Gedenken am 75. Jahrestag der Befreiung Mauthausens

Zum 75. Jahrestag der Befreiung des KZ Mauthausen und seiner 49 Nebenlager hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen gestern auf dem Appellplatz des ehemaligen Lagers im Gedenken an die Opfer einen Kranz niedergelegt. „Fassungslos – auch heute noch – und voll Scham verneigen wir uns vor den Opfern von damals“, hatte der Bundespräsident schon tags zuvor in einer Videobotschaft erklärt.

Gedenkfeier findet online statt

Die traditionelle Mauthausen-Befreiungsfeier findet heuer zwar wie immer am 10. Mai statt, wegen der Coronavirus-Pandemie allerdings online auf der Website des Mauthausen Komitees Österreich. Von 1938 bis zur endgültigen Befreiung des KZ am 7. Mai 1945 durch die 11. Panzerdivision der Dritten US-Armee kamen nach Mauthausen 200.000 Gefangenen, die Hälfte von ihnen überlebte die NS-Vernichtungsmaschinerie nicht.

Gedenkfeier: Befreiung des KZ Mauthausen vor 75 Jahren

Das Gedenken an die Opfer musste wegen der Coronavirus-Krise in sehr kleinem Rahmen stattfinden – im Dachgeschoß der Hofburg.

Das Parlament hielt gestern eine Gedenkveranstaltung gegen Gewalt und Rassismus ab. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) sagte, das Konzentrationslager Mauthausen stehe – wie alle „Orte des Schreckens“ der NS-Herrschaft – „für das düstere Gegenteil all dessen, was unsere Gesellschaft ausmacht“, nämlich für „das Böse schlechthin“, für Zynismus, Selbstüberschätzung, Gewalt, die konstruierte Einteilung der Menschen in Höher- und Minderwertige, Ausmerzung der Untüchtigen und mörderischen Judenhass.

In scharfen Worten trat Bundesratspräsident Robert Seeber (ÖVP) dem Vergleich des Lebens mit CoV-Schutzmaßnahmen mit dem Leben der Juden im Faschismus entgegen – wie er bei Protesten gegen die Regeln zu hören gewesen sei.

Einen Vergleich dieser Zeiten, aber auch die in Zusammenhang mit dem Coronavirus immer wieder angewandte Kriegsrhetorik hielten auch die Diskutanten für nicht angebracht, die sich zu einem Gespräch in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen eingefunden hatten – Gedenkstättenleiterin Barbara Glück, Nationalfonds-Generalsekretärin Hannah Lessing, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, sowie der Schriftsteller Paulus Hochgatterer.

KZ Mauthausen als Gedenkstätte

Das ehemalige NS-Konzentrationslager Mauthausen ist heute eine internationale Gedenkstätte.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erinnerte an die historische Verantwortung Österreichs „für die dunkelsten Seiten der Geschichte“. „Mauthausen steht wie kein zweiter Ort in unserem Land für die Schrecken des NS-Terrorregimes. Umso wichtiger ist es, sich auch heute der Verantwortung der Geschichte zu stellen“, sagte Kurz heute.

„Lesben und Schwule lange nicht als NS-Opfer anerkannt“

Auch die anderen Parlamentsparteien gedachten der Opfer. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner mahnte zu kollektiver Wachsamkeit. „Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es die Verantwortung von uns allen ist, dass sich die schlimmsten Gräueltaten in unserer Geschichte nicht wiederholen. Menschlichkeit ist unsere Pflicht“, sagte Rendi-Wagner.

Ewa Ernst-Dziedzic, LGBTI-Sprecherin und grüne Vizeklubobfrau, verwies darauf, dass während der Zeit des Nationalsozialismus auch Menschen verfolgt wurden, die nicht dem heterosexuellen Lebensmodell entsprachen. „Lange blieb auch die historische Aufarbeitung im Dunkeln – gerade in Bezug auf LGBTI-Personen“, sagte Ernst-Dziedzic. „So wurden Lesben und Schwule lange nicht als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt und bis weit in die Zweite Republik strafrechtlich verfolgt.“

Warnung vor alten Mustern

FPÖ-Parteichef Norbert Hofer bezeichnete die Mauthausen-Befreiung durch Soldaten der Alliierten als Warnung. „Vor 75 Jahren wurde ein Schreckensregime in die Knie gezwungen“, so der Dritte Nationalratspräsident. „Wir alle müssen daran arbeiten, dass sich dieses dunkle Kapitel der Geschichte nicht mehr wiederholen kann.“

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger stellte neben das Gedenken an die Opfer des NS-Regimes einen Vergleich mit der Gegenwart. „Mauthausen konnte passieren, weil sich Österreicherinnen und Österreicher gegen ihre eigenen Nachbarinnen und Nachbarn sowie Freundinnen und Freunde gewandt haben“, sagte sie.