SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner
Reuters/Leonhard Foegler
Rendi-Wagner gestärkt

„Müssen uns auf eine Linie einigen“

Für SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat der Mittwoch Rückenwind gebracht: Die von Parteikollegen geschmähte Mitgliederbefragung mobilisierte nicht nur überraschend viel Beteiligung, Rendi-Wagner erhielt bei der Vertrauensfrage auch 71,4 Prozent an Zustimmung. Ein enormes Ergebnis brachte mit rund 90 Prozent freilich auch die Frage nach einer klaren Linie nach außen ohne öffentliche Debatten.

Rendi-Wagners im März durchgeboxte Befragung wurde von 42,7 Prozent der SPÖ-Mitglieder beantwortet. Die Frage nach Rendi-Wagner als der Richtigen an der Parteispitze beantworteten 41,3 Prozent. Am Mittwoch wurde das Ergebnis in Wien bei einem Parteivorstand bekanntgegeben. Wegen der Coronavirus-Krise war es einen Monat lang nicht ausgewertet worden.

Nun sieht sich Rendi-Wagner durch das Ergebnis gestärkt, wie sie in einer Pressekonferenz im Anschluss an den Parteivorstand sagte. Sie habe nun ein klares Votum mit einer „absoluten Rekordbeteiligung“, so Rendi-Wagner. Man habe aus der Befragung drei Botschaften erhalten. Die Mitglieder wollten mitreden, so Rendi-Wagner. Zweitens solle die Parteivorsitzende ihre Arbeit fortsetzen. Als dritten Punkt hätten die Mitglieder sich dafür ausgesprochen, dass die Partei „endlich“ zusammenhalten solle.

Viele „positiv überrascht“

Das Anliegen ist offenbar ein großes in der Partei: Laut der Befragung sind 89,9 Prozent der Mitglieder der Meinung, dass die SPÖ bei aktuellen Themen ihre Positionen intern ausdiskutieren soll, um dann nach außen eine klare gemeinsame Linie zu zeigen. Der Wunsch nach Einigkeit, Zusammenhalt und Loyalität in der Partei sei im handschriftlichen Teil der Befragung, in dem die Mitglieder Ansinnen selbst formulieren konnten, am häufigsten aufgetreten, so Rendi-Wagner.

Pressekonferenz nach SPÖ-Bundesparteivorstand

Pamela Rendi-Wagner verkündete das Ergebnis und bedankte sich bei der Basis. Nun will sie einen politischen Fahrplan verfolgen.

Debatten seien in der SPÖ erwünscht und wichtig, es hätten viele Meinungen Platz. „Aber am Ende müssen wir rausgehen und uns einigen auf eine Linie, und ich sage Ihnen, wir haben jetzt viel zu tun“, sagte sie auf die Frage nach parteiinterner Kritik. Im Vorstand habe man eine „sehr gute Diskussion“ über das Ergebnis gehabt. Viele seien „positiv überrascht“ gewesen und hätten ihr Rückhalt gegeben. Alle hätten nun verstanden, dass die Mitgliederbefragung eine Stärkung für die gesamte Partei bedeute.

Auch für den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig ist das Ergebnis ein positives. Man sehe, wie „lebendig, stark und breit aufgestellt die Sozialdemokratie“ momentan sei, so Ludwig. Ludwig hatte sich nicht immer so positiv zu der Befragung geäußert. Zunächst hatte er die Vertrauensfrage als „nicht notwendig“ bezeichnet. Später hatte er gemeint, nicht für Rendi-Wagner mobilisieren zu wollen. Auf der SPÖ-Wien-Klubtagung Anfang März hatte er sich dann aber doch zu einer öffentlichen Unterstützung durchgerungen – mehr dazu in wien.ORF.at.

Viertagewoche kein drängendes Anliegen

Rendi-Wagner war wiederholt intern unter Druck geraten, schwache Umfragewerte und Querschüsse von Parteigranden hatten stets Führungsdebatten zur Folge. Bei der Nationalratswahl im vergangenen Jahr fuhr die SPÖ mit 21,2 Prozent ein historisches Debakel ein.

