Israels neue Regierung besteht Vertrauensvotum

Nach anderthalb Jahren politischer Lähmung hat Israel eine neue Regierung. 73 von 120 Abgeordneten stimmten heute in einem Vertrauensvotum für die neue Koalition. „Dies ist ein wichtiger Tag für den Staat Israel“, sagte Likud-Parteichef Benjamin Netanjahu zuvor vor der Knesset, dem israelischen Parlament.

Netanjahu als Erster an der Reihe

Netanjahu (70) hatte sich mit seinem Zentrumsrivalen, Benni Ganz (60), auf die Bildung einer Großen Koalition verständigt. Beide vereinbarten eine Rotation im Amt des Ministerpräsidenten. Demnach wird zunächst Netanjahu, der wegen Korruption angeklagt ist, für eineinhalb Jahre Regierungschef, danach Ganz. Der Ex-Militärchef wird zunächst Verteidigungsminister.

Israel hat binnen eines Jahres bereits dreimal gewählt. Ein Patt zwischen dem rechts-religiösen und dem Mitte-links-Block verhinderte lange eine Regierungsbildung. Die Einigung auf eine Koalition kam dann vor dem Hintergrund der Coronavirus-Krise zustande.

Regierung im Schatten eines Korruptionsprozesses

Die Koalition verfügt über eine stabile Mehrheit von 73 der 120 Abgeordneten im Parlament. Neben Likud und Ganz’ „Stärke für Israel“-Partei (Chosen leIsrael) gehören auch die strengreligiösen Parteien, zwei Abgeordnete der sozialdemokratischen Arbeitspartei sowie weitere einzelne Knesset-Mitglieder dem Regierungsbündnis an.

Ein Prozess gegen Netanjahu, der wegen Betrugs, Untreue und Bestechlichkeit angeklagt ist, soll in einer Woche beginnen. Die Abgeordneten hatten trotz einer Korruptionsanklage empfohlen, ihn erneut mit der Regierungsbildung zu beauftragen.

Unklarheit über Annexionspläne

Die neue Regierung hatte am Mittwochabend ihre Leitlinien veröffentlicht. Im Fokus steht der Kampf gegen das Coronavirus. Die Regierung will außerdem „den jüdischen und demokratischen Charakter des Landes gewährleisten“. Die Leitlinien betonen „das unveräußerliche Recht des jüdischen Volkes auf einen souveränen Staat im Land Israel, seiner nationalen und historischen Heimat“. Annexionspläne im besetzten Westjordanland – die USA haben Israel freie Hand für die Annexion des Jordantales gegeben – wurden nicht explizit erwähnt.