Autos an der Einfahrt der Ortschaft Brenner
APA/EXPA/Johann Groder
Keine CoV-Beschränkungen mehr

Bis Juli sollen alle Grenzen in EU offen sein

Bis Ende Juni sollen innerhalb der EU alle wegen der Coronavirus-Pandemie verhängten Reisebeschränkungen vollständig aufgehoben sein. Das sagte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson am Freitag nach Beratungen der EU-Innenminister und -ministerinnen. Österreich steht bei Italien bisher aber auf der Bremse.

Laut dem deutschen Innenminister Horst Seehofer wird ab Juli die „volle Freizügigkeit“ im Schengen-Raum wiederhergestellt sein. Ihm zufolge plant die Mehrheit seiner EU-Kolleginnen und -Kollegen, alle Kontrollen zu EU-Nachbarländern bereits bis zum 15. Juni aufzuheben. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) nahm laut APA-Informationen an der Videokonferenz nicht teil.

Ein kleinerer Teil der EU-Staaten wolle die Kontrollen noch bis Ende Juni fortführen. Danach würden die Binnengrenzkontrollen aber „in ganz Europa zu Ende“ sein, so Seehofer. Auch Johansson sagte, die coronavirusbedingten Beschränkungen an den EU-Binnengrenzen sollten so bald wie möglich aufgehoben werden, vorzugsweise bis Ende Juni.

Welche Grenzen schon offen sind

Österreich öffnete bereits am Donnerstag seine Grenzen zu allen Nachbarstaaten bis auf Italien. Unbeschränkt gereist werden kann nach Ungarn, Tschechien, in die Slowakei und nach Slowenien. Ab dem 15. Juni werden auch die Grenzen Deutschlands, der Schweiz und Liechtensteins geöffnet. Österreich hat seine Reisebeschränkungen gegenüber diesen drei Ländern bereits aufgehoben, das heißt, es besteht bei der Einreise aus diesen Ländern keine Quarantänepflicht mehr. Bis Mitte Juni sind Urlaubs- oder Shoppingreisen nach Deutschland und in die Schweiz aber nicht erlaubt.

Grafik zu Reiseeinschränkungen in Europa
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Ausnahmen gibt es bereits für begründete Einreisen, darunter fallen Besuche von Lebenspartnern und Verwandten und wichtige familiäre Anlässe wie Hochzeiten, Begräbnisse oder religiöse Feiern. Auch Besitzer von Landwirtschafts-, Jagd- oder Forstflächen sowie Personen, die Tiere versorgen müssen, dürfen nach Deutschland reisen.

Italien: „Wir sind nicht Europas Verpestete“

Bei der Rückkehr aus allen anderen Ländern verlangt Österreich nach wie vor ein Covid-19-Gesundheitszeugnis nach einem negativen Coronavirus-Test oder eine verpflichtende 14-tägige Heimquarantäne. Dennoch haben einige Länder ihre Grenzen einseitig für Österreicher geöffnet – darunter auch Italien. Bei der Einreise dorthin gibt es also keine Beschränkungen.

Die italienische Regierung machte zuletzt Druck auf die Regierung in Wien für die Öffnung der Grenzen in die andere Richtung. Von „diskriminierenden Maßnahmen“ sprach Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte. „Es ist unannehmbar und unbegreiflich, dass die österreichischen Brüder Politiker haben, die sich querlegen, während schon die ersten Urlauber bei uns eintreffen. Wir sind nicht Europas Verpestete“, sagte der Präsident der norditalienischen Region Venetien, Luca Zaia. Venetien zählt zu den italienischen Regionen mit den meisten ausländischen Gästen.

„Bis Ende Juni rechnen wir nicht wirklich mit einem Neustart des Tourismus aus Österreich. Die Urlaubssaison wird für uns nicht vor Juli beginnen“, sagte Marco Girardi, Direktor der Tourismusvereinigung des Gardasees. Entscheidend sei aber, ein Bild von einem Italien zu vermitteln, das nicht landauf, landab infiziert ist.

