Jourova: „Europa schaut darauf, was in Ungarn geschieht“

Ungarn steht wegen des Notstandsgesetzes in der Coronavirus-Krise nach Angaben von EU-Kommissarin Vera Jourova unter besonderer Beobachtung. „Ganz Europa schaut darauf, was in Ungarn geschieht“, sagte die Vizepräsidentin der EU-Kommission der dpa in Brüssel. Zugleich brachte die tschechische Politikerin ihre Bedenken an dem Gesetz zum Ausdruck.

Besonders problematisch sei, dass kein Ende des Notstands angegeben sei sowie die Kriminalisierung von Desinformation, wozu auch Kritik an der Regierung gehören könnte. Die EU-Behörde analysiere das Gesetz derzeit und werde seine Anwendung genau beobachten.

Internationale Kritik

Der rechtspopulistische ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hatte sich vom Parlament mit umfassenden Sondervollmachten zur Bewältigung der Coronavirus-Pandemie ausstatten lassen. So kann er ohne zeitliche Befristung und gegebenenfalls ohne parlamentarische Kontrolle auf dem Verordnungsweg regieren.

Das Notstandsgesetz hatte im In- und Ausland Kritik und Besorgnis ausgelöst. Es sieht auch vor, dass die Verbreitung von Falschnachrichten streng bestraft wird, sodass Journalisten und Journalistinnen um kritische Berichterstattung fürchten.

Hahn in „großer Besorgnis“

Auch EU-Budgetkommissar Johannes Hahn hat kein Verständnis für das Notstandsgesetz. Der ÖVP-Politiker, der auch Vizepräsident der Europäischen Volkspartei (EVP) ist, sagte im Ö1-Frühjournal, dass er wegen dieser Entwicklung in „großer Besorgnis“ sei.

„Der Umstand, dass wir 14 Staaten haben, die mit Notstandsgesetzgebung arbeiten, davon 13 unter voller parlamentarischer Kontrolle, sehr oft mit Regierungen, die gar keine Mehrheit normalerweise im Parlament haben, zeigt, dass das sehr wohl möglich ist. Und umso weniger habe ich ehrlich gesagt Verständnis und eine Erklärung dafür, warum Viktor Orban diesen Weg wählt, zumal ja seine Regierung als einzige in Europa sich auf eine Zweidrittelmehrheit im ungarischen Parlament berufen kann“, sagte Hahn.