Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei einer Kranzniederlegung zum Gedenken an den zweiten Weltkrieg in Paris
Reuters/Charles Platiau
1945/2020

Gedenken im Zeichen der Pandemie

Im Zeichen der Coronavirus-Pandemie ist in Europa an das Weltkriegsende vor 75 Jahren erinnert worden. In Paris, London und Moskau wurden die Gedenkzeremonien wegen Hygieneauflagen stark eingeschränkt.

Präsident Emmanuel Macron legte am Pariser Boulevard Champs-Elysees zunächst einen Kranz an der Statue von Charles de Gaulles nieder. Am Grabmal des unbekannten Soldaten unter dem Triumphbogen legte er ebenfalls einen Kranz nieder und entfachte symbolisch die Flamme des Gedenkens. Am Eiffelturm wurde zudem eine französische Trikolore gehisst, um „die Kämpfer und Widerstandskämpfer des Zweiten Weltkriegs“ zu ehren.

In Paris war ursprünglich eine Feier mit Veteranen und anderen Zeitzeugen geplant. Diese musste wegen der noch bis Sonntag geltenden Ausgangssperre deutlich verkleinert werden. Neben Macron nahmen auch die früheren Präsidenten Nicolas Sarkozy und Francois Hollande an der Zeremonie teil. Der 8. Mai ist in Frankreich seit den 1980er Jahren ein Feiertag.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei einer Kranzniederlegung zum Gedenken an den zweiten Weltkrieg in Paris
Reuters/Francois Mori
Präsident Macron legte einen Kranz an der Statue de Gaulles’ nieder

TV-Ansprache der Queen

In Großbritannien hielt Queen Elizabeth II. am Abend eine Fernsehansprache. „Niemals aufgeben, niemals verzweifeln“, das sei die Botschaft des VE Day (Victory in Europe Day) gewesen. „Zu Beginn schien die Aussicht düster, das Ende weit entfernt und der Ausgang unklar“, aber der Glaube daran, das Richtige zu tun, habe die Menschen durch die schwierige Zeit getragen. Die Rede wurde zur gleichen Uhrzeit ausgestrahlt wie eine Radioansprache von Elizabeths Vater, King George VI., der sich zum Kriegsende an seine Nation wandte.

Queen Elizabeth II
Reuters/Buckingham Palace
Die Queen erinnerte in einer Fernsehansprache an das Ende des Zweiten Weltkrieges

„Ich erinnere mich lebhaft an die Jubelszenen, die meine Schwester und ich mit unseren Eltern und Winston Churchill (dem damaligen Premierminister) auf dem Balkon des Buckingham-Palasts miterlebten“, fuhr die Queen fort. Sie erinnerte an die vielen Menschenleben, die der „furchtbare Konflikt“ gefordert habe. Die beste Anerkennung für das Opfer, das sie gebracht hätten, sei, „dass Länder, die einst eingefleischte Feinde waren, jetzt Freunde sind“.

Im Anschluss waren die Briten aufgerufen, von ihren Haustüren oder Balkonen aus gemeinsam den während des Zweiten Weltkriegs populären Song „We’ll Meet Again“ von Vera Lynn anzustimmen. Auch die heute 103-jährige Sängerin wollte daran teilnehmen. Die ursprünglich für den 8. Mai geplanten Straßenfeste und Veteranenmärsche mussten ausfallen. Premierminister Boris Johnson und weitere Regierungsmitglieder führten aber Videotelefonate mit Weltkriegsveteranen.

Trump und First Lady legen Kranz nieder

US-Präsident Donald Trump und seine Ehefrau Melania besuchten die nationale Gedenkstätte in Washington, die an die im Zweiten Weltkrieg umgekommenen US-Soldaten erinnert, und legten einen Kranz nieder. In einer schriftlichen Stellungnahme des Weißen Hauses hieß es: „Heute feiern wir die Kräfte der Freiheit, die die Tyrannei besiegt haben und aus diesem monumentalen Kampf als Sieger hervorgegangen sind.“

Gewürdigt würden jene selbstlosen und heldenhaften Kämpfer, die damals für das Land in den Krieg gezogen seien und von denen viele ihr Leben gelassen hätten. Die Vereinigten Staaten hätten in dem Krieg unglaubliche Verluste zu erleiden gehabt.

