Leere Straße in New York City, im HIntergrund die Brooklyn Bridge
Reuters/Jeenah Moon
Quarantäneplan

Trump lässt New York – noch – offen

In einigen Teilen der USA greift das Coronavirus besonders schnell um sich. Im Fokus steht die Millionenmetropole New York und der gleichnamige Bundesstaat. US-Präsident Donald Trump dachte nun laut darüber nach, ganz New York unter Quarantäne zu stellen. Das wird aber – zumindest vorerst – nicht kommen.

„Einige Leute würden New York gerne unter Quarantäne gestellt sehen, weil es ein Hotspot ist“, sagte Trump am Samstag im Garten des Weißen Hauses. Bei einer Ansprache in Norfolk im US-Bundesstaat Virginia stellte er in Aussicht, darüber „ziemlich bald“ zu entscheiden. Über Reisebeschränkungen werde auch für New Yorks Nachbarstaaten New Jersey und Connecticut nachgedacht, sagte Trump. Handel und Warenverkehr sollen davon nicht betroffen sein.

Stunden nach der Andeutung, ganz New York könnte abgeriegelt werden, ging Trump wieder auf Distanz zu der Idee. „Eine Quarantäne wird nicht notwendig sein“, schrieb Trump am Samstag (Ortszeit) auf Twitter und bezog sich damit auf zuvor geäußerte Überlegungen, besonders betroffene Landesteile unter Quarantäne zu stellen.

US-Präsident Donald Trump vor einer Reihe von US-Flaggen
Reuters/Kevin Lamarque
Eigentlich würde er „es lieber nicht tun, aber vielleicht brauchen wir es“, kommentierte Trump die mögliche Quarantäne

New York als Zentrum der Pandemie

Der US-Ostküstenstaat New York mit der gleichnamigen Millionenmetropole hat sich zum Zentrum der Coronavirus-Pandemie in den USA entwickelt. Am Samstag stieg die Zahl der nachgewiesenen Infektionen in New York, New Jersey und Connecticut zusammen auf mehr als 62.000 – das sind mehr als die Hälfte aller Fälle in den USA.

Gerade in New York wurde aber auch deutlich mehr getestet als in anderen Landesteilen. Insgesamt starben der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore zufolge in den USA bisher mehr als 2.000 Menschen – mehr als 700 davon kamen aus dem Staat New York.

Trump sagte, viele New Yorker würden derzeit nach Florida reisen, und „das wollen wir nicht“. Mit Blick auf mögliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit meinte der Präsident: „Ich würde es lieber nicht tun, aber vielleicht brauchen wir es.“ Für den Fall, dass solche Maßnahmen ergriffen werden müssten, würden diese für kurze Zeit gelten. Trump sprach von einem Zeitraum von zwei Wochen.

Gouverneur des Bundesstaats New York Andrew Cuomo
Reuters/Mike Segar
Der New Yorker Gouverneur, Andrew Cuomo, hat laut eigener Aussage noch keine genaueren Anweisungen erhalten

Cuomo: „Weiß nicht, was das bedeutet“

Der Gouverneur des Bundesstaates New York, Cuomo, reagierte zurückhaltend auf Trumps Aussagen. „Ich habe nicht mit ihm über irgendeine Quarantäne gesprochen“, sagte Cuomo bei seiner täglichen Pressekonferenz. „Ich weiß nicht einmal, was das bedeutet.“ Er wisse auch nicht, wie eine solche Regelung rechtlich durchgesetzt werden solle.

Eine angedachte Reisebeschränkung würde seiner Meinung nach ins Chaos führen. Eine solche Maßnahme werde wirtschaftliche Verwerfungen zur Folge haben, sagte Cuomo am Samstag dem TV-Sender CNN. Die Börsen würden „sinken wie ein Stein“, die Wirtschaft könnte sich Monate oder Jahre nicht davon erholen. Zudem sei ihm nicht klar, wie Trump solche weitreichenden Reisebeschränkungen auch rechtlich umsetzen wolle, sagte Cuomo. „Ich glaube, es ist illegal.“

Kritik: Zu spät reagiert

Trump hatte die Tragweite des Coronavirus noch bis vor einem Monat heruntergespielt. Ihm wird vorgeworfen, zu zögerlich auf die Krise reagiert zu haben, und dass die Pandemie das Land in der Folge kalt erwischt habe. Mitte März hatte Trump einen Einreisestopp für Reisende aus Europa verhängt, um die Ausbreitung des Virus zu bremsen. Die Möglichkeit von Reisebeschränkungen innerhalb des Landes hatte er im Fall von sich entwickelnden Hotspots nicht ausgeschlossen. Bisher sah die Regierung von Maßnahmen dieser Art allerdings ab.

