Eine Schwangere sitzt mit einem Handy an einem Fenster
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„Man muss flexibel sein“

Schwanger in Zeiten der Pandemie

In Krankenhäusern und Arztpraxen läuft im Moment vieles anders ab als sonst. Einige Praxen sind geschlossen, nicht dringende Termine werden auf unbestimmte Zeit verschoben. Viele schwangere Frauen verunsichert derzeit, dass im Moment so einiges nicht planbar ist, etwa ob eine Begleitperson zur Geburt mitkommen darf. Von Last-Minute-Entscheidungen wegen der Coronavirus-Pandemie raten Hebammen jedenfalls ab.

Dass sich alles jederzeit ändern kann, erlebte ein Paar, dessen Sohn eine Woche nach Beginn der Sicherheitsmaßnahmen in einem Wiener Krankenhaus zur Welt kam. „Im Vorhinein wurde uns versichert, dass eine Begleitperson erlaubt ist – allerdings auch, dass sich das jederzeit ändern kann“, so der Vater gegenüber ORF.at.

Als das Paar am Tag des Kaiserschnitts im Krankenhaus ankam, seien viele Sicherheitsleute im Eingangsbereich gewesen. Trotz des Hinweises, dass er seine Frau zur Geburt begleite, wurde er nicht hineingelassen. „Ich bin geknickt draußen geblieben, meine Frau ist sehr unglücklich alleine hineingegangen.“ Er habe dann direkt in der Wochenstation angerufen, wo es wiederum hieß, dass er mitkommen dürfe.

„Die interne Kommunikation hätte besser sein können“, so der Vater, er wolle aber niemandem einen Vorwurf machen – „es ist für alle eine Ausnahmesituation“. Auf der Wochenstation sei dem Paar das Gefühl gegeben worden, es sei ganz selbstverständlich, dass der Partner bei der Geburt dabei ist.

Mit FFP1-Maske in den Kreißsaal

Die Atmosphäre in den Krankenhäusern sei „schon anders als bisher“ – nicht zuletzt aufgrund der besonders strengen Sicherheits- und Hygienebestimmungen, so Beate Kayer vom Österreichischen Hebammengremium, der gesetzlichen Standesvertretung aller freiberuflichen und in Krankenhäusern angestellten Hebammen in Österreich, im Interview mit ORF.at. Bei werdenden Müttern sei zwar Verunsicherung zu spüren, die Erfahrungen der letzten Wochen hätten aber auch gezeigt, dass „die Gebärenden gut mit der momentanen Situation umgehen können“.

Neugeborenes in einem OP-Saal
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Begleitpersonen sind willkommen, die Gesundheit von Müttern, Neugeborenen und Krankenhauspersonal geht aber vor

Das Gesundheitsministerium veröffentlichte vergangene Woche eine bundesweite Empfehlung, in der es heißt: „Väter (bzw. eine Begleitperson) sind grundsätzlich bei Geburten willkommen, um ihre Partnerinnen zu unterstützen.“ Die Bedingungen: Bei der Begleitperson dürfen keine grippalen Symptome oder Fieber bestehen, und sie muss eine FFP1- oder OP-Maske tragen.

Nach der Geburt und der Versorgung des Neugeborenen müsse die Begleitperson das Krankenhaus allerdings wieder verlassen. Aus Sicherheitsgründen dürfe zudem bis zur Entlassung von Mutter und Kind kein weiterer Besuch im Krankenhaus stattfinden. Da es sich dabei lediglich um Empfehlungen handelt, könnten Krankenhäuser auch weiterhin individuell entscheiden, so das Gesundheitsministerium auf Nachfrage von ORF.at.

Planen „nur von Woche zu Woche“

„Wir würden uns auf alle Fälle gegen ein Krankenhaus entscheiden, wenn es dort nicht erlaubt ist, dass meine Partnerin mit zur Geburt kommt“, so Nora Jacobs, die im fünften Monat schwanger ist. Planen könne man allerdings im Moment ohnehin nur von Woche zu Woche. Die Ungewissheit sei nicht einfach – aber „man muss flexibel sein“.

Vor zwei Wochen sei etwa die anstehende Mutter-Kind-Pass-Untersuchung kurzfristig verschoben worden. Ob der neue Termin kommende Woche stattfinden wird, weiß Jacobs nicht. „Auch wenn die Kontrolluntersuchungen wegen der aktuellen Situation später nachgeholt werden können – für mich und meine Partnerin wäre es schon gut zu sehen, dass es dem Baby gut geht“, so Jacobs im Gespräch mit ORF.at. Und auch, ob das bald anstehende Organscreening – eine Kontrolluntersuchung, für die es nur ein bestimmtes Zeitfenster gibt – durchgeführt werden kann, sei unklar.

