Kulturstaatsekretärin Ulrike Lunacek
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Lunacek kündigt persönliche Erklärung an

Kulturstaatsekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) gibt am Freitag um 10.00 Uhr eine persönliche Erklärung ab, wie in der Früh bekanntwurde. Die Kritik an Lunacek wurde in den letzten Tagen lauter. Nachdem vor allem von Kulturschaffenden das Coronavirus-Krisenmanagement der Staatssekretärin bemängelt worden war, kam zuletzt auch Kritik aus der Opposition. NEOS und FPÖ forderten einen Rücktritt Lunaceks.

Angeheizt wurde die Debatte durch ein Interview mit der grünen Abgeordneten Eva Blimlinger. Auf die Frage, ob Blimlinger es so wie einige Kritiker sehe, dass Lunacek nicht kompetent genug für den Job als Staatssekretärin sei, sagte sie: „Ein bisschen schon. Sie kommt nicht aus dem Kulturbereich. Als sie Anfang des Jahres startete, konnte sie sich aber sehr schnell einarbeiten.“

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gab hingegen seiner Parteikollegin Rückendeckung. „Nicht nur sie ist zuständig für den Bereich Kultur und dessen Öffnungsstrategie, sondern wir sind genauso zuständig, es ist auch unsere Verantwortung“, sagte Anschober bei einer Pressekonferenz.

Kurz: Höchstpersönliche Entscheidung

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) äußerte sich am Donnerstag in der ZIB2 zu Gerüchten, wonach Lunacek demnächst zurücktreten könnte. Auf die Frage, ob er von einem Rücktritt der Staatssekretärin weiß, sagte er: „Na, schauen Sie. Die Staatssekretärin hatte sicherlich keine einfache Zeit. Ich glaube, das ist aber keine Frage von Personen, sondern weil die Situation gerade für die Kultur angespannt ist. Aber Entscheidungen wie diese sind höchstpersönliche Entscheidungen.“

Er habe zu Lunacek „ein gutes persönliches Verhältnis“, so Kurz. Auf die Frage, ob im Fall ihres Rücktritts die Kulturzuständigkeit wieder zur ÖVP wechseln könnte, versicherte er: „Die Ressortverteilungen sind klar“ und „sie werden sich auch nicht ändern.“

NEOS-Kritik an Lunacek

Am Mittwoch hatte NEOS den Rücktritt von Lunacek gefordert. „Vielleicht sollte im Kulturstaatssekretariat statt Lunacek jemand sitzen, der das nötige Interesse und die nötige Empathie hat, Lösungen zu finden“, so NEOS-Kultursprecher Sepp Schellhorn in einer Aussendung.

Dass die grüne Politikerin es „nicht einmal für wichtig genug empfindet, bei dem Treffen mit Kulturschaffenden über Hygienebestimmungen dabei zu sein, beweist einmal mehr, dass ihr die Hilferufe der Kunst- und Kulturschaffenden kein echtes Anliegen sind, und ist ein Hohn gegenüber jenen, die dieses Land zu einer Kulturnation machen“, so Schellhorn. Dabei bezog er sich auf einen runden Tisch mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Theater- und Filmbranche mit dem Gesundheitsministerium, zu dem Lunacek nicht persönlich erschienen sei.

FPÖ: Unterirdisch

Auch die FPÖ stimmte in die Kritik an Lunacek ein. „Frau Lunacek, Ihr Rücktritt ist fällig – und zwar sofort“, so Parteichef Norbert Hofer am Donnerstag. Die Performance Lunaceks in der Coronavirus-Krise bezeichnete Hofer als „unterirdisch“. Lunacek habe als Spitzenkandidatin maßgeblich dafür gesorgt, dass die Grünen 2018 aus dem Parlament geflogen seien. „Nun arbeitet sie mit allen Kräften daran, dass die Grünen auch aus der Regierung fliegen“, so Hofer. Er könne nicht verstehen, was Grünen-Chef Werner Kogler geritten habe, die wohl erfolgloseste Politikerin in der Geschichte der Grünen zur Kulturstaatssekretärin zu machen.

