Ein Sarg wird in Bergamo wird für den Transport zum Friedhof auf ein militärisches Fahrzeug verladen
AP/Claudio Furlan
Italien

Noch nie so viele Tote an einem Tag

Italien meldet eine neue Höchstzahl an Covid-19-Toten. Die Zahl der Todesopfer kletterte innerhalb von 24 Stunden um 919 auf insgesamt 9.134 Tote, teilte der italienische Zivilschutz Freitagnachmittag mit. Noch nie war seit Beginn der Epidemie am 20. Februar die Zahl der Gestorbenen an einem einzigen Tag so stark gestiegen.

Die Gesamtzahl der Infizierten stieg um fast 6.000 auf 86.498. Damit liegt Italien weltweit etwa gleichauf mit den USA. Die Kurve der Neuinfektionen flachte sich aber nach Aussagen des obersten Gesundheitsinstituts etwas ab – sie hat allerdings noch nicht ihren Höhepunkt erreicht.

Die Totenzahl ist auch deshalb noch höher ausgefallen, weil darin 50 am Vortag nicht berechnete Fälle aus der Region Piemont enthalten sind. „Wir sind noch nicht auf dem Höhepunkt (der Kurve). Aber es gibt positive Anzeichen“, sagte der Präsident des nationalen Gesundheitsinstitutes (ISS), Silvio Brusaferro, in Rom.

„Verlangsamung der Steigung“

Seit dem 19./20. März gebe es eine leichte Abflachung der Kurve der neuen Ansteckungen – die Kurve falle aber noch nicht ab, „wir sind in einer Verlangsamung der Steigung“.

Er warnte eindringlich davor, dass man nun über eine Lockerung der Ausgangssperren nachdenke. Diese müssten strikt eingehalten werden. 80 Prozent der Toten seien über 70 Jahre alt gewesen, so Brusaferro. 50 Prozent der Verstorbenen hätten zudem mindestens drei oder mehr Vorerkrankungen gehabt. Bei den Toten war nicht abschließend geklärt, ob sie mit oder an Covid-19 gestorben sind. Seit dem 10. März dürfen die Menschen im ganzen Land nur noch in Ausnahmefällen aus dem Haus gehen.

541 Tote allein in Lombardei

In der Lombardei, der innerhalb des Landes am stärksten betroffenen Region, wurden 541 zusätzliche Todesopfer gegenüber Donnerstag verzeichnet. Insgesamt lag die Zahl der Coronavirus-Toten in der norditalienischen Region damit bei 5.402. Die Gesamtzahl der Infizierten in der Lombardei wuchs bis Freitag von 22.189 auf 23.895.

Nach der Lombardei sind nach wie vor die Regionen Emilia Romagna und Venetien die am stärksten betroffenen Regionen. In Kärntens Nachbarregion Friaul-Julisch Venetien starben bisher 76 Personen, die Zahl der Infizierten kletterte bis Donnerstag auf 1.317.

44 Ärzte bisher gestorben

Das medizinische Personal zahlt einen hohen Preis für seinen Einsatz im Kampf gegen die Pandemie. 44 Ärzte sind seit Beginn der Epidemie gestorben. Über 6.200 Ärzte und Krankenpfleger haben sich in Italien mit dem Coronavirus infiziert. Das sind neun Prozent aller Infizierten in Italien.

Mattarella fordert Solidarität ein

In einer seiner seltenen Fernsehansprachen rief der italienische Präsident Sergio Mattarella die Europäer zu neuen Initiativen gegen die Bedrohung durch das Coronavirus auf. Die EU müsse reagieren, bevor es zu spät sei. Alte Wege des Denkens, die angesichts des dramatischen Zustands des Kontinents den Bezug zur Realität verloren hätten, müssten überwunden werden: „Ich hoffe, dass jeder die Schwere der Bedrohung Europas vollkommen begreift, bevor es zu spät ist.“

Solidarität sei im gemeinsamen Interesse notwendig, so Mattarella: „Auch heute melden wir eine schmerzhaft hohe Zahl von Todesopfern.“ Italien müsse aber auch bereits an den Neustart denken. „Wir müssen effiziente Instrumente gegen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten für die Zeit nach der Epidemie einsetzen. Beim Wiederaufbau hat unser Volk stets das Beste von sich gegeben.“