Lokal 7 des Untersuchungsausschusses in der Wiener Hofburg
ORF.at/Lukas Krummholz
„Ibiza“-Ausschuss

Verhärtete Fronten vor Start der Befragung

Knapp zwei Wochen vor Start der Befragungen im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss sind die Fronten zwischen den Fraktionen verhärtet. Aktuell steht Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) im Zentrum des Schlagabtausches. NEOS sieht den U-Ausschussvorsitzenden befangen, die ÖVP wies die Vorwürfe zurück, und die SPÖ legte nach. Sobotka will sich nun mit den Fraktionsführern treffen.

NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper hatte am Samstag ihre Recherchen und ihr Studium der „Ibiza“-U-Ausschussakten präsentiert. Sie kam dabei zum Schluss, dass Sobotka „zahlreiche problematische Naheverhältnisse“ zu Personen aufweise, die zum Teil dem U-Ausschuss ab Anfang Juni Rede und Antwort werden stehen müssen. Krisper bezweifelt daher, dass der Ausschussvorsitzende „hier die gebotene unabhängige, sachliche und objektive Verfahrensleitung gewährleisten kann“. Er könne sich von der Zweiten Nationalratspräsidentin (Doris Bures, SPÖ, Anm.) bzw. vom Dritten Nationalratspräsidenten (Norbert Hofer, FPÖ, Anm.) vertreten lassen.

Die ÖVP bezeichnete die Forderung als „absurd“. „Wen will denn die Opposition als Vorsitzenden? Jemanden, der in den vergangenen 30 Jahren noch nie jemanden getroffen hat, der als Auskunftsperson geladen werden könnte?“, fragte die stellvertretende ÖVP-Generalsekretärin Gaby Schwarz. Sie bezeichnete es als „starkes Stück einer Oppositionspartei“, Sobotka bereits im Vorfeld des Untersuchungsausschusses vorzuwerfen, den Vorsitz nicht nach bestem Wissen und Gewissen zu führen.

Schwarz: Vorgänge „täglich absurder“

„Die Vorgänge in der Opposition werden täglich absurder“, teilte Schwarz mit und nannte konkret die NEOS-Abgeordnete Krisper und den SPÖ-Abgeordneten Kai Jan Krainer beim Namen. Krainer hatte zuletzt etwa heftige Kritik an der Wahl des Ausschusslokals geübt. „Es wäre ein Zeichen von Größe, wenn sich Krainer und Krisper für ihre Ausritte entschuldigen“, meinte Schwarz und ergänzte: „Wenn Sie es schon nicht zur Rettung Ihrer eigenen Würde tun, dann tun sie es wenigstens, um die Würde des Hohen Hauses nicht weiter zu beschädigen.“

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka im Eurofighter-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Carina Kainz
NR-Präsident Sobotka wird den U-Ausschuss als Vorsitzender leiten

Anders sieht es freilich die SPÖ, die sich mittels Presseaussendung an der Debatte um Sobotka beteiligt. „Die ständigen Widerstände der ÖVP in Sachen Ibiza-U-Ausschuss treiben skurrile Blüten“, so SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. Er ortete Nervosität bei der ÖVP. „Mag sein, dass Frau Schwarz auch hochgradig nervös ist, weil Verbindungen von Sobotka zu Novomatic öffentlich wurden“, so der SPÖ-Parteimanager, der der ÖVP auch vorwarf, „etwas“ verstecken zu wollen.

Debatten vor dem Start

Bereits zuvor hatten sich die Fronten zwischen Opposition – besonders SPÖ und NEOS – und den Regierungsfraktionen ÖVP und Grüne verhärtet. Gründe dafür waren einerseits der Einspruch von ÖVP und Grünen gegen die Zusammensetzung der U-Ausschussthemen, andererseits die Wahl der Räumlichkeit für die Befragung. Wegen des Coronavirus wurde überlegt, den Sitzungsraum zu wechseln. Die SPÖ plädierte für den Plenarsaal, die Parlamentsdirektion schlug die Erweiterung des bisher genutzten Lokal 7 in der Hofburg vor. Die SPÖ übte scharfe Kritik an Sobotka. Die Parlamentsdirektion untersteht dem Nationalratspräsidenten.

