Sticker von Laudamotion am Anzug
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Laudamotion

Mitarbeiter sollen über KV abstimmen

In dem zähen Streit über die Gehälter der Ryanair-Tochter Laudamotion gibt es nun zwar eine Einigung zwischen Wirtschaftskammer (WKÖ) und Gewerkschaft vida für einen zeitlich befristeten Krisenkollektivvertrag. Doch beendet ist der Streit damit noch nicht. Das Unternehmen ziert sich, kritisiert die Art der Verhandlungen und will nun die Beschäftigten über den KV abstimmen lassen.

Rund zehn Stunden hätten die Verhandlungen gedauert, so die Sozialpartner. Bei der Einigung zu nächtlicher Stunde sei keine Abstimmung mit dem Unternehmen mehr möglich gewesen, so die Sichtweise der WKÖ. Anders sieht das offenbar Laudamotion.

In einer Mitteilung vom Donnerstag hieß es vonseiten des Unternehmens, dass die Sozialpartner keinen neuen KV unterschrieben hätten, sondern ein Papier, das nicht mit dem Unternehmen und den Beschäftigten abgestimmt sei, berichtete der „Kurier“. Die Geschäftsführer Andreas Gruber und David O’Brien kritisierten in einem Schreiben an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, dass sowohl Management als auch Crewmitglieder von den Verhandlungen ausgeschlossen gewesen seien.

Laudamotion-CEO Andreas Gruber
APA/Herbert Pfarrhofer
Laudamotion-Geschäftsführer Gruber will seine Mitarbeiter über den KV abstimmen lassen

Piloten sollen auf 300 Euro verzichten

Auf dem Tisch liegt ein von den Sozialpartnern ausgehandelter Kollektivvertrag, der bis 2023 abgeschlossen wurde und das Unternehmen durch die Krise führen soll. Mit 1.440 Euro 14-mal pro Jahr soll das monatlich garantierte Bruttoeinkommen für Flugbegleiterinnen und -begleiter um 44 Prozent im Vergleich zum Erstangebot (1.000 Euro brutto) steigen.

Für Kopilotinnen und -piloten konnte außerdem im Vergleich zum Erstangebot (1.700 Euro brutto) eine Steigerung von 18 Prozent auf 2.000 Euro monatlich garantiertes Bruttoeinkommen erzielt werden. Piloten sollen zugunsten ihrer Kopiloten auf rund 300 Euro pro Monat verzichten. Zudem sollten allfällige gesetzwidrige Regeln des KV als nicht vereinbart gelten.

Offene Fragen bleiben

Der von den Laudamotion-Chefs ursprünglich vorgeschlagene KV enthält mehrere strittige Klauseln, die unter anderem die Dienstzeiten betreffen. Ob das Unternehmen diese Punkte – wie von den Sozialpartnern vereinbart – nun streicht, geht aus dem Schreiben an die Mitarbeiter nicht hervor. Wie eine Laudamotion-Sprecherin gegenüber der APA sagte, hätten gesetzwidrige Klauseln ohnehin nicht gegolten.

Für Laudamotion spießt es sich offenbar an der Art und Weise der Auszahlungen. Die Gewerkschaft will diese monatlich. Das Unternehmen will erst am Ende des Jahres nachzahlen, wenn das Mindestgehalt unterschritten worden ist, berichtete der „Kurier“.

Einigung auf Laudamotion-Kollektivvertrag

Die Gewerkschaft und die Wirtschaftskammer haben sich auf einen neuen Kollektivvertrag geeinigt. Somit könnte die Basis in Wien erhalten blieben. Die Zustimmung von Laudamotion-Eigentümer Ryanair ist jedoch noch ausständig.

Man werde nun die in der Nacht vereinbarten Gehaltsänderungen in den KV einarbeiten, diesen den Sozialpartnern zur Unterschrift und dann den Mitarbeitern am Wochenende zur Abstimmung vorlegen, so die Laudamotion-Führung. „Dann werden wir die Schließung der Wiener Basis rückgängig machen, und alle eure Jobs sind gerettet“, heißt es in dem am Donnerstag verschickten Schreiben der Laudamotion-Führung an die Mitarbeiter.

