Arbeiter mit Schutzmaske
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Kurzarbeit

Suche nach neuem Modell

In Sachen Kurzarbeit, die Kündigungen vermeiden helfen soll, wird der Ruf nach einem neuen Modell laut. Derzeit kann die Coronavirus-Kurzarbeit für drei Monate beantragt und einmalig um drei Monate verlängert werden. Doch das reicht in einigen Branchen für das wirtschaftliche Überleben offenbar nicht. Der Ruf nach einer neuen Regelung wird laut.

So wird etwa in den „Salzburger Nachrichten“ („SN“, Dienstag-Ausgabe) ein Arbeitnehmervertreter zitiert: „Alle gehen davon aus, dass es nach sechs Monaten weitergehen muss.“ Offenbar ist eine Differenzierung im Gespräch, „die Frage ist nur, mit welchem Kurzarbeitsmodell, für welche Branchen und bis wann“, so der Arbeitnehmervertreter.

Laut anderen Medienberichten steht bereits eine Verlängerung im Raum. „Österreich“ berichtete unter Berufung auf Sozialpartnerkreise, eine Verlängerung bis Jahresende sei mehr als wahrscheinlich. Beim Coronavirus-Kurzarbeitsgeld erhalten die Arbeitnehmer bei reduzierter Arbeitszeit je nach Verdiensthöhe 80 bis 90 Prozent des bisherigen Nettoentgelts. Das AMS ersetzt dem Arbeitgeber bei Kurzarbeit die Kosten für die Ausfallstunden.

„Geschlossen“-Schild bei einem Hotel in Salzburg
APA/Barbara Gindl
Rund 100.000 Menschen sind laut den jüngsten Zahlen in der Gastronomie von Kurzarbeit betroffen

Hoteliers: Brauchen Kurzarbeit bis 2021

Die Präsidentin der Hoteliervereinigung, Michaela Reitterer, forderte eine Änderung. Die Betriebe in ihrer Branche brauchten Kurzarbeit bis 2021, nicht nur, wie es die jetzige Regelung vorsieht, drei oder insgesamt sechs Monate. „Warum kann man nicht gleich für zwölf Monate ansuchen, wenn wir schon wissen, dass wir es für ein Jahr brauchen“, so die Hotelchefin. „Wir bitten um ein maßgeschneidertes Modell für die Hotellerie“, so ihr Appell an die Regierung.

Derzeit sind Gespräche im Laufen. „Es gibt Gespräche, wie es mit der Kurzarbeit weitergeht“, so der Sprecher von Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) am Dienstag auf APA-Anfrage. Eingebunden seien die Sozialpartner, die Bundesländer und Wirtschaftsforscher. Eine Entscheidung gebe es noch nicht. Aschbacher wollte am Dienstag eine zeitliche Verlängerung der Kurzarbeit vorerst nicht bestätigen. „Wir sind gerade in intensiven Verhandlungen und Gesprächen mit den Sozialpartnern“, sagte die Arbeitsministerin. Man werde Maßnahmen für den Arbeitsmarkt demnächst gemeinsam präsentieren.

Rund 1,3 Millionen Arbeitsplätze betroffen

Im Rahmen der CoV-Kurzarbeit waren per 11. Mai über 109.000 Anträge beim AMS in Bearbeitung, davon waren bei rund 108.000 ausreichend Informationen vorhanden. Diese Anträge umfassen laut Ministerium etwa 1,3 Millionen Arbeitsplätze, davon 342.000 im produzierenden Sektor, 295.000 im Handel und 100.000 in der Beherbergung und Gastronomie. Derzeit sind für die Kurzarbeit von der Regierung zehn Mrd. Euro budgetiert, 127 Mio. Euro wurden bisher ausgezahlt.

Die Kurve der Anträge flache sich ab, so Aschbacher. Wenn man mehr als zehn Mrd. Euro brauche, werde es Gespräche mit dem Finanzministerium geben. Die Unternehmen bekommen die Unterstützung im Nachhinein, müssen die Gehälter also vorfinanzieren. Laut „SN“ wurden bisher erst 0,1 Prozent ausbezahlt – für die März-Abrechnungen.