Lange Karriere in der Politik

Ihre parteipolitische Karriere begann Lunacek 1995, als sie erstmals für den Nationalrat kandidierte, jedoch angesichts des enttäuschenden Abschneidens der Grünen scheiterte. Entschädigt wurde Lunacek ein Jahr später, als sie zur Bundesgeschäftsführerin avancierte. 1999 gelang schließlich der Sprung in den Nationalrat, dem sie bis zum Wechsel ins Europaparlament, wo sie es bis zur Vizepräsidentin brachte, im Jahr 2009 angehörte. In der Europapolitik wurde der Kosovo zu ihrer Schwerpunktregion. Dort war sie Berichterstatterin des EU-Parlaments.

Bei der vorletzten Nationalratswahl stellte sie sich als Spitzenkandidatin zur Verfügung – die Grünen schafften damals die Hürde für den Einzug ins Parlament nicht und flogen aus dem Nationalrat. Nach der letzten Nationalratswahl schließlich wurde Lunacek Kulturstaatssekretärin der türkis-grünen Bundesregierung.

Lunacek dementierte am Dienstag Rücktrittsgerüchte

Schon am Dienstag hatte es Rücktrittsgerüchte gegeben: Laut „Standard“ soll Lunacek ihren Rücktritt überlegt haben. In dem Bericht hieß es, die Staatssekretärin soll seit Wochen merken, „dass sie ihre Stärken – etwa eine jahrzehntelang aufgebaute Expertise in außenpolitischen Bereichen“ – nicht ausspielen könne. Noch am Abend dementierte Lunacek den Bericht: „Ich halte mich nicht mit Gerüchten auf. Ich kämpfe mit aller Kraft weiter, den Kunst- und Kulturbereich gut über die Corona-Krise zu bringen“, sagte sie in einer schriftlichen Stellungnahme.

„Das ist mein Ziel. Ich weiß, wie schwierig die Lage der in der Kunst und Kultur Tätigen ist, und nehme die Kritik sehr ernst. Kunst und Kultur sind essenziell für unsere Gesellschaft, sie sind wichtig für die Demokratie und unseren Wirtschaftsstandort Österreich“, so Lunacek. „Gute Maßnahmen zur Stabilisierung der finanziellen Notlagen und die Lockerungen im Veranstaltungsbereich sind derzeit meine oberste Priorität. Dafür setze ich mich ein.“

Kulturschaffende fordern Rettungsschirm

Unter Schauspielern, Musikern und anderen Kulturschaffenden formierte sich eine Initiative, die per Petition einen Rettungsschirm für die Branche fordert. Die Auswirkungen der Pandemie auf „Kunst, Kultur, Event- und Kreativwirtschaft sind dramatisch. Unsere Branchen wurden als erste zugesperrt und werden auch zu den letzten gehören, die ihre Arbeit wieder voll aufnehmen können“, hieß es am Dienstag in einer Aussendung.

Lukas Resetarits in der ZIB2

Kabarettist Lukas Resetarits erklärt die Beweggründe für die Veröffentlichung jenes Videos, in dem er den Umgang der Regierung mit der Kulturbranche kritisiert.

Gefordert wurde eine finanzielle Kompensation für fehlende Ticketverkäufe, Kurzarbeitsregeln für „kurzfristig Beschäftigte“, wie sie sich im Kulturbetrieb zahlreich finden, und eine Verlängerung der Kurzarbeitsregeln sowie der Hilfsfonds, bis all jene, die in der Event- und Unterhaltsbranche tätig sind, ihre Arbeit wieder zu 100 Prozent aufnehmen dürfen.

Mitinitiator war auch der Kabarettist Lukas Resetarits. Er hatte in den vergangenen Tagen mit einem Video für Aufsehen gesorgt, am Montag bekräftigte er seine schwere Kritik an Lunaceks Krisenmanagement in der ZIB2. „Ich bin wütend, weil das eine Missachtung unserer ganzen Branche ist.“ Man sei nicht kontaktiert worden, auch wenn sich die gesamte Branche, die den Grünen in der Vergangenheit viel Rückhalt gegeben habe, in der Pandemie vorbildlich verhalten habe, so Resetarits.