Amnesty wirft Assad und Moskau Verbrechen in Nordsyrien vor

Im Syrien-Konflikt haben die Regierungen von Machthaber Baschar al-Assad und Russland nach Angaben von Amnesty International gegen das Völkerrecht verstoßen und Kriegsverbrechen begangen. In einem heute vorgelegten Bericht dokumentiert die Menschenrechtsorganisation 18 Angriffe auf Krankenhäuser, Schulen oder andere zivile Einrichtungen im Nordwesten Syriens.

Sie ereigneten sich vor allem im Umkreis von Idlib, wo sich die letzte Rebellenhochburg des Landes befindet, aber auch in Aleppo und Hama. Amnesty wirft den Regierungstruppen und den mit ihr verbündeten russischen Truppen vor, absichtlich Zivilpersonen und zivile Infrastruktur angegriffen zu haben. Es handle sich um eine „Vielzahl schwerer Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht“, die „Kriegsverbrechen“ gleichkämen. Sie stammten aus dem Zeitraum zwischen Mai 2019 und Februar 2020.

Amnesty macht die syrischen Regierungstruppen unter anderem für einen Angriff mit international geächteten Streubomben auf eine Schule verantwortlich. Dabei wurden nach Angaben der Organisation am 25. Februar in der Stadt Idlib drei Menschen getötet.

Bei einem russischen Luftangriff nahe einem Krankenhaus in der Stadt Ariha wurden laut Amnesty am 29. Jänner zwei Wohngebäude zerstört und elf Zivilpersonen getötet. Ziel solcher Angriffe sei es, „die Zivilbevölkerung zu terrorisieren“, erklärte die Amnesty-Regionaldirektorin Heba Morayef.

„Tickende Zeitbombe“

Die Mehrzahl der in dem Bericht dokumentierten Angriffe ereignete sich nach Angaben von Amnesty zwischen Jänner und Februar dieses Jahres – also in einer Phase, in der die Regierungstruppen und russischen Verbände ihre Offensive in der Provinz Idlib verstärkten. In dieser Phase wurden seit Dezember rund 500 Zivilpersonen getötet und fast eine Million Menschen in die Flucht getrieben.

Seit Anfang März wird in der Provinz Idlib eine Waffenruhe weitgehend eingehalten. Hunderttausende Menschen sind aber weiterhin von ihren Wohnorten vertrieben.

Zuletzt hatte die UNO der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und anderen Gruppen in Syrien vorgeworfen, die Coronavirus-Pandemie zu nutzen, um Angriffe auf Zivilpersonen zu verstärken. Die sich verschlechternde Situation sei „eine tickende Zeitbombe“, die nicht ignoriert werden dürfe, warnte UNO-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet. Die UNO fordert wegen der Krise eine landesweite Waffenruhe. Der syrische Bürgerkrieg dauert bereits seit 2011 an. Mehr als 380.000 Menschen wurden getötet, Millionen Menschen vertrieben.