Maurer: Vorstellen kann man sich vieles

Vertreter von SPÖ, FPÖ und NEOS forderten am Sonntagabend in der ORF-Fernsehsendung „Im Zentrum“ eine Verlängerung der Coronavirus-Kurzarbeit. Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer schloss eine Ausdehnung der Maßnahme am Sonntag in der ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“ nicht aus. „Vorstellen kann man sich vieles“, so Maurer.

„Im Zentrum“: Wer schafft die Arbeit?

Die Pandemie hat Österreich wirtschaftlich in eine beispiellose Lage gebracht – die Lösungsansätze sind unterschiedlich.

Die Oppositionspolitiker kritisierten die langsame Auszahlung der Coronavirus-Hilfen. Mit Ausnahme des Härtefallfonds würde kein Geld fließen, so der stellvertretende NEOS-Klubobmann Gerald Loacker. „Seit März wird angekündigt, es kommt aber nichts an“, so Loacker in der ORF-Sendung. „Die Unternehmen brauchen dieses Geld viel schneller, weil sie die Löhne und Gehälter vorstrecken müssen, während sie kaum Umsatz haben“, drängte Loacker am Dienstag in einer Aussendung.

Auch die stellvertretende SPÖ-Klubvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek drängte in der Sendung zu mehr Tempo. „Es haben viele noch nicht ein Geld gesehen.“ Heinisch-Hosek warnte vor einer Pleitewelle, weil den Unternehmen bald das Geld ausgehe.

FPÖ sieht Verordnungschaos

Neben stockenden Hilfsgeldern sieht die stellvertretende FPÖ-Klubobfrau Dagmar Belakowitsch auch kurzfristig veröffentlichte Verordnungen als große Belastung für die Firmen. „Das Verordnungschaos ist eine zusätzliche Hürde für die Unternehmen gewesen.“

Der stellvertretende ÖVP-Klubobmann Peter Haubner verteidigte in der ORF-Sendung die Abwicklung der Coronavirus-Hilfen. „Wir versuchen unser Bestes.“ Er bestätigte aber Verzögerungen „am Anfang“ beim AMS, bei der Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) und bei der staatlichen Förderbank (aws). Nun sei aber das „System in Bewegung“, und Gelder würden fließen, sagte Haubner.

Kurzarbeit in vielen EU-Staaten

Das Instrument der Kurzarbeit hat sich in vielen Staaten Europas als Alternative zu Kündigungen etabliert. In der Pandemie wurden für rund 50 Millionen Beschäftigte in der EU und der Schweiz Anträge gestellt, wie die deutsche gewerkschaftliche Hans-Böckler-Stiftung am Dienstag in einer Studie schrieb. Frankreich liegt bei den absoluten Zahlen mit 11,3 Millionen Kurzarbeitern und -arbeiterinnen auf Platz eins, Deutschland folgt mit 10,1 Millionen Beschäftigten auf Platz zwei.

Gemessen an der Beschäftigtenzahl wird Kurzarbeit aber am häufigsten in der Schweiz genutzt. Dort arbeiten 48,1 Prozent aller Beschäftigten kurz. Ähnlich hoch sind die Anteile in Frankreich und Italien. Auf dem deutschen Arbeitsmarkt beträgt der Anteil der Kurzarbeit 26,9 Prozent und entspricht damit ziemlich genau dem Schnitt in der Europäischen Union. So gut wie keine Kurzarbeit gibt es hingegen in Polen und der Slowakei.

Von zwei Wochen bis 13 Monate

Die Lohnsubvention für den konjunkturellen Krisenfall ist in den Staaten sehr unterschiedlich ausgestaltet. Die maximale Bezugsdauer reicht von zwei Wochen in Rumänien bis zu 13 Monaten in Finnland. In Polen erhalten die Beschäftigten die Hälfte ihres ausgefallenen Entgelts, während in den Niederlanden bis zu 100 Prozent ausgeglichen werden. Die Forscher und Forscherinnen des Böckler-Instituts empfehlen mindestens 80 Prozent, eine starke Beteiligung der Arbeitnehmer an der Planung und einen Kündigungsschutz über die Zeit der Kurzarbeit hinaus.