Das Logo der Austrian Airlines auf dem Flughafen Wien
ORF.at/Christian Öser
AUA gerettet

Mindestflugpreise und „1-2-3-Ticket“ kommen

Das Rettungspaket für die AUA steht – die Airline bekommt 600 Millionen Euro. Zudem will die Regierung grüne Vorhaben vorantreiben: Sie schreibt künftig allen Fluglinien Mindestpreise für Tickets vor und macht die Kurzstrecke teurer. Außerdem soll ab 2021 ein österreichweites „Öffi“-Ticket um drei Euro pro Tag kommen.

Das teilten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP) am Montagabend mit. Um Lockpreise mit Billigsttickets zu verhindern, wird das Anti-Dumping-Gesetz geändert.

Flugtickets müssen mindestens so viel kosten wie die Steuern und Abgaben für den Flug, das sind im Schnitt 40 Euro. Das Verkehrsministerium ist zuversichtlich, diesen Mindestpreis bei einer Rotation für den Hin- und Rückflug durchsetzen zu können. Mit diesen Anti-Dumping-Regeln schiebe man „gewissen Exzessen“ und deren sozialen und ökologischen Folgen einen Riegel vor, so die Regierung.

Staatsssekretär Magnus Brunner, Vizekanzler Werner Kogler, Bundeskanzler Sebastian Kurz, Finanzminister Gernot Blümel und Verkehrsministerin Leonore Gewessler anlässlich der Pressekonferenz „Aktuelles zu Austrian Airlines (AUA)“.
APA/Hans Punz
Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne)

Außerdem wird bei allen Flügen unter 350 Kilometern eine Ticketsteuer von 30 Euro eingehoben – statt der allgemeinen Ticketsteuer von zwölf Euro. Die AUA sagte der Regierung unter anderem zu, künftig keine Strecken zu fliegen, die von der Bahn in „deutlich“ weniger als drei Stunden abgedeckt werden können. Diese Einschränkung gilt allerdings nur für die AUA, nicht etwa für die Lufthansa. Als Erstes trifft das die Strecke Wien – Salzburg.

Finanzierung für „1-2-3-Ticket“ gesichert

Im Rahmen der AUA-Rettung kündigte Gewessler auch an, dass nun 240 Millionen Euro für die Finanzierung eines österreichweiten Tickets für alle öffentlichen Verkehrsmittel um drei Euro pro Tag gesichert seien. Die anderen Elemente des „1-2-3-Tickets“, bundeslandweite „Öffis“ um ein Euro pro Tag und bundesländerübergreifende Tickets um zwei Euro, müssen noch ausverhandelt werden.

Auch das Nachtzugsangebot der ÖBB werde ausgebaut, hieß es. Die ÖBB werden um 500 Millionen Euro dafür neue Züge kaufen. Die Regierung will Nachtzüge auf den innerösterreichischen Streckenteilen ab 2024 um zehn Millionen Euro pro Jahr subventionieren.

Keine Staatsbeteiligung an AUA

Die AUA bekommt im Zuge des Rettungspakets 150 Millionen Euro Zuschuss aus Steuergeld sowie 300 Millionen Euro als Kredit, der zu 90 Prozent von der Republik Österreich besichert ist. Die AUA-Mutter Lufthansa investiert ihrerseits weitere 150 Millionen Euro. Sollte die AUA den Kredit nicht zurückzahlen können, gehen die – dann zahlungsunfähige – AUA und deren nicht geleaste Flugzeuge in das Eigentum des Staates über.

Grafik zeigt Daten zum Rettungspaket für die AUA
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Eine Beteiligung des Staates an der AUA oder der Konzernmutter wird es dagegen nicht geben. Die Republik erhält aber zwei Vorstände in der Eigentümerstiftung der AUA sowie einen Sitz im Aufsichtsrat.

Die Details der AUA-Rettung

150 Millionen Euro wird die Regierung der AUA als Zuschuss überweisen, um die Luftlinie und ihr Hauptquartier in Wien zu retten. Dazu kommt eine staatliche Kreditgarantie über 300 Millionen. Das hat die Koalitionsspitze am Montagnachmittag bekanntgegeben.

Die Lufthansa verpflichtet sich in einem Standortvertrag, das Drehkreuz in Wien zu erhalten und gleich schnell auszubauen wie die Drehkreuze in Frankfurt, München und Zürich. Wird der Vertrag nicht eingehalten, werden bis zu 150 Millionen Euro Strafe fällig. Außerdem verpflichtet sich die Lufthansa, wie es in Unterlagen heißt, 150 Millionen Euro in klimaeffiziente Technologien zu investieren.

AUA arbeitet Rückstau an Erstattungsforderungen ab

Wie AUA-Chef Alexis von Hoensbroech und Lufthansa-Chef Carsten Spohr aber sagten, steht in nächster Zeit kein Flugzeugkauf an, auch von einem Wachstum könne in den nächsten Jahren weder in München, Frankfurt noch Wien die Rede sein. Für die beiden Airlinemanager war klar, dass die AUA ohne Staatshilfe nicht überlebt hätte. „Die Insolvenz wäre zwangsläufig die Folge gewesen“, so Spohr. Zur Rettung haben auch Belegschaft, Lieferanten und Systempartner wie der Flughafen Wien beigetragen. Sie haben mit der AUA Beiträge zum Sparkurs vereinbart. Den Mitarbeitern steht auch ein Stellenabbau ins Haus.