Wegen der teils heftig geführten Debatten, die unter anderem auch die Parlamentsdirektion veranlasste, aktiv zu werden, hat Sobotka nun ein Treffen mit allen Fraktionsführern für Mittwoch einberufen. Es habe ein Gesprächsersuchen gegeben, diesem werde Sobotka nachkommen, bestätigte ein Sprecher am Samstag. SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer: „Ich finde es gut, wenn Sobotka die Karten auf den Tisch legt und alle persönlichen und politischen Beziehungen zu Novomatic offenlegt.“ Der SPÖ-Politiker vermutet, dass Sobotka mit der Einladung zur Aussprache in die Offensive gegangen ist, „weil er weiß, dass er in der Tat ein Problem hat“.

Schon am Montag gibt es eine Aussprache mit Medienvertretern über die Vorgehensweise im U-Ausschuss. Für Dienstag lud Sobotka zu einer Pressekonferenz, bei der er gemeinsam mit Verfahrensrichterin Ilse Huber und Verfahrensanwalt Andreas Joklik einen Ausblick auf den „Ibiza“-U-Ausschuss geben wird – also mehr als eine Woche vor Beginn der Befragung. Zunächst war die Pressekonferenz über den U-Ausschuss für den 3. Juni angesetzt gewesen.

Stephanie Krsiper (NEOS) im Lokal 7
ORF.at/Roland Winkler
NEOS-Mandatarin Krisper legte ihre Recherchen vor und findet, Sobotka sei befangen

„Netzwerk Krumpel-Sidlo-Tschank“

Krisper hatte am Samstag mitgeteilt, dass sich Sobotka in der Zeit der ÖVP-FPÖ-Regierung mehrfach mit Novomatic-nahen Personen getroffen hätte, wie beispielsweise seinem ehemaligen Pressesprecher Bernhard Krumpel, der für die Kommunikation bei Novomatic verantwortlich gezeichnet hatte, und dem Novomatic-Aufsichtsratsvorsitzendem Bernd Oswald, dessen Ehefrau in Sobotkas Büro gearbeitet hatte. Über die Treffen hatte das „Profil“ bereits im November 2019 berichtet.

Besondere Brisanz sieht Krisper darin, dass Sobotkas ehemaliger Mitarbeiter Krumpel bis Mitte 2016 gemeinsam mit FPÖ-Politiker Markus Tschank und dem späteren Finanzvorstand der Casino Austria AG (CASAG), Peter Sidlo, das Unternehmen Polimedia-GmbH betrieben hatte. Gegen beide ermittle die WKStA. Zudem sei Tschank ja bekanntlich Präsident des „Instituts für Sicherheitspolitik“ gewesen, also jenes Vereins, der von der Novomatic 200.000 Euro erhalten habe, argumentierte Krisper.

Krisper: „Andere fragwürdige Verbindungen“

Darüber hinaus sei er für ein ganzes Netzwerk an Vereinskonstruktionen („Austria in Motion“, „Patria Austria“) verantwortlich gewesen. „Das Netzwerk Krumpel-Sidlo-Tschank steht folglich direkt im Fokus der Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses, zumal dieser Aufschluss darüber liefern soll, welche Zahlungen die Novomatic an FPÖ-nahe Vereine – beziehungsweise über ähnliche Konstruktionen an andere Parteien – zu welchem Zweck leistete“, erklärte Krisper.

Abgesehen von weiterhin bestehenden Kontakten zu Novomatic-Eigentümer Graf unterhalte Sobotka zudem „andere fragwürdige Verbindungen“ zum Glücksspielkonzern: „Sobotka ist Präsident des Alois-Mock-Instituts, dessen Zeitschrift ,Report’ im Jahr 2019 mehrfach mit üppigen Novomatic-Inseraten bedacht wurde. Und Sobotka hat sich in seiner Zeit als niederösterreichischer Finanzlandesrat massiv gegen die damals für das kleine Glücksspiel zuständige Landesrätin Christa Kranzl (SPÖ, Anm.) gestellt, als diese im Jahr 2006 versuchte, den dubiosen Geschäftspraktiken der Novomatic Einhalt zu gebieten.“