großes Problem

Probleme bereiten allerdings die Schließungen der Parks, wie es am Sonntag bei einem Aufruf hieß. Cuomo hatte am Sonntag die New Yorker Stadtverwaltung aufgerufen, gegen die Ansammlungen von Menschen in den Grünzonen und Parks der Stadt vorzugehen und auch die Parks tatsächlich abzuriegeln.

Er forderte auch, generell gegen Menschenansammlungen im öffentlichen Raum verstärkt vorzugehen. Dann hätten auch die Menschen auf den Gehsteigen mehr Platz, so Cuomo laut „NYT“. Etwa 40 bis 80 Prozent der Bevölkerung würden in den kommenden Monaten infiziert werden, warnte Cuomo.

Lazarettschiff soll bald eintreffen

Der Bundesstaat versucht, sich gegen die drohende Welle zu rüsten: Neben einem riesigen Gesundheitszentrum auf einem Messegelände auf der West Side Manhattans werden auch in drei New Yorker Vororten unterdessen Behelfsspitäler eingerichtet. Ein Lazarettschiff des US-Militärs mit 1.000 Betten soll bald eintreffen.

Krankenhauspersonal in New York
Reuters/Andrew Kelly
Krankenhauspersonal in New York

Die Spitäler in New York und Umgebung berichten von immer mehr Patienten und Patientinnen mit CoV-Symptomen. In den Krankenhäusern werden bereits Masken für die Ärzte und Ärztinnen sowie Beatmungsgeräte knapp, wie die „NYT“ schrieb.

Gefängnisinsassen werden entlassen

Ein weiteres großes Problem in den USA sind die überfüllten Gefängnisse. Hier gilt unter Experten die Ansteckungsgefahr als sehr groß. Die 2,2 Millionen Menschen hinter Gittern und auch das Wachpersonal sind laut Experten aufgrund der engen Räume großen Risiken ausgesetzt, wie das „Wall Street Journal“ („WSJ“) schrieb.

Gefängnishof in  San Quentin, Kalifornien
APA/AFP/Justin Sullivan
Die überfüllten US-Gefängnisse – hier San Quentin in Kalifornien – gelten als Gefahr für Insassen und Wärter

In zahlreichen Bundesstaaten, darunter etwas auch New York, Kalifornien und Texas, werden nun Gefängnisinsassen entlassen: Entweder sie wurden wegen geringer Delikte verurteilt oder sie sind alt und/oder krank, so das „WSJ“. Laut US-Medien gibt es in einigen Gefängnissen bereits Coronavirus-Infizierte, auch Wärter wurden bereits positiv getestet.

Dekret gegen Horten von Schutzausrüstung

Die US-Regierung will auch dagegen vorgehen, dass Bürgerinnen und Bürger in der Coronavirus-Krise in großen Mengen Schutzmasken und Desinfektionsmittel horten, um sie überteuert weiterzuverkaufen. US-Präsident Donald Trump sagte am Montag im Weißen Haus in Washington, er habe eine Verfügung unterzeichnet, um ein solches Verhalten zu verbieten und unter Strafe zu stellen.

Bestimmte medizinische Produkte sollten offiziell als knappe Waren eingestuft werden. Bei diesen kritischen Produkten sei es dann verboten, sie in großen Mengen zu horten und zu Wucherpreisen weiterzuverkaufen. Laut US-Justizminister William Barr wurden noch keine Produkte in diese Kategorie eingestuft. Erste Untersuchungen in diesem Bereich seien aber bereits gestartet. „Wenn Sie in einem Lagerhaus mit Masken, Operationsmasken sitzen, dann werden wir an Ihre Tür klopfen“, so Barr in Richtung der Bevölkerung.

Dramatischer Wirtschaftseinbruch prognostiziert

Große Sorge bereitet den USA ganz generell die Wirtschaft. Viele Menschen fürchten wegen des Einbruchs jetzt auch um ihre Jobs. Das genaue Ausmaß der wirtschaftlichen Verwerfungen der Coronavirus-Pandemie ist noch nicht absehbar.

