Blick in ein Hotelzimmer
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Neustart ab Pfingsten

Bangen und Hoffen in der Hotellerie

Mit dem verlängerten Pfingstwochenende endet auch für die Hotellerie die coronavirusbedingte Zwangspause. Ab Freitag dürfen Beherbungsbetriebe ihre Türen wieder für Gäste öffnen. Ob sie es auch tun, ist aber eine andere Frage. Von einem Normalbetrieb kann oftmals nicht die Rede sein – und die regionalen Unterschiede sind groß.

Für Barbara Ludwig braucht es in den kommenden Wochen vor allem eines: „Flexibilität“. Die Chefin des Wiener Boutiquehotels Beethoven will ihr Haus am Freitag wieder aufsperren und dann „den Juni einmal ausprobieren“, sagte sie im Gespräch mit ORF.at. Ludwig kommt bei ihrer Wiedereröffnung zugute, dass sie im Haus ohnehin eine Bar betreibt und mit einem kleinen Team arbeiten kann. Viele andere Hotels – gerade in der Stadt – warten dagegen mit dem Neustart noch ab.

Nur rund 50 Prozent der Beherbungsbetriebe würden mit 29. Mai ihre Türen wieder für Gäste öffnen, hieß es von der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) gegenüber der APA. Das nächste Fünftel würden im Laufe des Juni folgen und weitere 20 Prozent in den ersten beiden Wochen des Juli. Das ergab laut WKÖ eine gemeinsam mit der Österreich Werbung durchgeführte Branchenumfrage. Laut der Obfrau des WKÖ-Fachverbands Hotellerie, Susanne Kraus-Winkler, sperrten jetzt vor allem Betriebe „im Ganzjahrestourismus“ auf, etwa Thermenhotels. Dann folgten die „Sommersaisonbetriebe“ und zuletzt Hotels „im städtischen Bereich“.

Halb so viele Buchungen wie im Vorjahr

Klar ist bereits jetzt: Eine normale Sommersaison wird es keine werden. Laut einer Umfrage der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) liegt die Auslastung für die Qualitätshotellerie für Ende Mai und Juni nur bei 22 Prozent. Vor einem Jahr waren die Häuser im Frühsommer zwar auch bei Weitem nicht auf das letzte Bett gefüllt. Mit 44,5 Prozent waren sie aber doppelt so gut ausgelastet wie in diesem Jahr.

Auch für die eigentlichen Sommermonate rechnet die Branche mit einem starken Rückgang. Im Juli und August betrage die Auslastung „aus heutiger Sicht jeweils nur knapp 33 Prozent“, sagte ÖHV-Generalsekretär Markus Gratzer zur APA. Wenngleich er einräumte, dass sich die Buchungslage noch ändern könnte, sollten weitere Grenzen und Flughäfen geöffnet werden.

Gute Auslastung an den Seen

Im Vorteil sind jedenfalls Betriebe, deren Gäste nicht von weit her mit dem Flugzeug anreisen. Punktuell sieht die WKÖ durchaus eine gute Auslastung. In Kärnten – vor allem im Seengebiet – sei sie sogar sehr gut, so Fachverbandsvertreterin Kraus-Winkler. Auffallend sei, dass die großen Ferienhotels, darunter Thermenhotels, relativ gut gebucht seien. ÖHV-Sprecher Martin Stanits sieht „ein bisschen einen Run auf wenige Hotels“. Aber auch ein Blick auf gängige Urlaubsplattformen zeigt: Gerade an den heimischen Seen ist ein überwiegender Teil der Angebote bereits ausgebucht.

Steg am Wörthersee
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Die Kärntner Badeseen bleiben auch in diesem Sommer ein beliebtes Urlaubsziel

Leere Hotels in den Städten

Weitgehend düstere Aussichten zeichnen die Wirtschaftsvertreter hingegen für die städtischen Hotels. In der Stadt liege der Auslastungswert bei der Hälfte der Ferienhotellerie, sagte Gratzer. WKÖ-Vertreterin Kraus-Winkler sprach von einer Auslastung von durchschnittlich fünf bis zehn Prozent. Hotelchefin Ludwig rechnet für ihr Haus zu Beginn überhaupt nur mit drei bis fünf Prozent.

Etwas bessern könnte sich die Lage Mitte Juni, wenn die Grenze für Gäste aus Deutschland wieder offen ist. Für die Zeit nach dem 15. Juni habe sie auch wieder Anfragen von deutschen Stammgästen, sagte auch Ludwig. Aber rund 30 bis 40 Prozent ihrer Gäste kämen aus Übersee: den USA, Australien und asiatischen Ländern. Diese Gäste würden auf jeden Fall fehlen – „egal, was man sich einfallen lässt“, so Ludwig.

Stadtansicht Wien
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In Wien bleiben die Gäste noch aus

Dazu kommt, dass viele Nächtigungen in den Städten normalerweise auf das Konto von Geschäftsreisenden gehen. Die Hotels stünden vor der „zweifachen Herausforderung, dass der klassische Businessgast ausbleibt und dass die Stadthotellerie stark von internationalen Urlaubern abhängig ist – und da sehen wir noch lange kein Licht am Ende des Tunnels“, sagte ÖHV-Generalsekretär Gratzer.

Sorgen um Personal

Entsprechend pessimistisch äußerte sich am Mittwoch auch die Gewerkschaft. Solange nicht ausreichend Gäste in Hotels nächtigten, sei ein wirtschaftliches Führen der Betriebe selbst mit minimalem Personaleinsatz nicht möglich. „Tausende Menschen, die vor allem in der Stadthotellerie beschäftigt sind, bangen um ihren Arbeitsplatz oder haben diesen schon verloren“, so der Vorsitzende des Fachbereichs Tourismus in der Gewerkschaft vida, Berend Tusch.

Unter anderem auf die Tourismusbranche zielt denn auch der „Neustartbonus“, den die Regierung am Mittwoch vorstellte. Die Maßnahme soll das Teilzeitgehalt auf 80 Prozent der Vollzeitsumme aufbessern, so Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP). Beantragt werden könne der Bonus über das AMS. Das Geld stellt laut Aschbacher das Arbeitsministerium zur Verfügung.

„Vorsichtig optimistisch“

Bei der Wirtschaftskammer in Wien hofft man, dass ab September zumindest Geschäftsreisende wieder vermehrt nach Wien kommen. Hotelchefin Ludwig setzt ihre Hoffnungen für den Herbst auch auf die Wiedereröffnung der Kulturbetriebe. Schließlich sei die Kultur eines der wichtigsten Motive für einen Wien-Urlaub. Mit einem „normalen Herbst“ rechne sie aber nicht. Das gelte auch für das kommende Jahr. Sie sei dennoch vorsichtig optimistisch, sagte die Hotelchefin – „aber vielleicht ist das auch Zweckoptimismus“.