Deutschland hebt Reisewarnung für Italien auf

Unterdessen kündigte der deutsche Außenminister Heiko Maas an, dass Deutschland ab 15. Juni die Reisewarnung für Italien nicht verlängern werde. „Es handelt sich um einen Beschluss der Loyalität und der Transparenz gegenüber Italien, den wir schätzen“, kommentierte der italienische Außenminister Luigi Di Maio.

Di Maio sagte außerdem, dass er in diesen Tagen mit seinem österreichischen Amtskollegen Alexander Schallenberg (ÖVP) in telefonischem Kontakt sei. „Wir haben die epidemiologischen Zahlen geprüft und sie dem österreichischen Gesundheitsministerium und der Regierung in Wien unterbreitet. Derzeit gibt es in Italien drei neue Ansteckungen pro 100.000 Einwohner“, sagte Di Maio.

Zahlreiche Länder planen Grenzöffnungen

Neben Italien hat auch Kroatien die Einreisebeschränkungen für zehn EU-Länder – neben Österreich sind das Slowenien, Ungarn, Tschechien, die Slowakei, Deutschland, Polen, Litauen, Lettland und Estland – aufgehoben. Serbien hat bereits Ende Mai die Einreisebeschränkungen für Ausländer aufgehoben.

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson
APA/AFP/Olivier Hoslet
Kommissarin Johansson: In der EU sollen die Restriktionen Ende Juni vollständig aufgehoben sein

Zahlreiche Länder planen in den kommenden Wochen Grenzöffnungen. Die Schweiz kündigte an, am 15. Juni die Grenzen nicht nur gegenüber Österreich, Deutschland und Frankreich zu öffnen, sondern zu allen EU- und EFTA-Staaten. Damit werden auch die Grenzen zum südlichen Nachbarland Italien frei passierbar sein. Die Gruppe der EFTA-Staaten umfasst Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz.

Zypern will ab 20. Juni Touristen aus 19 Staaten – darunter Österreich – die Einreise ohne Auflagen ermöglichen. Spanien hat angekündigt, am 1. Juli die zweiwöchige Zwangsquarantäne für alle Einreisenden aufzuheben, um zwei weitere Beispiele zu nennen.

Großbritannien führt Quarantänepflicht ein

Wo andere Länder lockern, führt Großbritannien nun strengere Regelungen ein. Im Vereinigten Königreich war bisher immer eine Einreise ohne Auflagen möglich, es wurden keine Grenzschließungen oder Quarantänebestimmungen für Einreisende eingeführt. Das soll sich allerdings mit 8. Juni ändern: Ab diesem Tag müssen die Einreisenden in 14-tägige Quarantäne.

Lockerungen für Drittstaaten ab Juli

Das weitgehende Einreiseverbot für Menschen aus Ländern außerhalb der EU will die Staatengemeinschaft laut Johansson ab Juli schrittweise abbauen. Hierzu werde die EU-Kommission kommende Woche einen Vorschlag machen. Danach werde es dann „eine differenzierte Lösung“ je nach Infektionsgeschehen in den Ländern außerhalb Europas geben, sagte Seehofer. Er nannte dabei als Beispiele Brasilien, USA und Russland, wo noch viele Coronavirus-Fälle verzeichnet werden.

Johansson sagte, bei dem EU-Ministertreffen habe es „große Unterstützung“ dafür gegeben, zuerst die Binnengrenzen und dann auch die EU-Außengrenzen wieder zu öffnen. „Fast alle Mitgliedsstaaten“ hätten dafür plädiert, die Schließung der Außengrenzen für einen „kurzen Zeitraum“ zu verlängern. Viele Mitgliedsstaaten sprachen sich laut Johansson für einen „koordinierten“ europäischen Ansatz bei der Öffnung der Außengrenzen sowie für „klare Kriterien“ aus. Meinungsverschiedenheiten gebe es mit Blick auf die genaue Definition dieser Kriterien.