Hinweis Abstand zu halten in Las Vegas
Getty Images/Ethan Miller
In der Unterhaltungsmetropole Las Vegas im US-Bundesstaat Nevada rufen Schilder auf, Distanz zu halten

Viele Analysten und Analystinnen befürchten inzwischen aber einen dramatischen Einbruch im zweiten Quartal und eine Rezession aufs ganze Jahr betrachtet. Erste Daten lassen auch angesichts der Ausgangsbeschränkungen in vielen Bundesstaaten einen rapiden Anstieg der Arbeitslosenquote befürchten.

Gigantisches Hilfspaket

Die US-Notenbank Fed kündigte unterdessen am Montag unbegrenzte Anleihekäufe an, um den Zusammenbruch der US-Wirtschaft zu verhindern, wie die „Washington Post“ („WP“) berichtete. „Es ist klar geworden, dass unsere Wirtschaft vor schweren Störungen und Turbulenzen steht“, zitierte die Zeitung die Fed am Montag.

Hinweis für Journalisten Abstand zu halten
APA/AFP/Eric Baradat
Journalisten und Journalistinnen sollen bei Pressekonferenzen den Abstand voneinander einhalten

Das zur Bekämpfung der Coronavirus-Krise geplante gigantische US-Hilfspaket mit bis zu zwei Billionen Dollar (1,869 Billionen Euro) wartet aber weiterhin auf die Freigabe durch den Senat. Die oppositionellen Demokraten brachten am Montag im US-Senat zum zweiten Mal eine Verfahrensabstimmung zum Scheitern und verhinderten damit eine Debatte über den eigentlichen Gesetzestext. Lediglich 49 der insgesamt 100 Senatoren stimmten dafür, die Debatte zum Hilfspaket zu beginnen. Nötig gewesen wäre eine Mehrheit von 60 Stimmen.

Die Demokraten stören sich vor allem daran, dass das Hilfspaket nicht genügend Hilfen für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie Privathaushalte vorsehe. Wegen des anhaltenden Widerstands der Demokraten warnten die Republikaner vor einem Kurssturz an den US-Aktienmärkten.

U.S. President Donald Trump
Getty Images/Tasos Katopodis
US-Präsident Trump am Sonntag bei einer Pressekonferenz

Trump und das Problem mit der Kur

Der Kongress hat in diesem Monat bereits zwei kleinere Pakete in Höhe von insgesamt gut 100 Milliarden US-Dollar beschlossen, mit dem die Folgen der Covid-19-Epidemie abgefedert werden sollen.

Trump hat bereits vor der Abstimmung signalisiert, dass er auch zu weiteren Konjunkturpaketen bereit sei, falls es Bedarf geben sollte. In den USA wird im November gewählt, und Trump bewirbt sich um eine Wiederwahl – eine Rezession käme ihm da wohl höchst ungelegen.

Doch Trump schien in einem Tweet auch indirekte Kritik an den Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus zu äußern. „Wir können nicht zulassen, dass die Kur schlimmer ist als das Problem selbst“, twitterte der US-Präsident – alles in Großbuchstaben.

Trump will Wirtschaft bald wieder anlaufen lassen

Nach Beendigung der in der Vorwoche verhängten 15-tägigen Sperre sollen Teile der Wirtschaft in weniger stark betroffenen Staaten wieder anlaufen. „Amerika wird wieder und bald offen für Geschäfte sein“ und das „nicht erst in Monaten“, so Trump am Montag. Die Regierung werde nicht zulassen, dass es zu einem langfristigen wirtschaftlichen Schaden komme. Welche Teile der Wirtschaft wann wieder anlaufen sollen, ließ Trump offen.

Weiters kündigte Trump an, dass klinische Studien zur Bekämpfung des Virus mit bereits bekannten Medikamenten beginnen würden. Er wiederholte, dass die Kombination eines Malariamedikaments mit einem anderen Arzneimittel aussichtsreich scheine. Weitere Reisebeschränkungen, auch im Inland, seien derzeit nicht vorgesehen.