Aktivisten in Hongkong begehen Jahrestag von Massenprotesten

Aktivisten in Hongkong haben den ersten Jahrestag der Massenproteste gegen den wachsenden Einfluss Pekings in der chinesischen Sonderverwaltungszone mit mehreren Protestaktionen begangen. Hunderte Demonstrierende versammelten sich heute Mittag in Einkaufszentren, um gegen die Politik der pekingtreuen Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam zu protestieren.

Demonstranten in einem Hongkonger Einkaufszentrum
Reuters/Tyrone Siu

Prodemokratische Gruppen riefen auch für den Abend zu Kundgebungen auf. „Solange es Demonstrationszüge gibt, werde ich auf die Straße gehen, und solange es Sitzstreiks gibt, werde ich mitmachen“, sagte die Börsenhändlerin Ng der Nachrichtenagentur AFP. Das chinesische System dürfe in Hongkong keine Wurzeln schlagen, sagte sie.

Lam warf den Demonstrierenden bei einer Pressekonferenz vor, Hongkong ins „Chaos“ zu stürzen. Die Bewohnerinnen und Bewohner Hongkongs müssten beweisen, dass sie „vernünftige Bürger der Volksrepublik China“ seien, wenn sie ihre Freiheiten und Autonomierechte behalten wollten.

Im vergangenen Jahr war Hongkong über sieben Monate von beispiellosen Massenprotesten erschüttert worden. Am 9. Juni 2019 war erstmals eine Million Menschen auf die Straße gegangen, um gegen ein geplantes Gesetz zu protestieren, das erstmals Auslieferungen nach Festland-China ermöglicht hätte. Die Demonstrationen entwickelten sich zunehmend zu einem Protest gegen den Einfluss Pekings in der Finanzmetropole insgesamt.

Ausschreitungen zwischen Demonstrierenden und Polizei

Immer häufiger kam es zu Ausschreitungen zwischen den Demonstrierenden und der Polizei. Die Demokratiebewegung warf den Einsatzkräften unverhältnismäßige Gewalt vor. Seit Beginn der Massenproteste wurden insgesamt rund 9.000 Menschen festgenommen, mehr als 500 wurden wegen „Aufruhrs“ angeklagt. Ihnen drohen im Falle einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft.

Die harte Strafverfolgung von Demonstrierenden sowie die Einschränkungen wegen der Coronavirus-Pandemie ließen die Proteste abklingen, doch gab es auch in den vergangenen Monaten immer wieder kleinere Kundgebungen.

Die Zentralregierung in Peking stellt die Proteste als vom Ausland gesteuert dar. Ende Mai gab der chinesische Volkskongress grünes Licht für ein Sicherheitsgesetz für Hongkong, mit dem „Separatismus“ und „Aufruhr“ in der Sonderverwaltungszone offiziell verboten werden sollen.