Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP)
ORF
Mehr Budget, schnellere Kredite

Regierung baut Kurzarbeit aus

Die Regierung hat am Samstag bei einer Pressekonferenz einen Ausbau der Kurzarbeit angekündigt. Laut Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) wird das Budget für Kurzarbeit von 400 Millionen Euro auf eine Milliarde aufgestockt. Zudem wurde angekündigt, dass Unternehmen mit der AMS-Bewilligung für Kurzarbeit schneller an einen Übergangskredit bei der Hausbank kommen sollen. So sollen Engpässe bei Gehaltszahlungen vermieden werden.

Die Kurzarbeit erweise sich laut Blümel als „höchst flexibles“ und beliebtes Modell. Es brauche aber „mehr Geld als vorgesehen“. Man müsse die Summe aufstocken, aber auch sicherstellen, dass das Geld „schnell bei Unternehmen ankommt“. Aktuell gibt es bei vielen Unternehmen angesichts der anstehenden Gehaltsauszahlungen Liquiditätsengpässe, wenn sie Kurzarbeit beantragt haben, aber kein Kredit ausgezahlt wurde. Denn Kurzarbeitsgeld wird immer erst im Folgemonat ausbezahlt, viele Unternehmen können aber die aktuellen Löhne nicht mehr bezahlen. Die neue Regelung soll das vermeiden.

Konkret soll laut Robert Zadrazil von der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer (WKO) die Bewilligung des AMS für Kurzarbeit reichen, um wenn möglich binnen Stunden einen Kredit bei der Hausbank zu bekommen. Die Tilgung soll dann aus der vom AMS bezahlten Kurzarbeitsentschädigung erfolgen. Gratis sind diese Kredite aber nicht, laut Zadrazil sollen sich Gebühren und Zinsen bei den „gängigen Konditionen“ für Betriebsmittel bewegen. Die gesamte Kreditwirtschaft habe sich dazu bereiterklärt, dies ab jetzt umzusetzen.

„Erleichterter Zugang zu Liquidität für Österreichs Unternehmen“

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und Robert Zadrazil (Obmannstellvertreter der Bundessparte Banken und Versicherungen in der Wirtschaftskammer Österreich) informieren über den erleichterten Zugang zu Liquidität für Österreichs Unternehmen.

Die zweite Möglichkeit zur Vorfinanzierung der Kurzarbeitslöhne wären, neben einem Betriebsmittelkredit der jeweiligen Hausbank, auch Garantien der staatlichen Förderbank aws. Laut Blümel sollen diese Garantien künftig auch rückwirkend anerkannt werden. Eine entsprechende Gesetzesänderung wird seinen Angaben zufolge kommende Woche im Nationalrat beschlossen. Die neuen Maßnahmen seien eine „organisatorische Herausforderung“, man wolle aber alles daran setzen, „pragmatische Lösungen“ zu finden.

30.000 Anträge bei Härtefallfonds

Bei den seit Freitag möglichen Anträgen für Soforthilfe bei Härtefällen gibt es laut Blümel mittlerweile rund 30.000 Anträge bei der WKÖ. 75 Prozent seien bereits erledigt. Aktuell arbeite man aus, wie die zweite Phase gestaltet werden soll. An der Abwicklung hatte es zuletzt Kritik gegeben. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger kritisierte etwa, dass die Hilfe zu langsam komme, FPÖ-Chef Norbert Hofer zeigte sich mit der Abwicklung über die Wirtschaftskammer unzufrieden. Die SPÖ kritisierte, dass die Hilfe zu gering sei.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hatte etwa angekündigt, dass der Kreis der Bezugsberechtigten ausgeweitet wird. „Auch die Mehrfachversicherten und mit höheren Einkommen sollen zum Zug kommen, und auch Unternehmen, die erst nach dem 1.1. dieses Jahres begonnen haben“, sagte Kogler heute im Ö1-Morgenjournal. Es handle sich um „Zigtausende“ Unternehmen und damit um „ausreichend viele, dass wir uns um diese Menschen bemühen“, so Kogler weiter – mehr dazu in oe1.ORF.at. Blümel ließ vorerst offen, wie die zweite Phase gestaltet wird. Die Regeln sollen bis kommende Woche stehen.

