US-Präsident Donald Trump
Reuters/Jonathan Ernst
Desinfektionsmittel spritzen

Eindringliche Warnung vor Trump-Vorschlag

Mit Äußerungen zur CoV-Behandlung hat US-Präsident Donald Trump für Aufruhr gesorgt. Trump hatte vorgeschlagen, man könnte Injektionen mit Desinfektionsmitteln als Therapiemethode für Coronavirus-Patienten prüfen. Das sorgte für Entsetzen: US-Behörden und Hersteller von Desinfektionsmitteln warnten eindringlich vor einer Einnahme. Diese sei lebensgefährlich. Trump betont mittlerweile, der Vorschlag sei Sarkasmus gewesen.

„Unter keinen Umständen“ sollten Desinfektionsmittel in den menschlichen Körper verabreicht werden – weder durch Einnahme oder Injektion noch auf irgendeine andere Weise, erklärte am Freitag etwa der britische Konsumgüterkonzern Reckitt Benckiser, zu dem unter anderem die Marken Sagrotan, Lysol und Dettol gehören.

Reckitt Benckiser zog keinen Zusammenhang zwischen dem Hinweis und Trumps Äußerungen. Das Unternehmen erklärte, aufgrund von Spekulationen und „Aktivitäten in sozialen Medien“ habe es Anfragen zur internen Verabreichung von Desinfektionsmitteln gegeben. Bei einer Einnahme drohen Vergiftungen. Schon Kontakt mit Haut, Augen und Atemwegssystem können gefährlich sein.

Auch US-Behörde warnt

Auch die Katastrophenschutzbehörde im US-Bundesstaat Washington sprach eine Warnung vor der Einnahme von Desinfektions- oder Reinigungsmitteln aus. „Machen Sie eine schlechte Situation nicht schlimmer“, so die Behörde am Donnerstagabend auf Twitter.

Mediziner und Medizinerinnen zeigten sich ebenfalls schockiert. „Das ist bisher einer der gefährlichsten und bescheuertsten Vorschläge zur Behandlung von Covid-19“, sagte am Freitag Professor Paul Hunter von der Universität East Anglia in Großbritannien. Jeder Versuch dieser Art von Behandlung würde vermutlich tödlich enden. „Das ist völlig verantwortungslos, da es bedauerlicherweise Leute gibt, die diesen Quatsch glauben und das an sich selbst ausprobieren könnten.“

„Durch Spritzen oder fast eine Säuberung“

Die Warnungen folgten, nachdem Trump am Donnerstagabend (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus Forscher unter anderem dazu ermuntert hatte, Injektionen mit Desinfektionsmitteln für die Covid-19-Behandlung zu prüfen. Ein Regierungsexperte hatte zuvor erklärt, dass Bleich- und Desinfektionsmittel den Erreger SARS-CoV-2 zum Beispiel auf trockenen metallischen Flächen wie einer Türklinke rasch abtöteten.

Trump nahm darauf Bezug und sagte: „Gibt es einen Weg, wie wir so etwas machen könnten – durch Spritzen oder fast eine Säuberung (…) Es wäre interessant, das zu prüfen.“ Dafür müsse „man Ärzte einsetzen, aber für mich klingt es interessant“. Trump schlug weiters Behandlungen mit Lichteinstrahlung vor. Ärzte könnten Patienten mit „ultraviolettem oder einfach sehr starkem Licht“ bestrahlen. Das Licht könne „durch die Haut oder auf andere Art in den Körper“ gebracht werden. Er riet Menschen dazu, die Sonne zu genießen. „Und wenn das eine Wirkung hat, ist das toll.“ Zuvor hatte ein Experte gesagt, dass das Virus womöglich empfindlich auf Hitze und Sonneneinstrahlung reagiere.

