Eine Pflegerin überzieht in einem Pflegeheim ein Bett
ORF.at/Christian Öser
CoV-Risiko in Pflegeheimen

Hilferuf nach Tests und Schutz für Personal

Die großen Träger von Pflegeeinrichtungen – Caritas, Diakonie, Hilfswerk und Volkshilfe – haben sich am Donnerstag mit einem Hilferuf an Bund und Länder gewandt. „Unser Pflegepersonal hat nach wie vor nicht ausreichend Schutzbekleidung zur Verfügung. Wir appellieren, Pflege und Betreuung bei der Ausstattung mit Schutzbekleidung prioritär zu behandeln.“

Prävention im Bereich der Langzeitpflege sei von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung der Infektionsrate, sagte Maria Katharina Moser, Direktorin der Diakonie Österreich: Länder wie Singapur, Südkorea, aber auch China, die erfolgreich bei der Eindämmung waren, hätten diesen Bereich besonders bedacht und mit Schutzbekleidung ausgestattet. Diese sei das Um und Auf, aber auch für den Pflegebereich gelte „Testen, testen, testen“.

„Bleibt eine Infektion unerkannt, ist zu befürchten, dass sich rasch 50 bis 80 Prozent der Bewohner in einer Pflegeeinrichtung infizieren“, so Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin von Hilfswerk Österreich. So müssten etwa Personen, die vom Krankenhaus zurück ins Pflegeheim kommen, unbedingt vorher getestet werden.

Risiko bis zu 1.000-mal höher

Die Organisationen verwiesen darauf, dass die Maßnahmen in ihrem Bereich wesentlich dafür seien, dass das Gesundheitssystem nicht zusammenbricht. Das Risiko, ein Krankenhausbett oder eine Intensivbehandlung zu brauchen, ist bei alten, pflegebedürftigen Personen 100- bis 1.000-mal höher als bei jungen, gesunden Personen, heißt es. In Österreich werden 95.000 Menschen in Pflegeheimen versorgt, 153.000 nehmen mobile Dienste und 25.000 24-Stunden-Betreuung in Anspruch.

Pflegeheime „dürfen nicht zu Corona-Hotspots werden“

Für den Fall, dass eine pflegebedürftige Person erkrankt, wünschen sich die Organisationen bundeseinheitliche Richtlinien. „Der Pflegebereich liegt in der Verantwortung der Länder, und deren Vorgaben sind teils sehr unterschiedlich, teils gibt es keine klaren Vorgaben.“ Das führe bei den Verantwortlichen zu großer Verunsicherung, so Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe.

„Wir brauchen dringend mehr und effektiven Schutz vor Coronaviren in den Pflege- und Seniorenheimen“, forderte auch der Präsident des Pensionistenverbandes Österreichs, Peter Kostelka. Es gelte, die Einschleppung des Virus durch Betreuungskräfte und medizinisches Personal zu verhindern. „Die Pflegeheime dürfen nicht zu Corona-Hotspots werden, das wäre fatal.“

Bewohner in Graz verlegt

In Wien gibt es mittlerweile in zehn von 30 Heimen des Kuratoriums Wiener Pensionistenwohnhäuser nachgewiesene Infektionen bei Bewohnern, wie das Ö1-Morgenjournal am Donnerstag berichtete. In Straßengel bei Graz sind zwölf von 22 Mitarbeitern einer Seniorenresidenz infiziert, fünf Bewohner liegen im Spital – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Am Abend wurde bekannt, dass 16 Bewohner eines Pflegeheims im Bezirk Graz-Umgebung am Donnerstag vorsorglich in Spitäler verlegt wurden. Zuvor sei bei einer von der Bezirkshauptmannschaft beauftragten Kontrolle festgestellt worden, „dass die medizinische und pflegerische Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner nicht im erforderlichen Ausmaß sichergestellt werden kann“, so das Land Steiermark in einer Aussendung.

Die betroffenen Personen wurden zwischenzeitlich im LKH Graz-West, im Universitätsklinikum Graz und im LKH Hochsteiermark (Standort Leoben) untergebracht. Es handle sich um eine „vorbeugende Maßnahme“ zum Schutz sowohl für die Bewohner als auch für die Mitarbeiter des Heimes. Der genaue Standort oder Name des Pflegeheims wurde nicht kommuniziert.

Schnittstelle Spital – Pflegeheim als weiteres Problem

Ein weiteres großes Problem sei die Schnittstelle zwischen Krankenhäusern und Pflegeheimen, so der Vorstand der ARGE Heime Steiermark, Christof Zamberger, zum ORF Steiermark. „Wenn ein Bewohner vom Krankenhaus zurück ins Heim kommt, gibt es keine automatischen Testungen“, so Zamberger. Dieser Bewohner müsse automatisch als Verdachtsfall eingeschätzt werden. Er müsse in ein Isolierzimmer. „Und dann sind wir wieder bei dem Problem der fehlenden Schutzausrüstung“, sagte Zamberger – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Im Burgenland werden indes Bewohnerinnen und Bewohner von Altenwohn- und Pflegeheimen künftig nur mit einem negativen Coronavirus-Test aus dem Spital entlassen. Sie müssen vor ihrer Entlassung getestet werden und dürfen nur bei einem negativen Ergebnis in ein Heim übernommen werden, teilte Soziallandesrat Christian Illedits (SPÖ) am Mittwoch mit – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Auch in Oberösterreich gibt es mittlerweile in mindestens zwölf Heimen Fälle, wie das Ö1-Morgenjournal weiter berichtete. In Peuerbach wurde zunächst eine Mitarbeiterin positiv getestet, so Sozialverband-Obmann Christoph Schweitzer. Beim Durchtesten aller Mitarbeiter seien dann vier positive Fälle festgestellt worden.