Die AUA will nun nach Erhalt der insgesamt 600 Millionen Euro an frischem Kapital die offenen Rückerstattungsforderungen aus der Coronavirus-Krise begleichen. „Wir haben schon damit angefangen und arbeiten den Rückstau ab“, sagte AUA-Chef Hoensbroech. Die AUA nimmt ihren Flugbetrieb am 15. Juni nach rund drei Monaten wieder auf. Der schärfste Konkurrent, die Ryanair-Tochter Laudamotion, folgt am 1. Juli.

Kapsch sieht „gutes Paket“

Insgesamt sei bei der AUA-Rettung ein gutes Paket verhandelt worden, sagt Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung.

Wirtschaftskammer und Flughafen Wien begrüßten die Einigung. Auch der scheidende Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Kapsch, sprach Montagabend von einem „guten Paket“. Die von der Regierung erreichte Standortgarantie und der Erhalt des Luftfahrt-Drehkreuzes Wien seien mehr wert als der ausgehandelte Zuschuss.

Scharfe Kritik von SPÖ und FPÖ

von FPÖ und SPÖ hagelte es hingegen Kritik, weil sich Österreich im Gegenzug zu der Unterstützung nicht an der AUA oder Lufthansa beteiligt. Umweltorganisationen bemängelten zu wenig strikte Umweltauflagen. Von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) kam die Forderung, die AUA müsse nun Reisebüros und Reiseveranstaltern rasch bereits geleistete Zahlungen rückerstatten.

SPÖ-Industriesprecher Rainer Wimmer und SPÖ-Verkehrssprecher Alois Stöger zufolge sei dieses „massiv zum Nachteil der österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler". Die SPÖ forderte, dass es zur Rettung der Airline eine Beteiligung der Republik geben muss. Dann gebe es zumindest die Beteiligung an möglichen künftigen Gewinnen, so Wimmer. „Das Verhandlungsergebnis enthält eine solche Staatsbeteiligung aber offenbar nicht. Das bedeutet: Wenn in einigen Jahren das Fluggeschäft wieder gut läuft, profitieren nur die Lufthansa-Aktionäre durch Dividenden.“

Als „fatalen Fehler“ bezeichnet der FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer die staatlichen Hilfen ohne echte Absicherung des Standortes durch eine Beteiligung im Ausmaß der Sperrminorität. „Die schwarz-grüne Regierung denkt nicht an eine dauerhafte Absicherung der AUA, sondern schiebt das Problem nur in künftige Legislaturperioden“, betonte Hofer.

„Klimapolitische Bruchlandung“

Die Umweltorganisation Greenpeace bezeichnete das Paket in einer Aussendung indes als „klimapolitische Bruchlandung“. Die Anti-Dumping-Regelung, die Erhöhung der Flugticketabgabe sowie erste Flugverbote für Destinationen, die mit dem Zug in unter drei Stunden erreichbar sind, bewertet Greenpeace grundsätzlich positiv, jedoch greifen diese Maßnahmen nicht weit genug.

"Die Regierung versenkt Steuergeld in einem fossilen Konzern und verabsäumt dabei, ambitionierte Klimakonditionen festzulegen“, so Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace. Erschwerend komme hinzu, dass bei der Verringerung nicht weniger, sondern effizientes Fliegen im Fokus steht. „Es geht nicht darum, alte durch neue Flugzeuge zu ersetzen oder ein paar Prozent CO2 einzusparen. Was wir brauchen, ist ein sofortiges Verbot von Kurzstrecken, Kostenwahrheit durch Kerosinsteuer und Investitionen in klimafreundliche statt klimaschädliche Mobilität“, so Duregger.

„Eine Frechheit“

Scharfe Kritik kommt auch von Fridays for Future. Die Rettung geschehe ohne Bindung an eine neue Konzernstrategie, welche mit den Pariser Klimazielen konform ist. Erst kürzlich forderte eine Delegation von Fridays for Future in Gesprächen mit Kanzler und Vizekanzler, dass Konzerne, die Rettungsgelder beanspruchen wollen, klare Pläne für ihren Beitrag zum 1,5-Grad-Ziel vorlegen müssen.

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 ortet einen ersten Schritt in die richtige Richtung, fordert aber weitreichendere Maßnahmen. „Es ist positiv, dass nun einige unnötige Kurzstreckenflüge wegfallen und der Bahnausbau verstärkt wird, aber wir müssen endlich den Abbau von Steuerprivilegien des Flugverkehrs angehen. Es ist ungerecht, dass Fluglinien aus dem allgemeinen Steuertopf gerettet werden, aber vergleichsweise wenig dazu beitragen, ihn zu befüllen. Die Bundesregierung soll daher die im Februar begonnene Arbeit an einer ökosozialen Steuerreform rasch wieder aufnehmen“, so Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von Global 2000.