Ein Airbus A320 der Lufthansa.
AP/CTK/Kalousek Rostislav
Lufthansa und Co.

Fluglinien ohne Staatshilfen auf Crashkurs

Die AUA-Mutter Lufthansa Group kann sich nicht mehr aus eigener Kraft aus der Coronavirus-Krise retten. Der Konzern vermeldete für das erste Quartal einen Verlust von 1,2 Milliarden Euro. Schon nächste Woche soll ein staatliches Hilfspaket von bis zu zehn Milliarden Euro geschnürt werden. Neben Deutschland, der Schweiz und Belgien ist auch Österreich an Bord – hier wird über Finanzspritzen für die AUA verhandelt. Die Verstaatlichung der italienischen Alitalia ist mittlerweile auf Schiene.

Für das laufende zweite Quartal werde ein noch deutlich höheres Minus erwartet, teilte das Unternehmen in Frankfurt mit. Es sei momentan nicht absehbar, wann der Flugbetrieb wieder ausgeweitet werden könne. Aktuell verfüge Lufthansa nach erneuten Kreditaufnahmen insgesamt über 4,4 Milliarden Euro an Liquidität, die allerdings in den „nächsten Wochen“ deutlich zurückgehen würden, hieß es weiter. „Der Konzern rechnet nicht damit, den entstehenden Kapitalbedarf mit weiteren Mittelaufnahmen am Markt decken zu können.“

Lufthansa steckt den Angaben zufolge daher „in intensiven Verhandlungen“ mit den Regierungen der Airline-Heimatländer Deutschland, Schweiz, Österreich und Belgien. Es geht um verschiedene Finanzierungsinstrumente, um kurzfristig die Zahlungsfähigkeit zu erhalten. Neben Bürgschaften, Krediten und stillen Beteiligungen wird auch über direkte Staatsbeteiligungen diskutiert. Der Lufthansa-Vorstand zeigte sich zuversichtlich, zu einem erfolgreichen Abschluss zu kommen.

Hilfspaket für Anfang nächster Woche erwartet

Reuters berichtete unter Berufung auf Insider, dass die Lufthansa Anfang nächster Woche das staatliche Hilfspaket von bis zu zehn Milliarden Euro schnüren wolle. Dann dürfte auch die Entscheidung klar sein, wie die Aufteilung zwischen Eigen- und Fremdkapital genau aussieht, hieß es gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Weiters hieß es, generell könne man auch damit rechnen, dass die Altaktionäre bluten müssten – in Form von Verwässerung der Aktien. Denn politisch sei es nicht durchsetzbar, der Lufthansa nur Kredite zu geben, ohne am Eigenkapital beteiligt zu sein. „Staatshilfe muss bitter schmecken.“ Bei der Lufthansa hieß es zuletzt hinter vorgehaltener Hand, man plädiere eher für eine stille Beteiligung. Deutschlands Branchenprimus will vermeiden, dass die Politik sich ins operative Geschäft einmischt.

Verhandlungen in Österreich laufen

In Österreich sind die Gespräche über Staatshilfe nach anfänglichen Turbulenzen bei den Verhandlungen nun offenbar auf Schiene. Die Experten beider Seiten seien in laufendem Kontakt, sagte der für die Covid-19-Finanzierungsagentur (COFAG) sprechende PR-Berater Alfred Autischer am Mittwoch zur APA. Einer Liquiditätshilfe stehe nicht mehr viel im Weg, er verwies auf „konstruktive Gespräche“. Bereits am Dienstag legte die AUA einen Plan vor, der vorsieht, dass das Unternehmen mit derzeit 7.000 Mitarbeitern und 80 Flugzeugen um rund ein Viertel schrumpft.

Alitalia ab Juni staatlich

Weiter ist man bereits in Italien: Die Regierung in Rom plant die Gründung einer neuen staatlichen Gesellschaft, die in den ersten Juni-Wochen die Alitalia übernehmen soll. Die Fluggesellschaft soll in einer Anfangsphase unter staatlicher Kontrolle bleiben, später könnte sie teilweise privatisiert werden, kündigte der italienische Industrieminister Stefano vor dem Parlament in Rom am Donnerstag an. Die neue Gesellschaft soll 90 Maschinen der heutigen Flotte aus 113 Flugzeugen übernehmen. Bei den derzeit rund 11.00 Stellen würde man kürzen müssen, so Patuanelli. Angesichts der Krisenphase für die Flugverkehrsbranche weltweit hätte Alitalia ohne den abermaligen staatlichen Eingriff keine Überlebenschancen.

Boeing 777 der Fluggesellschaft Aliatlia am Flughafen Fiumicino in Rom.
APA/AFP/Andreas Solaro
Die krisengeschüttelte Alitalia wird wieder staatlich

Auch Air France-KLM verhandelt um Staatshilfen

Auch die Airline-Gruppe Air France-KLM pocht auf Staatshilfen und verhandelt mit Frankreich und den Niederlanden. Auch hier ist von einer Finanzspritze von insgesamt zehn Milliarden Euro die Rede. Ein Großteil davon seien staatlich garantierte Kredite, heiß es. Der französische Staat werde nunmehr für 90 Prozent statt der zunächst angebotenen 70 Prozent des Bankkredits bürgen. Widerstand kommt allerdings aus den Niederlanden, weil Generaldirektor Benjamin Smith trotz der Lage einen Bonus erhält. „Wir finden Bonuszahlungen in dieser Krisenzeit nicht vernünftig und nicht mit einer Hilfe aus Steuergeldern vereinbar“, sagte der niederländische Finanzminister Wopke Hoekstra der Zeitung „De Telegraaf“. „Das werden wir dem Unternehmen deutlich machen.“

Scharfe Kritik des Ryanair-Chefs

Große Töne kommen indes von Ryanair-Chef Michael O’Leary: Er warf der Lufthansa vor, die Coronavirus-Krise zu missbrauchen. „Ich denke, dass Fluggesellschaften wie Lufthansa und Air France die Covid-Krise nutzen, um sich mit unglaublich hohen Summen vom Staat zu bereichern“, sagte der stets meinungsstarke Airline-Manager dem „Handelsblatt“ (Freitag). Für sein eigenes Unternehmen schloss O’Leary Staatshilfen aus, weil man über ausreichende Bargeldreserven verfüge. Ryanair werde wahrscheinlich deutlich länger als jede andere Airline überleben, behauptete er. Gegenüber der „Financial Times“ sagt er, er finde die Idee, zur Abstandswahrung die Sitze in der Mittelreihe freizulassen, „idiotisch“: „Wir können mit einer Auslastung von 66 Prozent kein Geld verdienen.“

Ryanair droht Laudamotion

Bei der österreichischen Ryanair-Tochter Laudamotion wird indes ein Ultimatum gestellt: Ohne neuen Kollektivvertrag, der durch die Wiederanlaufphase nach der Coronavirus-Pandemie helfen soll, werde die Airbus-Basis in Wien geschlossen. Die Strecken würden dann von Konzernschwestern mit Boeing 737 übernommen werden. Das berichtete das Onlineportal Aviation Net online. Laudamotion-Geschäftsführer David O’Brien verwies Aviation Net gegenüber darauf, dass Ryanair bereits eine Basis in Wien unterhält und die meisten Lauda-Routen in Ryanair-Bases operieren, sodass diese rasch die Wien-Flüge übernehmen könnten. O’Brien erklärte zugleich ausdrücklich, dass sich die Ryanair Group nicht aus Wien zurückziehen werde.