Tausende Kredite gestundet

Blümel betonte weiters in der Pressekonferenz, die österreichischen Banken hätten in der Krise bisher 21.500 Kredite gestundet und seit letzter Woche 6,2 Mrd. Euro an neuen Krediten vergeben. In normalen Zeiten üblich wären laut Blümel zwei Mrd. Euro. Zur Frage nach einem Kreditmoratorium wie in Deutschland sagte Blümel: „Wir werden eine einheitliche Lösung auf den Tisch legen“, das werde „Mitte, Ende der Woche“ sein.

Eine Milliarde Euro für Kurzarbeit

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat am Samstagvormittag weitere Unterstützungen für Unternehmen in der Coronavirus-Krise angekündigt.

Der Bund übernehme bis zu neun Mrd. Euro an Garantien und Haftungen, so Blümel, darunter zwei Mrd. Euro über die Kontrollbank (OeKB), 1,25 Mrd. über das aws und eine Mrd. über die Hotel- und Tourismusbank (ÖHT). Es habe bisher 62.700 Anträge auf Steuerstundungen oder -herabsetzungen gegeben, von denen 60.000 bereits positiv erledigt seien, das habe der Wirtschaft zwei Mrd. Euro Liquidität gesichert.

Bei den vier Milliarden an Soforthilfe führte Blümel aus, dass 100 Mio. Euro in die Stütze der 24-Stunden-Pflege geflossen seien, da das Ausbleiben der Pflegerinnen und Pfleger problematisch sei. Für Forschung gebe es 22 Mio. Euro, 130 Mio. Euro seien in den Kauf von medizinischen Produkten geflossen.

Dieter Bornemann (ORF) analysiert Maßnahmen der Politik

ORF-Wirtschaftschef Dieter Bornemann analysiert die Maßnahmen der Politik, die die Mittel für die Kurzarbeit von 400 Millionen auf eine Milliarde Euro aufgestockt.

Einigkeit bezüglich Dividendenzahlung

Sowohl Blümel als auch Bank-Austria-Chef Zadrazil stellten sich zudem hinter die Empfehlung, dass Banken Dividendenzahlungen in der aktuellen Lage unterlassen sollten. „Ich kann mich dieser Empfehlung anschließen“, so Blümel mit Blick auf die Forderung von EZB und Finanzmarktaufsicht nach einem Dividendenverzicht. Und Zadrazil betonte, das sei zwar Sache der Hauptversammlungen, aber: „Ich gehe davon aus, dass diesen Empfehlungen Folge geleistet wird.“

Mahrer will Hilfe für Start-ups

Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer sprach sich unterdessen für Staatshilfe auch für Gründer und Start-ups aus: „Gründer und Start-ups liegen mir besonders am Herzen“, sagte Mahrer. Sie seien enorm wichtig für die Zukunft und genauso wie andere Unternehmen stark von den Einschränkungen durch die Coronavirus-Krise betroffen. Es gehe geschätzt um ca. 6.000 Unternehmen, die derzeit keinen oder nur wenig Anspruch aus anderen Hilfstöpfen wie dem Härtefallfonds haben. Auch für sie brauche es rasch eine Lösung, dafür werde er sorgen, so Mahrer.

Breites Lob für die Aufstockung des Kurzarbeitsbudgets kam von den Sozialpartnern. Arbeiterkammer, ÖGB, Industriellenvereinigung, Handelsverband und WKÖ begrüßten die Ankündigung von Blümel. Laut SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch ist auch die Milliarde wahrscheinlich noch zu wenig.