Ein geschlossenes Geschäft
APA/Robert Jaeger
Kritik an Anspruchskriterien

Rufe nach Änderungen beim Härtefallfonds

Beim Coronavirus-Härtefallfonds sind seit Freitag Zigtausende Anträge auf Unterstützung eingegangen. Nun gibt es Appelle, die Kriterien zu ändern, um mehr Menschen Krisenhilfe zu ermöglichen. Die Regierung kündigte unterdessen einen Ausbau der Kurzarbeit an.

Derzeit können von der Coronavirus-Krise betroffene Einpersonenunternehmen und Kleinstunternehmen mit bis zu neun Angestellten Gelder aus dem vorerst mit einer Milliarde Euro dotierten staatlichen Notfallfonds abrufen. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) will, dass der Kreis der Bezugsberechtigten ausgeweitet wird.

„Auch die Mehrfachversicherten und jene mit höheren Einkommen sollen zum Zug kommen und auch Unternehmen, die erst nach dem 1.1. dieses Jahres begonnen haben“, sagte Kogler am Samstag im Ö1-Morgenjournal. Es handle sich um „Zigtausende“ Unternehmen und damit „ausreichend viele, dass wir uns um diese Menschen bemühen“. Mehrere Ministerien würden hier mit der Wirtschaftskammer (WKÖ) verhandeln, die den Härtefonds abwickelt – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne)
APA/Georg Hochmuth
Zukünftig sollen laut Kogler mehr Betroffene Anträge auf Unterstützung aus dem Härtefallfonds stellen können

„Gefährlicher Dilettantismus“

SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter kritisierte daraufhin prompt Kogler und ortet „gefährlichen Dilettantismus“, weil zwei Wochen nach der Verordnung für die Soforthilfen, die ohnehin viel zu gering dotiert worden seien, ebendiese Verordnung wieder revidiert wird. Dieses dilettantische Vorgehen habe binnen weniger Tage zu mehr als 170.000 zusätzlichen Arbeitslosen geführt, nun fordert Matznetter ein Ende „dieses Herumwurstelns“ bei der Wirtschaftshilfe. „Die Unternehmen brauchen rasche Hilfe und vor allem Klarheit.“

Kritik an den Anspruchskriterien

Kritik an den Anspruchskriterien kommt auch vom Vizebundesparteiobmann der FPÖ und Landeshauptmann-Stellvertreter von Oberösterreich, Manfred Haimbuchner. Personen mit Mehrfachversicherung in der Kranken- und/oder Pensionsversicherung könnten keine Gelder aus dem Härtefallfonds für Selbstständige beziehen. „Das ist ein Skandal“, so der FPÖ-Politiker. Auch Einpersonenunternehmen (EPU) mit Nebenerwerb über der Geringfügigkeitsgrenze seien ausgeschlossen, kritisiert er.

NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn ortet im Härtefallfonds ein „Bürokratiemonster“, bei dem die Auszahlungen nur holprig stattfinden würden. Das sei nach existenzbedrohenden 14 Tagen, in denen kein Cent geflossen sei, ein Schlag ins Gesicht aller Österreicherinnen und Österreicher, die dringendst Hilfe benötigen.

Das Ministerium habe einen Umweg gemacht, die Unternehmer seien zu „Bittsteller“ der Wirtschaftskammer geworden – „eine Zumutung“. Man biete der Regierung an, neue Richtlinien gemeinsam zu entwickeln, damit Wirtschaftshilfen endlich unbürokratisch fließen könnten.

Mahrer pocht auf Hilfe für Start-ups

Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer macht sich für Staatshilfe auch für Gründer und Start-ups stark. Sie seien enorm wichtig für die Zukunft und stark von den Einschränkungen durch die Coronavirus-Krise betroffen. Es gehe geschätzt um ca. 6.000 Unternehmen, die derzeit keinen oder nur wenig Anspruch aus Hilfstöpfen haben. Auch für sie brauche es rasch eine Lösung, dafür werde er sorgen, verspricht Mahrer.

Anträge an den Härtefallfonds können auf der Website der WKÖ beantragt werden. Bis Samstagabend waren 46.000 Anträge eingegangen, davon wurden 80 Prozent bereits bearbeitet. Alle bis Sonntagabend positiv erledigten Anträge werden am Montag zur Überweisung angewiesen, so die Wirtschaftskammer.

Regierung baut Kurzarbeit aus

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) kündigte am Samstag bei einer Pressekonferenz unterdessen den Ausbau der Kurzarbeit an. Das Budget sei von 400 Millionen Euro auf eine Milliarde aufgestockt worden. Zudem müsse auch sichergestellt werden, dass das Geld schnell bei den Unternehmen ankomme, so Blümel.

Aktuell gibt es bei vielen Unternehmen angesichts der anstehenden Gehaltsauszahlungen Liquiditätsengpässe, wenn sie Kurzarbeit beantragt haben, aber kein Kredit ausgezahlt wurde. Denn Kurzarbeitsgeld wird immer erst im Folgemonat ausbezahlt, viele Unternehmen können aber die aktuellen Löhne nicht mehr bezahlen. Die neue Regelung soll das vermeiden.

Regierung baut Kurzarbeit aus

Die Regierung will jetzt auf die massive Kritik an den bisher bekannten Wirtschaftshilfen eingehen und nachbessern.

Schnellere Kredite

Konkret soll laut Robert Zadrazil von der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer die Bewilligung des Arbeitsmarktservice (AMS) für Kurzarbeit reichen, um – wenn möglich – binnen Stunden einen Kredit bei der Hausbank zu bekommen. Die Tilgung soll dann aus der vom AMS bezahlten Kurzarbeitsentschädigung erfolgen. Gratis sind diese Kredite aber nicht, laut Zadrazil sollen sich Gebühren und Zinsen bei den „gängigen Konditionen“ für Betriebsmittel bewegen. Die gesamte Kreditwirtschaft habe sich dazu bereiterklärt, das ab jetzt umzusetzen.

Die zweite Möglichkeit zur Vorfinanzierung der Kurzarbeitslöhne wären, neben einem Betriebsmittelkredit der jeweiligen Hausbank, auch Garantien der staatlichen Förderbank aws. Laut Blümel sollen diese Garantien künftig auch rückwirkend anerkannt werden. Eine entsprechende Gesetzesänderung wird seinen Angaben zufolge kommende Woche im Nationalrat beschlossen. Die neuen Maßnahmen seien eine „organisatorische Herausforderung“, man wolle aber alles daran setzen, „pragmatische Lösungen“ zu finden.