Mitarbeiter gegen Gewerkschaft

Unklar ist, wie dieses Ergebnis ausgehen könnte. Schon bisher gab es von Teilen der Belegschaft Proteste und Widerstand gegen die Vorgangsweise der Gewerkschaft. Über 100 Mitarbeiter von den insgesamt rund 500 in Wien stationierten Beschäftigten demonstrierten am Dienstag in Wien für den Erhalt ihrer Jobs und die Zustimmung der Gewerkschaft zum neuen KV mit niedrigeren Gehältern – mehr dazu in wien.ORF.at.

Demonstration des Laudamotion-Personals
APA/Helmut Fohringer
Mitarbeiter protestieren für die Sicherung ihrer Arbeitsplätze

Bei der Demonstration waren Piloten gegenüber den Flugbegleiterinnen in der Überzahl. Nach den vergangene Woche gescheiterten Verhandlungen hatte sich die Fluglinie empört gezeigt und von „gut bezahlten Jobs“ gesprochen, die Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nun retten könne.

„Belegschaft instrumentalisiert“

In dem Konflikt verlaufen die Fronten unklar. Auf der einen Seite verhandelten die Initiatoren der Demonstration zuvor auf Seite der Arbeitgeber. Auf der anderen Seite gab es Kritik an der Zusammensetzung des Verhandlerteams der Gewerkschaft. Daniel Liebhart, Leiter des Fachbereichs Luftfahrt bei vida, wurde vorgeworfen, vonseiten des Unternehmens „illegalerweise“ Mitarbeitern von AUA und Level erlaubt zu haben, an den Verhandlungen teilzunehmen.

Eigentlich gäbe es bei Laudamotion auch einen Betriebsrat, dieser ist aber vom Unternehmen nicht anerkannt und durch Klagen und Kündigungen handlungsunfähig gemacht worden. Betriebsratschefin Kerstin Hager wirft Ryanair vor, die Belegschaft untereinander auszuspielen. Schon den Antrag auf Kurzarbeit habe die Geschäftsführung „zum Drohungs- und Erpressungskrimi hochstilisiert und dafür einen Teil der Belegschaft instrumentalisiert“.

Kampf gegen Billigtickets

Nun liege es an Laudamotion und Ryanair, den KV-Abschluss zu akzeptieren und die Arbeitsplätze zu retten, sagte vida-Chef Roman Hebenstreit nach der Einigung mit der Wirtschaftskammer. Zuletzt hatte Ryanair mehrfach der Gewerkschaft die Schuld zugewiesen, dass sie den Forderungen des Unternehmens nicht zustimme und dadurch Jobs in Wien gefährde.

Die Sozialpartner fordern zudem von der Regierung Maßnahmen gegen Billigsttickets. Hebenstreit fürchtet, dass der Preiskampf sonst zulasten der Beschäftigten ausgetragen werde. Ähnlich argumentierte auch AK-Chefin Renate Anderl: „Mindestticketpreise müssen sicherstellen, dass der Preiskampf nach unten eine klare Grenze hat.“ Ryanair hatte bereits mehrfach angekündigt, mit sehr niedrigen Preisen die Maschinen füllen zu wollen.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace urgierte klare Klimaschutzregeln für die Flugbranche. Die Branche müsse sich „voll und ganz dem 1,5-Grad-Klimaschutzziel verschreiben“. Dazu gehöre etwa, auf Kurzstreckenflüge zu verzichten.

AUA-Lösung verzögert sich

Gefragt ist die Regierung auch bei der Lufthansa-Tochter AUA. Die für diese Woche erwartete Einigung bei der Staatshilfe verzögert sich offenbar. Ein für Donnerstag geplantes Treffen zwischen Lufthansa-Chef Carsten Spohr und Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) findet laut mehreren involvierten Personen nicht statt. Das Kanzleramt lehnte gegenüber der APA einen Kommentar dazu ab.