Anthony Fauci
Reuters/Kevin Lamarque
Trump-Berater übt Kritik

„Es hätten Leben gerettet werden können“

Der Berater von US-Präsident Donald Trump in der Coronavirus-Pandemie, der Virologe Anthony Fauci, hat einen Bericht bestätigt, wonach die USA zu spät auf die Krise reagierten. Es hätten Leben gerettet werden können, wenn öffentliche Einrichtungen früher geschlossen worden wären, sagte Fauci am Sonntag dem Sender CNN.

Fauci, der bereits sechs US-Präsidenten in Folge beriet, sagte, es habe anfangs großen Widerstand gegeben, das öffentliche Leben herunterzufahren. Den Präsidenten nannte er dabei aber nicht namentlich. Er bestätigte zudem, dass er und andere Experten bereits im Februar für strikte Maßnahmen plädierten. „Natürlich wäre es nett gewesen, wenn wir einen größeren Vorsprung gehabt hätten, aber ich denke nicht, dass man sagen kann, dass wir wegen eines Faktors allein dort stehen, wo wir im Moment stehen“, so Fauci. „Es ist sehr kompliziert.“

Ranghohe Berater des Präsidenten hatten Medienberichten zufolge bereits Ende Jänner vor einer Coronavirus-Pandemie gewarnt, in deren Folge Hunderttausende Amerikaner ums Leben kommen könnten. Trump selbst beteuerte noch bis Anfang März öffentlich, das Virus sei für die USA kein Grund zur Sorge.

Donald Trump und Anthony Fauci
AP/Evan Vucci
Fauci, der US-Präsident Donald Trump im Kampf gegen Pandemie berät, hätte sich einen größeren Vorsprung im Kampf gegen die Pandemie gewünscht

Trump über Bericht: „Fake News“

Die „New York Times“ hatte zuletzt am Samstag über Trumps Vorgehen in der Anfangsphase der Coronavirus-Krise berichtet und kritisiert, der Präsident habe „das Ausmaß des Risikos nur langsam zur Kenntnis genommen“ und nicht rechtzeitig reagiert. Stattdessen habe er sich darauf konzentriert, die Wirtschaft zu schützen und Warnungen zurückzuweisen.

Am Sonntagabend verurteilte Trump den Zeitungsartikel der „New York Times“ als „Fake News“. Der Bericht sei „ein Fake, genau wie die ‚Zeitung‘ selbst“, schrieb der Präsident auf Twitter. Er verwies auf den von ihm früh verhängten Reisebann gegen China, lange bevor andere Länder das getan hätten. Dennoch sei er dafür kritisiert worden. Zudem postete Trump ein Interview mit Fauci, in dem dieser sagte, die USA hätten „zu Beginn der Krise keine korrekten Informationen erhalten“. Er retweetete zudem einen Aufruf, Fauci zu feuern.

Warnung vor vorschnellen Erleichterungen

Indes wurden auch Warnungen vor einer zu schnellen Lockerung der Maßnahmen in den USA laut. So warnte etwa der Gouverneur des besonders hart betroffenen Bundesstaats New York, Andrew Cuomo, vor vorschneller Erleichterung. Ein „großer Rückgang“ in den Totenzahlen sei noch nicht zu beobachten, betonte Cuomo.

Fauci hatte zuvor die vorsichtige Hoffnung geäußert, dass die USA möglicherweise im Mai damit beginnen könnten, ihre Abschottungsmaßnahmen etwas zu lockern. Die Lage werde Ende April beurteilt, und dann würden entsprechende Entscheidungen getroffen, sagte Fauci zu CNN. Sollte die Lage aber keine Lockerungen zulassen, würden die Ausgangsrestriktionen unverändert fortgesetzt.

Trump will Expertengremium vorstellen

Trump hatte angekündigt, am Dienstag ein Expertengremium vorzustellen, das über eine Lockerung der Einschränkungen beraten soll. Diesem „Rat zur Öffnung unseres Landes“, wie Trump ihn nannte, würden „großartige Ärzte und Geschäftsleute“ sowie parteiübergreifende Experten angehören. Die Entscheidungen über die Ausgangsbeschränkungen liegen in den USA allerdings überwiegend in den Händen der Bundesstaaten sowie kommunalen Behörden und nicht in denen der Bundesregierung in Washington.

US-Gesundheitsexperten fordern in der Debatte um einen Ausstieg aus den geltenden Beschränkungen breitere Tests in der Bevölkerung. Mehr als zwei Millionen Tests seien bisher im Land durchgeführt worden, sagte Stephen Hahn von der US-Zulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) dem Sender ABC. Allerdings stünden diese nicht für alle zur Verfügung, die sie bräuchten. „Weitere Tests, sowohl diagnostische als auch Antikörpertests, werden wirklich notwendig sein, wenn wir über den Mai hinaus in die Sommermonate und dann in den Herbst gehen“, so Hahn. Diagnostische Tests stellen fest, ob jemand mit dem Virus infiziert ist. Antikörpertests zeigen, wer infiziert war und daher immun ist.

Mehr als 22.000 Tote

In den USA sind bereits mehr als 22.000 Menschen nach einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben. Die Universität Johns Hopkins in Baltimore verzeichnete bis Sonntagabend 22.073 Todesfälle. Damit haben die Vereinigten Staaten weiter die höchste absolute Zahl von Todesopfern infolge der Coronavirus-Pandemie weltweit. An zweiter Stelle steht Italien mit zuletzt 19.899 Todesfällen.

Spitalsbetten im Columbia University’s Baker Field Athletic Complex
Reuters/Jeenah Moon
In einem Gebäude der Columbia University in New York City – ein CoV-Hotspot – wurden Betten aufgestellt

Die Zahl der Todesfälle innerhalb eines Tages in den USA sank mit 1.557 unterdessen auf den niedrigsten Stand seit vergangenem Montag. In den 24 Stunden zwischen Donnerstag- und Freitagabend (Ortszeit) hatte die Zahl der Todesfälle bisher einmalig die 2.000er-Marke überstiegen. Knapp 560.000 Infektionen mit dem Coronavirus, das die Lungenkrankheit Covid-19 auslösen kann, wurden der Universität zufolge bisher in den Vereinigten Staaten nachgewiesen.

Weltweit sind nach Daten der Forscher in Baltimore mittlerweile rund 1,85 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert. Mehr als 114.000 Menschen starben. Die Website der Universität wird regelmäßig aktualisiert und zeigt daher einen höheren Stand bestätigter Infektionen als die offiziellen Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der US-Gesundheitsbehörde CDC.