Ermittler wollen Italiens Premier befragen

Im Rahmen der Ermittlungen um die hohe Zahl von Coronavirus-Todesfällen in der Lombardei wollen die ermittelnden Staatsanwälte der lombardischen Stadt Bergamo Premier Giuseppe Conte befragen. Geplant ist auch eine Einvernahme von Gesundheitsminister Roberto Speranza und Innenministerin Luciana Lamorgese, berichteten Medien.

In Bergamo laufen bereits einige Untersuchungen wegen der vielen Coronavirus-Todesopfer seit Ausbruch der Epidemie am 20. Februar. Die lombardischen Regionalbehörden werden unter anderem beschuldigt, die Gemeinden Nembro und Alzano Lombardo bei Bergamo Anfang März nicht zur Sperrzone erklärt zu haben, obwohl hier zahlreiche Todesopfer und Infektionsfälle gemeldet worden waren.

Über 16.000 Todesopfer in Lombardei

Weil diese beiden Gemeinden nicht abgeriegelt wurden, habe sich die Infektion in der ganzen Region stark verbreitet, lautet der Vorwurf. Premier Conte soll erklären, warum die Regierung die beiden lombardischen Gemeinden nicht zur Sperrzone erklärt habe, obwohl er dazu wiederholt aufgerufen worden sei.

Die Lombardei ist schon seit Wochen mit dem Vorwurf konfrontiert, auf ineffiziente Weise mit dem Coronavirus-Notstand umgegangen zu sein, der in der Region über 16.000 Todesopfer verursacht hat. Die Regionalbehörden werden unter anderem beschuldigt, die Gefahr in den Seniorenheimen unterschätzt zu haben. Wegen dieses Verdachts laufen Justizermittlungen. Der lombardische Präsident Attilio Fontana wurde dazu vor wenigen Tagen von den Staatsanwälten in Bergamo befragt.

Hinterbliebene brachten Anzeigen ein

50 Angehörige von Coronavirus-Toten brachten unterdessen in Bergamo Anzeige bei den Staatsanwälten wegen Fahrlässigkeit ein. Der Bürgerverband Noi Denunceremo (Dt.: „Wir klagen an“) demonstrierte vor dem Justizpalast der lombardischen Stadt. Einige Demonstrierende zeigten Fotos ihrer verstorbenen Angehörigen und Urnen mit deren Asche.

Angeführt wird der Verband von der Rechtsanwältin Consuelo Locati, die wegen des Coronavirus ihren Vater verloren hat. Circa 200 Anzeigen wegen Fahrlässigkeit sollen gegen unbekannt eingebracht werden. „Die Anzeigen richten sich nicht gegen das Gesundheitspersonal in den Krankenhäusern, das alles Erdenkliche zur Rettung von Menschenleben getan hat, sondern gegen die Politiker, die viele Lügen erzählt haben“, sagte Locati nach Medienangaben.