Indexierung der Familienbeihilfe vor EuGH gebracht

Die noch unter der ÖVP-FPÖ-Regierung beschlossene, potenziell europarechtswidrige Indexierung der Familienbeihilfe ist nun beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) gelandet. Vorgelegt hat den Fall allerdings nicht die EU-Kommission, die im Vorjahr ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet hatte, sondern das heimische Bundesfinanzgericht.

Anlassfall ist die Beschwerde einer tschechischen Grenzpendlerin gegen die Kürzung ihrer Familienbeihilfe. Die Frau hat zwei Kinder, lebt mit ihrer Familie in Tschechien, arbeitet aber in Österreich. Nach der von ÖVP und FPÖ beschlossenen Indexierung hat das Finanzamt für Hollabrunn, Korneuburg und Tulln ihre Familienbeihilfe 2019 um 140 Euro gekürzt.

Die Frau hat daraufhin Beschwerde beim Bundesfinanzgericht erhoben. Sowohl sie als auch das Finanzamt haben im Verfahren vorgeschlagen, die Causa vom Europäischen Gerichtshof klären zu lassen, wie aus der Veröffentlichung des Beschlusses des Bundesfinanzgerichts vom 16. April hervorgeht, über die der „Standard“ heute zuerst berichtet hat.

„Vielzahl vergleichbarer Verfahren“ anhängig

Bis zum Spruch der europäischen Höchstrichter hat das Bundesfinanzgericht die Entscheidung über die Causa ausgesetzt. Freilich ist das nicht die einzige Beschwerde gegen die Kürzung der Familienbeihilfe für osteuropäische Arbeitnehmer. Laut Bundesfinanzgericht ist „eine Vielzahl vergleichbarer Verfahren“ anhängig.

Durch die 2019 in Kraft getretene Indexierung sollte die Höhe der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder an die dortigen (in der Regel niedrigeren) Lebenserhaltungskosten angepasst werden. ÖVP und FPÖ erhofften sich davon Einsparungen von 114 Mio. Euro, tatsächlich wurde aber deutlich weniger erreicht. Zudem halten Experten die Maßnahme für europarechtswidrig, weil der EuGH bereits 1986 Frankreich eine ähnliche Maßnahme untersagt hat.

In der Coronavirus-Krise war zuletzt wieder Kritik an der Maßnahme laut geworden, weil sie auch dringend benötigte 24-Stunden-Betreuerinnen trifft. Dennoch lehnt die ÖVP die Rücknahme der Indexierung zuletzt ab und will die Entscheidung des EuGH abwarten.