Fahrgäste in der Wiener U-Bahn
APA/Hans Punz
Bewegungsdaten

Mobilität steigt, „Öffis“ aber deutlich geleert

Nach der Schockstarre im Zuge der Coronavirus-Pandemie sind die Österreicherinnen und Österreicher nun wieder deutlich mobiler. Vergleichsweise leer ist es nach wie vor in den öffentlichen Verkehrsmitteln – die Rückgänge bei der Nutzung im Nah- und Fernverkehr belaufen sich auf bis zu 80 Prozent.

Anonymisierte Bewegungsdaten, die das Telekomunternehmen A1 und das Grazer Unternehmen Invenium an den Coronavirus-Krisenstab liefern, lassen erkennen, dass das Haus wieder öfter verlassen wird. „Vom Vorkrisenniveau" oder ‚old normal‘ sind wir aber noch deutlich entfernt“, sagte Mario Mayerthaler, Head of Innovation der Telekom Austria Group.

Die täglichen Analysen über die Bewegungsmuster beruhen auf Informationen darüber, welche Mobiltelefone sich über die SIM-Karte über den Tag verteilt an welchen Handymasten einwählen. Die Grunddaten bleiben zu jeder Zeit bei A1. Jedes Handy erhält eine für das Tracking automatisch zufällig generierte Nummer zugewiesen, die alle 24 Stunden neu vergeben wird.

Bewegungsradius deutlich reduziert

An den Werktagen der vergangenen Wochen wird das Ausmaß der Mobilitätsreduktion klar: Der Anteil der Österreicher, die pro Tag weniger als einen Kilometer zurücklegen, stieg von beständigen rund 27 Prozent vor der Krise in der Woche von 23. bis 27. März auf den Höchststand von 56 Prozent an. In den vergangenen beiden Wochen schrumpfte diese Gruppe nun auf zuerst 43 und zuletzt 37 Prozent zusammen.

Menschen auf der Herrengasse in Graz
APA/Erwin Scheriau
Die „Öffis“ haben in der Krise deutlich an Beliebtheit eingebüßt

Die Gruppe jener, die werktags über zehn Kilometer zurücklegen, machte in der vergangenen Woche bereits wieder 30 Prozent aus – und das nach einem Absinken gegen Ende März auf nur noch 15 Prozent und ausgehend vom Normalwert um die 37 Prozent. Weniger Veränderung gab es bei jener Personengruppe, die zwischen einem und zehn Kilometer zurücklegt, die an Werktagen bei rund 30 Prozent weitestgehend stagnierte. Diese „normalen Alltagswege“ wurden also insgesamt weniger reduziert, sagte Verkehrswissenschafter Michael Cik von Invenium.

Anhaltend leere Verkehrsmittel

Auffallend ist für Cik die anhaltende Flaute bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Hier gab es durch den „Lock-down“ Einbrüche von 80 bis 90 Prozent im Nah- und Fernverkehr. „Wie man dieses Rückgrat des Verkehrs wieder in die Gänge bekommt“, sei eine der wichtigsten Fragen der kommenden Wochen, sagte Cik. Im öffentlichen Fernverkehr beträgt der Rückgang nämlich immer noch 75 bis 80 Prozent, im Nahverkehr zwischen 65 und 80 Prozent. Aufgrund des subjektiven Sicherheitsgefühls sei eben „das Auto wieder sehr attraktiv geworden“. Ob und wie lange dieser Effekt anhält, sei offen.

Parkbesucher im Wiener Volksgarten
APA/Herbert Pfarrhofer
Parks waren in letzter Zeit wieder auffallend belebt

Mit einem weiteren Mobilitätsschub sei jedenfalls spätestens übernächste Woche zu rechnen, wenn die Schulen den gestaffelten Unterrichtsbetrieb wieder aufnehmen, sagte Cik. Das Aufsperren der Gastronomie unter Auflagen am Freitag werde sich auch bemerkbar machen: Momentan registriere man etwa auf Einkaufsmeilen wie der Wiener Mariahilfer Straße sowie dem Stephansplatz und Graben schon wieder viel mehr Menschen. Die Kurven fallen gegen Abend hin aber rapide ab, weil Geschäfte schließen und Gastro- sowie Kulturangebote noch nicht zur Verfügung stehen, so Cik.

Von früheren Daten „noch meilenweit entfernt“

Besonders augenscheinlich ist ein Jahresvergleich: So zählte man am Stephansplatz und Graben am 11. Mai 2019 (von 7.00 bis 24.00 Uhr) über 120.000 heimische SIM-Karten-Nutzer und zusätzlich fast 40.000 aus dem Ausland. Am vergangenen Samstag (2. Mai) waren dort etwas über 30.000 österreichische SIM-Karten und nahezu keine Roamingbenutzer eingeloggt. Von den quasi „historischen Daten“ an derartigen „Hochfrequenzorten sind wir also noch meilenweit entfernt“, auch weil die Touristen wegfallen, sagte Cik.