Keine Auswirkungen auf Kinderbetreuungsgeld

Da aufgrund der derzeitigen Situation nicht unbedingt erforderliche Kontakte eingeschränkt werden sollen, rät das Gesundheitsministerium, nicht dringende Arzttermine aufzuschieben. Dass die im Mutter-Kind-Pass vorgeschriebenen Untersuchungen angesichts der Coronavirus-Krise verschoben werden können, ohne dass es zu einer Kürzung des Kinderbetreuungsgeldes kommt, gab Familienministerin Christine Aschbacher (ÖVP) schon Mitte März bekannt.

Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen seien sinnvoll, weil man Komplikationen oft besser und einfacher entgegenwirken kann, wenn man sie frühzeitig erkennt, sagt Kayer. Deshalb sei es „schon klug“, sie wie vorgesehen zu machen. Ob man die eine oder andere Untersuchung verschieben oder ganz auslassen kann, lasse sich nur im jeweiligen Einzelfall entscheiden. Kayer rät Frauen, sich dazu mit ihrer Fachärztin und ihrer Hebamme zu beraten.

Last-Minute-Entscheidungen nicht zu empfehlen

Hausbesuche durch Hebammen nach der Geburt seien zurzeit allerdings wichtiger denn je, „weil viele Frauen sehr viel früher nach der Geburt, als sie das geplant hatten, aus dem Krankenhaus nach Hause gehen“, so Kayer. Auch das Gesundheitsministerium empfiehlt: „Eine möglichst frühe Entlassung soll forciert werden, sofern dies medizinisch vertretbar ist. Dabei sollen verstärkt Kooperationen mit niedergelassenen Hebammen zur Wochenbett-Betreuung zu Hause gesucht werden.“

Überstürzte Änderungen des Geburtsplans kann Kayer aber nicht empfehlen: „Von einer Last-Minute-Entscheidung für eine Hausgeburt wegen geänderter Rahmenbedingungen im Krankenhaus raten wir ab.“ Denn eine Hausgeburt setze entsprechende Vorbereitung und eine Schwangerschaft ohne Komplikationen voraus. Ähnliches – wenn auch in geringerem Ausmaß – gelte auch für eine ambulante Geburt.

Geburtsvorbereitung per Skype oder Zoom

Hausbesuche können – „mit mehr Abstand zur Frau und zum Baby“ – nach wie vor persönlich stattfinden, so Kayer, und wenn möglich auch über Telemedizin. Zur Vorbereitung würden viele Hebammen auch Kurse online anbieten, die von den Schwangeren „sehr gut angenommen“ werden. Auch Jacobs hat „auf alle Fälle“ vor, Hebammenberatung über Skype oder Zoom zu nutzen: „um Fragen stellen zu können, Feedback zu bekommen und vielleicht auch, um unsere Hebamme, nach der wir noch suchen, kennenzulernen“.

Schwangere mit Schutzmaske
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Schwanger in Zeiten des Coronavirus heißt, wie für alle, Abstand zu halten und Mundschutz zu tragen

Aktuell sei es natürlich gut, wenn Hebammen die Frauen online betreuen und beraten können, so Kayer. Die Hebamme ist aber überzeugt, „dass wir nach der Corona-Pandemie mit der Hebammenarbeit die virtuelle Welt wieder recht rasch zugunsten von echtem zwischenmenschlichen Kontakt und Berührungen verlassen werden“.

Forderung nach vorzeitigem Mutterschutz

Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) forderte unterdessen am Donnerstag einen Anspruch auf vorzeitigen Mutterschutz. Schwangere Arbeitnehmerinnen sollen in der aktuellen Ausnahmesituation die Möglichkeit haben, früher in den Mutterschutz zu gehen, so ÖGB-Frauenvorsitzende und Vizepräsidentin Korinna Schumann und GPA-djp-Vorsitzende Barbara Teiber.

Es gebe zwar bis dato keine Hinweise darauf, dass Covid-19 auf das Kind im Mutterleib übertragbar ist, dennoch seien besondere Schutzmaßnahmen für werdende Mütter notwendig – vor allem für schwangere Arbeitnehmerinnen mit Kundenkontakt, so die Gewerkschaftsvertreterinnen. Denn vielfach sei es in Industrie oder Handel, wo sehr viele Frauen arbeiten, aktuell kaum möglich, den erforderlichen Mindestabstand einzuhalten.