Ein Mann mit Handschuhen nimmt einen Kohl aus der Gemüseabteilung eines Supermarktes
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Krisenessen

Nudeln und Kohl als Verkaufsschlager

Hamsterkäufe von Klopapier, Germ und Nudeln gelten als Sinnbild der Coronavirus-Krise. Doch es landeten noch viel mehr Produkte in großen Mengen in den heimischen Einkaufswagerln, darunter Überraschendes wie Kohlgemüse. Die Hamsterkäufe haben sich mittlerweile eingependelt, Nudeln bleiben aber ein Verkaufsschlager. Es wird auch weiter deutlich mehr eingekauft als vor der Krise.

Aktuell seien die Gesamtumsätze im heimischen Lebensmittelhandel im einstelligen Prozentbereich höher als vor der Pandemie, heißt es vom Handelsverband auf Anfrage gegenüber ORF.at. Die Einkäufe hätten sich allerdings „normalisiert“, sprich es gibt keine Hamsterkäufe mehr. Einige Produkte würden aber weiterhin viel stärker nachgefragt als davor, darunter Nudeln mit einem Plus von 22 Prozent im April – vermutlich weil sie auch im Homeoffice schnell zuzubereiten seien, meint Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Stark nachgefragt seien auch Reis, Eier und Milch bzw. Milchpulver.

Besonders hoch war naturgemäß die Nachfrage im Lebensmittelhandel rund um den „Lock-down“ Mitte März, so eine Auswertung von Einkäufen von 2.800 Haushalten durch die Agrarmarkt Austria (AMA). Der Umsatz in der Kalenderwoche elf stieg mit der Ankündigung erster Maßnahmen und dem „Lock-down“ im Vergleich zum Durchschnitt der Vorjahre um fast ein Drittel. Der Umsatz im März lag um 22,8 Prozent höher als der Vorjahreszeitraum, das ganze Quartal gegenüber dem Vorjahr um durchschnittlich 12,9 Prozent.

Kohl, Kraut und Brokkoli als Verkaufsschlager

Überraschend, so die AMA, hat Kohlgemüse, also Kraut, Kohl, Brokkoli und Karfiol, in der Krise eine sehr starke Nachfrage erlebt, mit einem Plus von 37,4 Prozent im ersten Quartal. Die AMA führt das darauf zurück, dass diese Gemüsesorten lange lagerfähig sind und dabei den Eindruck frischer Vitamine vermittle. Womöglich hat auch dazu beigetragen, dass das Angebot im Gemüsesegment im März eher eingeschränkt ist. Auch Fertiggerichte boomen laut AMA gegen den bisherigen Trend, je nach Art mit bis zu 40 Prozent Plus.

Gemüse im Regal
ORF.at/Zita Klimek
Kohlgemüse, also etwa Kraut und Karfiol – erlebten einen wahren Boom in der Krise

Gemüse war aber auch in Form von Konserven sehr gefragt, ihr Absatz legte laut AMA im ersten Quartal ebenfalls um ein Drittel zu, gefolgt von Tiefkühlkartoffelprodukten, Haltbarmilch und Konservenobst. Diverse Milchprodukte, Tiefkühlgemüse, Salat in Konserven und sauer eingelegtes Gemüse in Konserven sowie Eier waren im ersten Quartal auch stark gefragt, getrieben vor allem durch die enorme Nachfrage im März.

Laut den jüngsten Zahlen des Handelsverbands stieg der Umsatz mit Frischeprodukten wie Obst, Gemüse, Frischfleisch, Käse und Molkereiprodukten seit Anfang März um zehn bis 20 Prozent. Im Bereich Trockensortiment sei die Nachfrage ebenfalls überdurchschnittlich, wenn auch nicht mehr signifikant höher. Auch im Hygienesegement seien die Umsätze im einstelligen Bereich weiter über Durchschnitt – Gummihandschuhe und Desinfektionsmittel bleiben gefragt.

Die Menschen kaufen seltener, dafür aber mehr ein

Die Ausgangsbeschränkungen zeigen sich auch eindeutig am Einkaufsverhalten: Die Menschen in Österreich gehen weniger oft einkaufen, geben dann aber mehr Geld aus. Junge Haushalte, so die AMA-Zahlen, deckten sich im ersten Quartal mit einem Grundvorrat ein, aber auch ältere, berufstätige Personen, die sonst häufig außer Haus essen. Da dürfte das verstärkte Homeoffice ebenfalls viel zur erhöhten Nachfrage beigetragen haben. Gehamstert haben laut AMA sowohl Haushalte mit niedrigen als auch hohen Einkommen.

Grafik zu gefragten Lebensmitteln
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: AMA

Auch der Onlinelebensmittelhandel hat von den Ausgangsbeschränkungen laut Handelsverband profitiert, allerdings von sehr niedrigem Niveau aus: Vor der Krise lag der Anteil am Umsatz bei gerade einmal 1,5 Prozent. Und mittlerweile schätze ein Drittel der heimischen Onlineeinkäufer den Einkauf bei heimischen Händlern wichtiger ein als im Vergleich zu vor der Krise, so der Handelsverband.

Bauern profitieren von der Krise

Und nicht nur die Supermärkte haben von der allgemein gestiegenen Nachfrage nach Lebensmitteln profitiert: Mit einem Plus von 15,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum legten laut AMA auch Fleischhauer, Direktvermarkter und Bauernmärkte zu. Vor allem Direktvermarkter, also mit Verkauf ab Hof, haben von der Krise stark profitiert (Plus 22,1 Prozent). Das liegt wohl auch an den verstärkten Onlineangeboten seit der Krise.

Tiefkühlregal im Supermarkt
ORF.at/Roland Winkler
Tiefkühlwaren wurden wie alle länger haltbaren Lebensmittel verstärkt gekauft

Es gebe einen länger anhaltenden Trend zu regionalem Gemüse und Fleisch, so der Handelsverband, dieser sei durch die Krise verstärkt worden. Viele Händler hätten aber einen starken Fokus auf österreichische Produkte. Auch Bio wird laut Handelsverband stärker nachgefragt – laut den Zahlen der AMA vom ersten Quartal bliebt der Bioanteil bei Lebensmitteln allerdings konstant.

Dämpfer durch geschlossene Gastronomie

Die geschlossene Gastronomie hat der Handel ebenfalls deutlich zu spüren bekommen: Knapp ein Viertel der Umsätze bzw. Wareneinsätze entfallen laut AMA auf Gastronomie und Hotellerie. Vor allem Frischfleisch wurde weniger nachgefragt – knapp die Hälfte des Fleisches wird laut AMA außer Haus konsumiert. Wegen ausgefallener Grillpartys war auch die private Nachfrage niedriger als sonst. Auch Eier wurden von der Gastronomie deutlich weniger gekauft.