EU will Milliardenfonds für Kauf von Impfstoff nutzen

Die Europäische Union bereitet sich auf den Einsatz eines 2,4 Milliarden Euro schweren Notfallfonds zum Kauf von vielversprechenden Impfstoffen gegen das Coronavirus vor. Der Schritt wurde gestern bei einem Treffen der EU-Botschafter erörtert, wie Reuters heute von EU-Vertretern erfuhr.

Zuvor hätten Deutschland, Frankreich, Italien und die Niederlande angekündigt, die Verhandlungen mit Pharmaunternehmen zu beschleunigen, um sich den Zugang zu derzeit in der Entwicklung befindlichen Impfstoffen zu sichern. Der Fonds soll auch verwendet werden, um die Impfstoffproduktionskapazitäten in Europa zu erweitern und den Pharmaunternehmen eine Haftpflichtversicherung anzubieten.

USA wollen sich Impfstoffe sichern

Der Vorstoß der EU folgt den Bemühungen der USA, sich in der Entwicklung befindliche Coronavirus-Impfstoffe zu sichern. So erhält etwa der britische Arzneimittelhersteller AstraZeneca von der US-Regierung eine Unterstützung von 1,2 Milliarden Dollar für die Entwicklung seines Impfstoffs, womit sich die USA fast ein Drittel der Dosen dieses Impfstoffkandidaten sicherten.

Ein EU-Diplomat sagte, es sei notwendig, diesen Weg einzuschlagen, auch wenn das bedeute, dass man Geld verliere, da viele der gegenwärtig in Entwicklung befindlichen Impfstoffe wahrscheinlich nicht erfolgreich sein werden.

Man sei bereit, höhere finanzielle Risiken einzugehen, da man befürchte, ansonsten keinen schnellen Zugang zu einem wirksamen Impfstoff gegen das Virus zu haben. Der Fonds wird von der Europäischen Kommission verwaltet, die im Namen der 27 EU-Staaten handelt.

Guterres: Impfstoff als „öffentliches Gut“

Bei der Geberkonferenz für das internationale Impfbündnis GAVI drängte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres auf die faire Verteilung eines Coronavirus-Impfstoffs. Wenn eine Vakzine gegen den Erreger vorliege, solle dieser wie „ein weltweit öffentliches Gut“ betrachtet werden, das allen Menschen zugänglich sein müsse, sagte Guterres zum Auftakt der von London ausgerichteten Videokonferenz.

Dazu hätten sich zahlreiche Staats- und Regierungschefs auch schon bekannt. Zugleich erinnerte der UNO-Generalsekretär daran, dass wegen der Coronavirus-Pandemie andere wichtige Impfprogramme ins Stocken geraten seien. Jedes fünfte Kind sei weltweit gar nicht geimpft und 20 Millionen weitere nur zum Teil. „Lassen Sie uns sichere Mittel finden, um weiter zu impfen!“, appellierte Guterres.

Die internationale Impfallianz GAVI will bei der Onlinegeberkonferenz 7,4 Milliarden Dollar (6,6 Mrd. Euro) für wegen der Coronavirus-Pandemie ins Stocken geratene Impfprogramme in ärmeren Ländern aufbringen. Weitere Milliarden sollen in einen Fonds für künftige Coronavirus-Impfstoffe fließen.

Johnson: „Neue Ära der weltweiten Zusammenarbeit“

Mehr als 50 Länder sowie Einzelpersonen wie etwa Microsoft-Gründer Bill Gates nahmen an dem Treffen teil. Der britische Premierminister Boris Johnson forderte als Gastgeber im Voraus eine „neue Ära der weltweiten Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich“.

Die Konferenz findet inmitten internationaler Spannungen statt. US-Präsident Donald Trump hatte vergangene Woche angekündigt, die Zusammenarbeit der USA mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu beenden. Zudem gibt es Befürchtungen, die USA könnten versuchen, sich einen Impfstoff exklusiv zu sichern.

Trump sagte in einem kurzen Redebeitrag bei der GAVI-Konferenz, das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 habe bewiesen, dass es keine Grenzen kenne. Der Erreger sei „hinterhältig, er ist gemein, aber wir werden uns zusammen darum kümmern“.