Merkel und Putin telefonierten

Auch in Russland fällt das Gedenken in diesem Jahr kleiner aus. Die traditionelle Militärparade zum 9. Mai wurde zunächst abgesagt. Veteranenverbände hatten Präsident Wladimir Putin gebeten, den Umzug auf dem Roten Platz zu verschieben. Am Samstag ist lediglich eine Luftschau geplant.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel gedachte gemeinsam mit Russlands Präsident Putin telefonisch des Kriegsendes. Die beiden seien sich einig, dass „die Erinnerung an den Krieg und seine Schrecken für alle Zeit wachgehalten werden“ müsse, erklärte die deutsche Regierung. Auch Macron telefonierte mit Putin, wie der Elysee-Palast mitteilte.

Steinmeier: „Gebrochene Geschichte“

Wegen der Coronavirus-Pandemie wurde die Gedenkzeremonie auch in Berlin im Umfang stark reduziert. Der ursprünglich geplante Staatsakt wurde abgesagt, stattdessen fand eine kleinere Zeremonie an der Neuen Wache, der zentralen Gedenkstätte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, mit den Spitzen der deutschen Verfassungsorgane statt.

Deutsche Kanzlerin Angela Merkel, Wolfgang Schaeuble, Präsident Frank-Walter Steinmeier, Dietmar Woidke und Andreas Vosskuhle in der „Neuen Wache“ in Berlin
Reuters/Hannibal Hanschke
Kranzniederlegung in der Neuen Wache in Berlin

„Man kann dieses Land nur mit gebrochenem Herzen lieben“, sagte der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Gedenkfeier. „Die deutsche Geschichte ist eine gebrochene Geschichte – mit der Verantwortung für millionenfachen Mord und millionenfaches Leid.“ Die Deutschen müssten ihrer Geschichte ins Auge sehen. „Weil wir die historische Verantwortung annehmen, haben die Völker der Welt unserem Land neues Vertrauen geschenkt – und deshalb dürfen auch wir selbst uns diesem Deutschland anvertrauen.“ Darin sehe er einen „aufgeklärten, demokratischen Patriotismus“, so Steinmeier.

Von der Leyen: „Befreiung aus dunkelsten Stunden“

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen bezeichnete das Ende des Zweiten Weltkriegs als Befreiung Europas aus den dunkelsten Stunden. „Für mich als Europäerin deutscher Nationalität und Präsidentin der EU-Kommission ist der 8. Mai ein entscheidender Moment in der Geschichte der Menschheit“, schrieb die deutsche Politikerin am Freitag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

„Für Europa steht dieser Tag für das Ende eines grausamen Krieges, der durch das Nazi-Regime verursacht wurde, und für die Befreiung aus den dunkelsten Stunden.“ Zugleich sei dieser Tag ein Wendepunkt für das Schicksal des Kontinents. Sie sei dankbar, dass es heute die Europäische Union gebe.

Internationale Gedenkfeiern zum Weltkriegsende

Auch in anderen europäischen Staaten wurde am Freitag des Kriegsendes vor 75 Jahre gedacht. Große Zeremonien oder traditionelle Militärparaden gab es aber nicht.

Am Abend des 8. Mai 1945 hatte die deutsche Wehrmacht in Berlin-Karlshorst bedingungslos kapituliert, womit die NS-Schreckensherrschaft endete. Wenige Tage zuvor war die Rote Armee in Berlin eingerückt. In Russland wird wegen der Zeitverschiebung traditionell am 9. Mai an das Kriegsende erinnert.