Militärparade in Minsk
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Trotz CoV-Krise

Minsk hält weltweit einzige Militärparade ab

Die Coronavirus-Pandemie lässt den weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko kalt. Er ließ am Samstag die weltweit einzige Militärparade zum 75. Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland in Minsk abhalten. „Der Feiertag ist uns heilig“, so Lukaschenko.

Lukaschenko wandte sich in seiner Rede auch an Kritiker der Parade in Zeiten des lebensgefährlichen Coronavirus. „Wir können nicht anders“, sagte er. Weißrussland sei das den Opfern des Zweiten Weltkrieges schuldig. „Sie alle wollten leben, aber starben, damit wir leben.“

„Das ist keine Demonstration der Stärke, sondern ein Gedenken an die heroische Geschichte“, sagte der autoritär regierende Staatschef in Paradeuniform. Weißrussland habe zu jenen Ländern gehört, die am meisten unter der Nazi-Herrschaft zu leiden hatten.

Tausende Soldaten ohne Virenschutz

In der Hauptstadt Minsk marschierten Tausende Soldaten ohne Virenschutz dicht an dicht durch das Zentrum, wie das Staatsfernsehen Belarus24.ru im Internet zeigte. Auch der berühmte sowjetische Weltkriegspanzer T-34 fuhr durch die Stadt – neben anderem schwerem Kriegsgerät, darunter moderne Raketen. Am Himmel flogen Hubschrauber und Kampfflugzeuge. Auf einer festlich geschmückten Tribüne saßen auch die mit Weltkriegsorden dekorierten Veteranen und ihre Angehörigen. Die wenigsten trugen Mund-Nasen-Schutz gegen das auch in Weißrussland grassierende Virus.

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Militärparade in Minsk
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Tausende Soldaten marschieren in Minsk auf – ohne Mund-Nasen-Schutz dicht an dicht
Militärparade in Minsk
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Lukaschenko lässt sein Kriegsgerät auffahren
Militärparade in Minsk
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Tausende Zuschauer verfolgen die Parade vom Straßenrand aus – auch hier großteils Virenschutz Fehlanzeige
Militärparade in Minsk
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Dieser Soldat zeigt seinen beeindruckenden Paradeschritt
Weißrussischer Präsident Alexander Lukaschenko
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Präsident Lukaschenko nimmt die Parade ab und sagt in seiner Rede: „Wir können nicht anders“
Militärparade in Minsk
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Panzer rollen durch Minsk
Militärparade in Minsk
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Auch Kampfflugzeuge überfliegen die Parade

Tausende Zuschauer, darunter Kinder und ältere Menschen, verfolgten bei sonnigem Wetter und Orchestermusik die Parade vom Straßenrand aus. Neben Freude über den historischen Sieg gab es auch Tränen der Trauer um die Opfer. Den ganzen Tag waren in dem Land festliche Massenveranstaltungen geplant – trotz Warnungen auch der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor einer Ausbreitung des Virus.

Leben geht weiter wie gewohnt

Insgesamt geht das Leben in dem Land zwischen dem EU-Mitglied Polen und Russland im Grunde weiter wie gewohnt. Lukaschenko hatte die Einschränkungen in anderen Ländern immer wieder als Panikmache bezeichnet. Sein Land komme gut zurecht mit der Versorgung von Kranken. Weißrussland lasse sich nicht unterkriegen, hatte Lukaschenko gesagt.

Weißrussischer Präsident Alexander Lukaschenko
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Lukaschenko: „Der Feiertag ist uns heilig“

Fußballspiele sind in Weißrussland erlaubt, Veranstaltungen werden durchgezogen. Ein Teil der Bevölkerung ist aber so besorgt, dass er freiwillig in die Selbstisolation geht, wie lokale Medien berichten. Aktuell sind mehr als 20.000 Coronavirus-Fälle in dem Land offiziell registriert, Tendenz steigend. 116 Menschen mit chronischen Erkrankungen starben demzufolge an dem Virus.

Zuletzt wandte sich Lukaschenko mit einem Kuss-Ratschlag an die Bevölkerung: „Wenn du bereits jemanden geküsst hast, mach mal weiter.“ Der Mann solle aber nicht noch mit anderen Frauen anbandeln. So werde das Virus nicht verbreitet.

Moskau sagt größten Aufmarsch ab

Der 9. Mai ist in Weißrussland wie im Nachbarland Russland der wichtigste Feiertag. Lukaschenko erinnerte an die Opfer aus allen früheren Sowjetrepubliken, darunter auch an jene aus den baltischen Staaten Lettland, Litauen und Estland. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte die für Samstag geplante Militärparade in seinem Land wegen der Gefahr durch das Coronavirus verschoben – auf welches Datum, ist vorerst unklar. Moskau hatte die Parade in Minsk als unvernünftig in diesen Zeiten kritisiert.

Dabei sollte es die größte Militärparade in der Geschichte Russlands werden, und damit sogar die Siegesparade vom 24. Juni 1945 noch übertrumpfen. Damals war die siegreiche Rote Armee über zwei Stunden lang an Sowjet-Diktator Josef Stalin vorbeidefiliert. Auch zahlreiche andere Gedenkveranstaltungen wie etwa die jährlich stattfindenden landesweiten Märsche unter dem Namen „Unsterbliches Regiment“ wurden wiederum gleich ins Internet verlagert.

Für Putin ist es nun bereits die zweite coronavirusbedingte Verschiebung eines für ihn politisch wichtigen Ereignisses. Zahlreiche internationale Gäste waren geladen, darunter auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der allerdings wie viele andere Staats- und Regierungschefs gar nicht erst zugesagt hatte. Bereits zuvor hatte er eine für den 22. April geplante Volksabstimmung über kürzlich beschlossene umstrittene Verfassungsänderungen vertagen lassen. Mit diesen neuen Bestimmungen könnte der heute 67-jährige Präsident bis 2036 an der Macht bleiben.

Putin würdigt Verdienste der Roten Armee

Putin erinnerte am Samstag an der Ewigen Flamme im Alexandergarten in Moskau an die großen Verdienste der Roten Armee. „Sie haben das Vaterland gerettet, das Leben der künftigen Generationen geschützt. Sie haben Europa befreit und die Welt beschützt“, sagte der Kreml-Chef. Die Opfer würden niemals vergessen, die Siegesparade werde nachgeholt. „Wir verbeugen uns vor der Generation der großen Sieger“, sagte Putin. Russland sei unbesiegbar.

Russlands Präsident Vladimir Putin
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Putin: „Wir verbeugen uns vor der Generation der großen Sieger“

Während der Zeremonie bei leichtem Regen gab es auch eine Schweigeminute. In Moskau wurde es totenstill. Putin legte zunächst einen Strauß roter Rosen am Grab des unbekannten Soldaten nieder, anschließend rote Nelken an den Gedenksteinen der Heldenstädte der Sowjetunion. Die Zeremonie wurde im Fernsehen übertragen.

Trotz des Regens gab es in Moskau eine Flugshow der russischen Luftstreitkräfte. Solche Flugparaden gab es in mehreren russischen Städten. Für den Abend war auch Feuerwerk angekündigt. Gefeiert wird in Weißrussland und Russland später als in Deutschland, weil die Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 zu einer Uhrzeit erfolgte, als in Moskau schon der 9. Mai angebrochen war. Zum Tag der Befreiung am Freitag in Deutschland hatte Putin in einem Telefonat mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel an das historische Ereignis erinnert.