Dass sie am Wahlabend 2019 nach einem historischen Debakel dem Publikum zurief, dass „die Richtung stimmt“, hängt Rendi-Wagner bis heute nach. Zudem hatte Rendi-Wagner ohne klassische Funktionärslaufbahn auch keine Hausmacht. Der Parteibasis die Vertrauensfrage zu stellen wurde als Versuch eines Befreiungsschlags gewertet.

Das Votum will Rendi-Wagner nun dafür nutzen, verstärkt Inhalte voranzutreiben. „Ab heute wird nur gearbeitet.“ Als inhaltliches Topthema erwies sich für die SPÖ-Mitglieder die Stärkung der öffentlichen Gesundheitsversorgung. 85,7 Prozent der Teilnehmer bewerteten diese Forderung als „sehr wichtig“. Dahinter folgen die Sicherstellung der Pflege aus öffentlichen Mitteln sowie eine stärkere Besteuerung von Millionenvermögen mit etwas über 80 Prozent.

SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner
APA/Hans Punz
Rendi-Wagner in der Wiener Marx Halle: Hier fand der Parteivorstand statt, man musste wegen der Pandemie ausweichen

Nur 33 Prozent befanden das Recht auf eine Viertagewoche für „sehr wichtig“, 30 Prozent sagten sogar, es sei nicht oder „weniger wichtig“. Auch die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten sowie der Wunsch nach mehr Polizei bekamen vergleichsweise geringere Priorität zugeschrieben (44 Prozent „sehr wichtig“). Knapp unter der 50-Prozent-Marke der „Sehr wichtig“-Nennungen lag die Klimaschutzmilliarde, knapp darüber das Prinzip „Integration vor Zuzug“.

SPÖ mit politischem Fahrplan

Sie habe nun dem Parteivorstand ein politisches Papier vorgelegt mit dem Titel „Neue Solidarität für Österreich“. Es stelle einen Fahrplan für die künftige politische Partei dar. Die Schwerpunkte darin lägen in der Stärkung des Sozialstaats mit Fokus auf Gesundheit und Pflege, Investitionen in Beschäftigung und Steuergerechtigkeit. Man müsse angesichts der Coronavirus-Pandemie aufpassen, dass es keine „Pandemie der Armut“ werde. Die Krise habe den Ruf nach einem starken Sozialstaat wieder lauter werden lassen, zu diesem müsse man sich bekennen. Dass sie bei der nächsten Wahl Spitzenkandidatin wird, davon geht Rendi-Wagner aus. Davor stehe aber noch ein Bundesparteitag.

Burgenland nimmt zur Kenntnis

Rendi-Wagners Kritiker zeigten sich unmittelbar nach Verkündigung des Ergebnisses eher zurückhaltend. Erleichterung gab es bei Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser und dem niederösterreichischen SPÖ-Chef Franz Schnabl. „Allen ist ein Stein vom Herzen gefallen“, so Schnabl – mehr dazu in noe.ORF.at. Unterstützung kam auch aus der Steiermark. Der Landesparteivorsitzende Anton Lang forderte nach der Bekanntgabe des Ergebnisses „vollen Rückhalt“ für Rendi-Wagner – mehr dazu in steiermark.ORF.at. Der Landesparteivorsitzende der SPÖ Salzburg, Walter Steidl, sah in dem Ergebnis ein klares Signal für einen Neustart der Sozialdemokratie.

Filzmaier über Rendi-Wagner

Peter Filzmaier analysiert das Ergebnis der SPÖ-Mitgliederbefragung.

Tirols SPÖ-Landesparteivorsitzender Georg Dornauer bezeichnete das Ergebnis als „Vertrauensbeweis“. Interne Debatten seien damit „ein für alle Mal vom Tisch“, teilte er mit. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) hatte Rendi-Wagner noch am Vortag im ORF-„Report“ kritisiert. Die Vertrauensfrage habe in der SPÖ „niemand gewollt“, so Doskozil. Nach dem Votum für Rendi-Wagner wollte sich Doskozil vorerst nicht äußern, der burgenländische Landesgeschäftsführer Roland Fürst sagte, man nehme das Ergebnis zur Kenntnis. Die nun erfolgte „Klarstellung“ in der Vorsitzfrage müsse dazu genutzt werden, auch auf Bundesebene wieder die Themenführerschaft zu übernehmen – mehr dazu in burgenland.ORF.at.