Zwar können Viren mit ultraviolettem Licht getötet werden. Medizinern zufolge ist es jedoch völlig unmöglich, dass das auch für Coronavirus-Viren in Zellen des menschlichen Körpers gilt. „Viren, die sich in Organen des Menschen ausbreiten, kann man weder durch Hitze noch durch Sonnenbaden zerstören“, betonte die Professorin für Pharmamedizin am Londoner Kings College, Penny Ward. Sie ergänzte: „Reinigungschemikalien trinken ist tödlich. Reiniger zu spritzen tötet noch schneller. Beides sollte man lassen.“

Warnung vor Sonnenbädern bei Erkrankung

Auch das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) warnte vor Trumps Vorschlag. „UV-Strahlung kann unter anderem dazu führen, dass die körpereigene Immunabwehr unterdrückt wird“, sagte eine Sprecherin des BfS am Freitag. „Wer krank ist, sollte sich darum nicht der prallen Sonne aussetzen – egal bei welcher Erkrankung.“

Trumps voraussichtlicher Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl im November, der Demokrat Joe Biden, erklärte auf Twitter mit Blick auf Trumps Vorschläge: „UV-Licht? Desinfektionsmittel injizieren?" Trump solle sich lieber um mehr Coronavirus-Tests und Schutzausrüstung für tatsächliche Mitarbeiter aus dem Gesundheitssystem kümmern.“ Zudem schrieb er: „Ich kann nicht glauben, dass ich das sagen muss, aber bitte trinkt kein Bleichmittel“.

Auch Trumps Expertenstab selbst reagierte einigermaßen ratlos. Als der Präsident die Leiterin der Coronavirus-Taskforce, Deborah Birx, bei der Pressekonferenz fragte, ob sie von einem Einsatz von Licht oder Hitze gegen das Coronavirus gehört habe, sagte diese: „Nicht als Behandlungsmethode.“

Trump spricht von „sarkastischer Frage“

Angesichts der herben Kritik ruderte Trump mittlerweile auch zurück. Er habe den Vorschlag sarkastisch gemeint, hieß es am Freitagabend. „Ich habe eine sarkastische Frage an Reporter wie Sie gestellt, nur um zu sehen, was passiert“, sagte Trump am Freitag zu Journalisten im Weißen Haus. Er ermutige Menschen nicht dazu, es zu tun, sagte er.

Zuvor hatte das Weiße Haus den Medien vorgeworfen, Trumps Worte „verantwortungslos“ aus dem Kontext gerissen zu haben. Die Medien hätten zudem auf „negative Schlagzeilen“ gesetzt, so Trumps Sprecherin Kayleigh McEnany. Trump habe die Menschen immer wieder aufgerufen, sich bei Fragen zur Behandlung des Coronavirus an ihre Ärzte zu wenden, erklärte McEnany weiter. Der Präsident habe diesen Punkt auch am Donnerstag „betont“.

USA schwer getroffen

Gemessen an absoluten Zahlen sind die Vereinigten Staaten international am schwersten von der Coronavirus-Pandemie getroffen: Bis Freitagvormittag (Ortszeit) verzeichneten die Forscher der Universität Johns Hopkins rund 870.000 bestätigte Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus. Rund 50.000 Menschen kamen infolge der Epidemie ums Leben. Die Krise hat auch die US-Wirtschaft schwer getroffen. Das öffentliche Leben liegt in weiten Teilen lahm. Viele Geschäfte und Betriebe sind geschlossen. Innerhalb von fünf Wochen verloren mehr als 26 Millionen Menschen ihren Job.

Laut einer Schätzung des Haushaltsbüros des US-Kongresses könnte die US-Wirtschaft wegen der Pandemie in diesem Quartal um zwölf Prozent schrumpfen. Das Büro prognostizierte am Freitag zudem einen Anstieg der Arbeitslosenquote auf 14 Prozent. Vor der Coronavirus-Krise hatte die Quote bei 3,5 Prozent gelegen. Das Haushaltsdefizit könnte den Experten zufolge in diesem Jahr auf 3,7 Billionen Dollar anwachsen – das ist mehr als dreimal so viel wie bei der letzten Schätzung.