Debatte über Fernunterricht im Herbst in Italien

In Italien wird heftig über Pläne der Regierung zur Wiederaufnahme des Unterrichts in den Schulen ab September debattiert. So soll der Unterricht ab Herbst zur Hälfte in der Schulklasse und zur Hälfte online erfolgen, wie Bildungsministerin Lucia Azzolina berichtete.

Zur Einhaltung der Abstandsregeln sollen die Hälfte der Schüler drei Tage pro Woche im Klassenzimmer unterrichtet werden. Der Rest der Kinder soll zu Hause per PC beim Schulunterricht mitmachen. Danach wechseln sich die Kinder ab. Auf diese Weise soll „Social Distancing“ garantiert werden, teilte die Ministerin in einem TV-Interview mit Skytg24 gestern mit. Die Schulen sind in Italien seit 5. März geschlossen.

Fernunterricht habe sich während der fast zweimonatigen Quarantäne als Erfolg erwiesen, bilanzierte die Ministerin. Dabei sei das Schulsystem nicht auf die Notwendigkeit vorbereitet gewesen, auf Homelearning setzen zu müssen.

Druck auf Mütter befürchtet

Der Familienverband Family Day bezeichnete die Schulpläne der Regierung für September als „Katastrophe“. „Kinder werden keinen kontinuierlichen Unterricht erhalten, und Eltern werden zunehmende Schwierigkeiten haben, Beruf und Familie in Einklang zu bringen. Vor allem Mütter von Kleinkindern könnten gezwungen werden, auf ihren Job zu verzichten“, warnte der Präsident des Verbands, Massimo Gandolfini. Die Regierung solle sich nicht für „soziale Schäden auf Kosten einer gesamten Generation“ verantwortlich machen.

Viele Familien müssen aus Sorge vor Ansteckungen auf die wichtige Unterstützung von Großeltern verzichten und fühlen sich im Stich gelassen. Unter dem Druck von Familien, Kinderärzten und Lehrern signalisierte die Regierung in Rom jetzt erstmals Bereitschaft, im Sommer Kinderkrippen, Kindergärten sowie Sommercamps für Schüler zu öffnen. Dabei sollen besondere Maßnahmen zum Schutz der Kinder vor Ansteckung ergriffen werden.

Aufbruch in" Phase 2"

Nach knapp zwei Monaten kompletten Stillstands wegen des Coronavirus kommt es in Italien morgen zum Aufbruch in „Phase 2“. Damit soll ein wichtiger Schritt zurück in die Normalität gemacht werden. Nachdem die Epidemiekurve seit Wochen rückgängig ist, dürfen Italienerinnen und Italiener ab morgen wieder in den Parks spazieren gehen. Erlaubt ist nur Einzelsport, etwa Joggen.

Besuche bei Verwandten in der Nähe sind wieder gestattet, große Familientreffen und private Feiern hingegen verboten. In der Öffentlichkeit gelten weiterhin die Distanzregeln. Die Menschen dürfen sich in ihrer Wohngemeinde frei bewegen, nicht aber die Region verlassen, in der sie leben.

„Strategisch wichtige“ Unternehmen, vor allem in der Industrie und Bauwirtschaft, können schon ab morgen wieder die Arbeit aufnehmen. Restaurants dürfen Außer-Haus-Service anbieten. In Rom werden wieder TV-Serien und Filme gedreht. Geschätzt wird, dass 4,5 Millionen Italienerinnen und Italiener morgen ihre Arbeit aufnehmen.

Für weitere Öffnungen wie den Neustart von Museen, Ausstellungen und Bibliotheken muss Italien auf den 18. Mai warten. Friseure, Schönheitssalon, Gastronomie und der Kleinhandel müssen sich bis zum 1. Juni gedulden.