Am Freitag ermächtigte Trump Verteidigungsminister Mark Esper zur Einberufung von Reservisten. In einem Schreiben an die Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern im Kongress hieß es, damit sollten bereits aktive Kräfte in der Reaktion auf die Coronavirus-Krise unterstützt werden. Derzeit unterstützen bereits mehr als 12.000 Soldaten der Nationalgarde örtliche Behörden.

Experten: Lage wird sich weiter verschlechtern

Experten und Expertinnen erwarten, dass sich die Lage in den USA weiter verschlechtern wird, bevor mit einer Beruhigung gerechnet werden kann. Die University of Washington etwa hält einer Studie zufolge in den kommenden vier Monaten mehr als 81.000 Virustote in den USA für möglich. Manche Schätzungen gingen sogar von der doppelten Zahl aus, andere dagegen von 38.000 Todesopfern, sagte Studienleiter Christopher Murray. Bis Juni könnte die Welle abebben, so Murray.

Cuomo erwartet den Höhepunkt der Infektionswelle für seinen Bundesstaat in zwei bis drei Wochen. Trump selbst geht davon aus, dass die USA die Krise bis spätestens August überwunden haben werden.

US-Präsident Donald Trump und US-Verteidigungsminister vor dem Lazarettschiff der US-Navy
Reuters/Kevin Lamarque
Trump und Esper vor dem Lazarettschiff der US-Navy

Schiff als Lazarett

Trump verabschiedete am Samstag in Norfolk das Lazarettschiff „Comfort“, das in New York Krankenhäuser entlasten und dort am Montag eintreffen soll. „Ihr habt die unerschütterliche Unterstützung der gesamten Nation, der gesamten Regierung und des gesamten amerikanischen Volkes“, sagte Trump vor dem Auslaufen des Schiffs in einer Ansprache an die New Yorker gerichtet.

Das Schiff mit seinen 1.000 Betten solle eine „Botschaft der Hoffnung und Solidarität“ senden, sagte Trump. Mit Blick auf das Virus beklagte er: Länder auf der ganzen Welt würden derzeit „von diesem fürchterlichen, unsichtbaren Feind angegriffen“.

Neben dem Schiff und bereits aufgebauten Krankenhäusern sind vier weitere provisorische Notkliniken geplant. Gebäude sollen in den Stadtteilen Brooklyn, Queens, Staten Island und der Bronx umfunktioniert werden, sagte Cuomo.

Reportage aus New York

In einigen Teilen der USA greift das Coronavirus besonders schnell um sich. Im Fokus steht die Millionenmetropole New York und der gleichnamige Bundesstaat.

Zu wenige Beatmungsgeräte

In New York hatten lokale Behörden immer wieder gewarnt, dass die Kapazitäten der Krankenhäuser dort nicht ansatzweise auf die Ansteckung weiter Teile der Bevölkerung vorbereitet seien. Für den Bundesstaat rechnet die Regierung mit einem Bedarf von 30.000 Beatmungsgeräten. Im Moment gibt es nach Angaben vom Freitag nur etwa 11.000. Lokalen Medien zufolge könnten die Kliniken in den kommenden Tagen punktuell erstmals an ihre Kapazitätsgrenze gelange.

Vorwahlen werden verlegt

New York City ist mit über acht Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen die größte US-amerikanische Stadt und eines der kulturellen und wirtschaftlichen Zentren der Welt. Restaurants, Bars, Schulen, Museen und Broadwayshows sind geschlossen. Alle Bürger sind aufgerufen, zu Hause zu bleiben, „nicht lebenswichtige“ Einrichtungen und Firmen sind geschlossen. In den Bundesstaaten New York, New Jersey und Connecticut leben mehr als 30 Millionen Menschen.

Aufgrund der Krise verlegt New York auch seine Vorwahlen im Präsidentschaftsrennen. Statt am 28. April würden die Abstimmungen nun am 23. Juni stattfinden, sagte Gouverneur Cuomo heute. Damit folgt New York einer Reihe weiterer Staaten, die ihre Wahlen angesichts der Pandemie bereits verschoben haben. Im Rennen der Demokraten liegt der ehemalige Vizepräsident Joe Biden vor Senator Bernie Sanders.