Experte sieht wenig Chance auf mehr Gehalt für Erntehelfer

Der Arbeitsrechtsexperte Martin Risak rechnet nicht damit, dass ausländische Erntehelfer in Österreich wegen der Coronavirus-Krise mehr Lohn für sich aushandeln können. Die Abhängigkeit von ihrer Arbeitskraft werde aktuell zwar deutlich sichtbar, die Erntehelfer seien aber zu kurz im Land, nur wenig organisiert und auf viele verschiedene Betriebe verteilt.

Zudem sei die Arbeit als Erntehelfer „harte physische Arbeit“ mit zehn oder mehr Arbeitsstunden am Tag, sagte Risak vom Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Uni Wien heute im Ö1-Morgenjournal. Es sei absehbar, dass sich diese Gruppe nicht nach der Arbeit noch organisiert, um für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen.

Erntehelfer auf einem Feld
ORF.at/Lukas Krummholz

Niedrige Preise im Handel

Vonseiten der Bauern heiße es dazu meist, dass sie gezwungen seien, auf dieses Personal zurückgreifen – „weil die großen Supermarktketten, die einen Großteil ihrer Ernte abnehmen, ihnen keine ordentlichen Preise zahlen wollen, weil die Konsumentinnen auch nichts dafür bezahlen wollen“, sagte Risak.

Trotz der Abhängigkeit Österreichs von ausländischen Erntehelfern glaubt der Experte nicht, dass sich etwas Grundlegendes an deren Situation ändern wird. Im vergangenen Jahr seien rund 14.000 Erntehelfer aus dem Ausland gekommen.

Ukrainische Erntehelfer für heimische Landwirtschaft

Am Donnerstag hatte ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg mit dem für europäische Integration verantwortlichen ukrainischen Vizepremier Wadym Prystajko über den Einsatz ukrainischer Erntehelfer in Österreich gesprochen.

In einem „freundlichen und sehr konstruktiven Gespräch“ habe man sich über Ausreisegenehmigungen für rund 800, in der österreichischen Landwirtschaft benötigte Erntehelfer unterhalten, bestätigte eine Sprecherin des österreichischen Außenministeriums gestern.

Dafür eingesetzte Charterflüge aus der Ukraine sind durch eine neue Ausnahmeregelung des österreichischen Gesundheitsministers seit dem 1. Mai wieder möglich.

NEOS: Asylwerber besser berücksichtigen

Kritisch steht solchen Charterflügen NEOS gegenüber. Bevor Arbeitskräfte aus dem Ausland eingeflogen werden, solle das vorhandene Potenzial besser genutzt werden. Es gebe nämlich viele Asylwerber in Österreich, die gerne als Erntehelfer arbeiten würden.

„Wir wissen aus vielen Gesprächen und auch aus Zuschriften von Flüchtlingsbetreuern, dass viele Asylwerber das auch sehr gerne tun würden“, sagte NEOS-Asylsprecherin Stephanie Krisper in einer Aussendung. Es gebe jedoch zwei Probleme: Erstens wüssten viele Asylwerber nicht, dass sie als Erntehelfer arbeiten dürfen. Zweitens würde ihnen der Lohn von der Grundversorgung abgezogen bzw. müssten sie Rückzahlungen in Kauf nehmen.

Die Regierung müsse daher „die Menschen, die schon im Land sind und gerne einen Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten wollen, erstens informieren und zweitens die Rahmenbedingungen attraktivieren“, so Krisper. „Erst danach gilt es zu schauen, welchen Bedarf an Erntehelfern aus dem Ausland es noch gibt.“