Produktion des antiviralen Mittels Remdesivir
Reuters/Gilead Sciences
Coronavirus

Studie schürt Hoffnung auf wirksames Mittel

Das Medikament Remdesivir des US-Konzerns Gilead Sciences dürfte dem Seuchenexperten der US-Regierung zufolge zur Standardtherapie gegen Covid-19 werden. Der Leiter des Nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID), Anthony Fauci, nannte erste Ergebnisse einer Studie am Mittwoch „wirklich sehr wichtig“.

Die Resultate müssten noch unabhängig geprüft und veröffentlicht werden, die Hinweise auf eine deutlich kürzere Krankheitsdauer seien aber vielversprechend, sagte der Immunologe Fauci, ein Berater von US-Präsident Donald Trump. An der klinischen Studie nahmen 1.063 Covid-19-Patientinnen und -Patienten in den USA, in Europa und Asien teil. Sie erhielten entweder das vom US-Pharmakonzern Gilead hergestellte Mittel Remdesivir, das ursprünglich gegen Ebola entwickelt wurde, oder ein Placebo.

Laut den vorläufigen Studienergebnissen benötigten mit Remdesivir behandelte Patienten im Mittelwert elf Tage bis zur Genesung, Patienten, die das Placebo erhielten, dagegen 15 Tage. Das zeige, dass das Medikament das neuartige Coronavirus „blockieren“ könne, sagte Fauci. Remdesivir habe eine „signifikant positive Wirkung bei der Verringerung der Zeit bis zur Genesung“ gezeigt.

Zulassung noch ausständig

Die Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde (FDA) sei derzeit in Gesprächen mit Gilead, um Remdesivir rasch für Patienten in Krankenhäusern verfügbar zu machen, sagte Fauci. Eine formelle Zulassung des Medikaments würde jedoch wesentlich länger dauern und weitere Studien erfordern. Remdesivir dringt in Viren ein und verhindert ihre Vermehrung. Gilead testete den Wirkstoff gegen Krankheiten wie Ebola, Marburg, MERS und SARS.

Produktion des antiviralen Mittels Remdesivir
Reuters/Gilead Sciences
Remdesivir wurde ursprünglich gegen Ebola entwickelt

Einfluss auf Sterblichkeit fraglich

Der Epidemiologe Peter Horby von der Universität Oxford in Großbritannien sagte, zunächst müssten die vollständigen Ergebnisse abgewartet werden. Sollten sich die ersten Zahlen aber bestätigen, wäre das „ein fantastisches Ergebnis und eine großartige Neuigkeit für den Kampf gegen Covid-19“.

Weniger eindeutig ist die Studie in der Frage, ob das Mittel auch die Sterblichkeit von Patienten senken kann. Bei Patienten, die Remdesivir erhielten, lag die Sterblichkeit bei acht Prozent. In der Kontrollgruppe betrug die Sterblichkeit 11,6 Prozent. Der Unterschied ist zu gering, um ihn eindeutig dem Medikament zuzuschreiben.

Andere Studie widerspricht

Das Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlichte unterdessen am Mittwoch eine Studie aus China, wonach Remdesivir bei der Behandlung von Covid-19 nicht wirksam ist. Es gebe keinen „statistisch signifikanten klinischen Nutzen“. Weder beschleunige das Mittel im Vergleich zu einem Placebo den Heilungsprozess noch senke es die Sterblichkeitsrate von Patienten. Die Studienautoren verwiesen allerdings auf die geringere Zahl von nur 237 Versuchsteilnehmern.

Die „Financial Times“ hatte bereits vergangene Woche über diese Studie aus China berichtet. Die Zeitung berief sich auf eine Zusammenfassung der Studie, die offenbar aus Versehen kurzzeitig auf der Website der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu sehen war. Gilead hatte diese Darstellung der Studienergebnisse zurückgewiesen. Die Studie sei wegen geringer Beteiligung vorzeitig beendet worden und daher statistisch nicht signifikant.

Gefährliche Fehlinformationen durch Prominente

Über eine andere Studie berichteten Forscher im Fachmagazin „JAMA Internal Medicine“: Die Nachfrage nach unerprobten und möglicherweise sogar gefährlichen Medikamenten steige signifikant, sobald diese von prominenten Menschen empfohlen werden. In den USA habe die Zahl der Google-Suchanfragen nach zwei Malariamedikamenten im März immens zugenommen, nachdem erst Tesla-Chef Elon Musk und dann Trump sie als möglicherweise wirksame Mittel gegen das Coronavirus beworben hatten.

„Therapien, die nicht durch ausreichende Nachweise gestützt werden (…), sollten nicht von Personen des öffentlichen Lebens angepriesen werden“, heißt es in der Studie. Das Bewerben solcher Medikamente könne „zur unbeaufsichtigten Anwendung mit gefährlichen Konsequenzen für die Menschen, die sie einnehmen, führen“, heißt es weiter. Zudem könne es passieren, dass die Mittel gehamstert würden – und dann denen fehlten, die sie wirklich brauchten.